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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 16.1905

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Sonne, Wilhelm: Moderne Holzfärbung durch lichtechte Teerfarbstoffe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7502#0222

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INNEN-DEKORATION

211

Moderne Holzfärbung durch lichtechte Teerfarbstoffe.

Von Professor Dr. W. Sonne
Allgemeiner Teil.

Jede neue Richtung des Kunstgewerbes, welche
das Hervorheben der Eigenart und der ur-
sprünglichen Schönheit des natürlichen Bau-
materials zum Ziele hat, trägt ihre Berechtigung
in sich selbst und wird auf längere Dauer rechnen
können. Die Zeit liegt noch nicht weit hinter uns,
in der es für schön galt, die Struktur unserer ein-
heimischen Bausteine, des Sandsteins, des Porphyrs,
des Granits, ja selbst des Marmors durch Verputz
und Tünche zu verdecken, um so gleichmäßige, ein-
förmige Flächen zu erzielen, eine Kunstrichtung,
die uns heutzutage barbarisch vorkommt. Jetzt
entfernt man, wo es nur angeht, die Verputze von
alten Gebäuden und bringt die ursprünglichen
Steinmassen wieder zur Anschauung.

Für das Holz, mit dem wir unsere Häuser
aussen und innen ausbauen, aus dem wir unsere
Möbel anfertigen, gilt dasselbe wie für den Stein.
Früher wurden die schönsten Holzarten mit einem
Deckanstriche versehen und dadurch das eigen-
artige Aussehen dieses Baustoffes dem Auge des
Beschauers entzogen, eine Unsitte, die Kunstver-
ständige schon seit langer Zeit beklagt haben. So
schreibt Gustav Freytag anfangs der fünfziger Jahre
des vorigen Jahr-
hunderts in seinem
allbekannten Ro-
mane y>Soll und
Haben«., Band II,
S. 46: »Wenn ich
nur diesen schänd-
lichen braunen Öl-
anstrich von den
Türen losmachen
könnte, er verdeckt
das schöne Eichen-
holz.« — In neuerer
Zeit pflegt man die
Ölfarbe von dem
Holzwerk alter
Häuser sowohl
aussen wie innen
zu beseitigen, wie
dies, um nur einige

Beispiele anzu-
führen , an einem
Hause in der Kaiser-
strasse in Friedberg
(Oberhess.), an der

Bürgermeisterei in otto fkitzsche-münchen.

Darmstadt.

Bodenheim (Rheinhessen) und an dem durch den
Architekten A. D. Dunkel wiederhergestellten Alt-
Bremerhause in Bremen zu sehen ist. In solchen
Fällen handelt es sich meistens um die Freilegung
von mit Ölfarbe überstrichenem Eichenholz. In einer
Schrift über das letzterwähnte hochinteressante Bau-
werk12) wird über dies kurz vor dem Jahre 1618
erbaute Haus u. a. gesagt: »Die alte Holzdecke lag
auch hier versteckt unter einer anderen, geputzten
Decke, allerdings sehr beschädigt.« Von der Zeit,
in der solche Gebäude hergestellt wurden, sagt
A. Fitger12) (Wandspruch auf der Diele des Alt-
Bremerhauses) :

»Errichtet wurde dies Gebäude,
In Zeiten heller Künstlei freude,
Da Gold und Farbenüberschwang

Verschwend'risch sich um Säul* und Bogen schlang.''

Auch Schramm,10) dessen eingangs zitierte,
ebenso originell, wie fesselnd geschriebene Ab-
handlung jedem, der sich für die Holzfärberei
interessiert, nicht warm genug empfohlen werden
kann, ist ebenso, wie ich schon seit vier Jahren wieder-
holt in öffentlichen Vorträgen hervorgehoben habe,
der Ansicht, dass die Herstellung lebhafter Färbungen
auf Holz unter Sichtbarlassung seiner natürlichen

Struktur keine vor-
übergehende Mode
sei, da anderenfalls
die grosse Mühe,
welche man seit
einigen Jahren in
technischen Kreisen
für diese Sache
aufwendet, einer
Möbelmode von
wenigen Jahren zu-
liebe verschwendet
wäre. Schramm10)
begründet seineAn-
sicht auf doppelte
Weise. Er weist
darauf hin, dass
es eine der auf-
fälligsten Erschei-
nungen der neuen
Kunst - Bewegung,
welche durch den
Namen »Secession«
am bekanntesten
geworden ist, war,

Möbel aus dem S. 210 abgebildeten Zimmer. Farbe auch dorthin
 
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