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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 16.1905

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Zimmermann, Wilhelm: Zur Kenntnis des Amarantholzes, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7502#0302

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INNEN-DEKORATION

291

ZUR KENNTNIS DES AMARANTHOLZES.

Von Wilh. Zimmermann, Chemiker und Lehrer an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Barmen.

(Schluss ans dem Oktober-Heft.)

Von den in Betracht kommenden gasförmigen Säuren ist
die Salzsäure die stärkste, dieser folgt die Ameisen-
säure und in ihrer Wirkung noch bedeutend schwächer
ist die Essigsäure und Kohlensäure. Aber auch der durch
die Entwicklung dieser verschiedenen gasförmigen Säuren
erzielte Farbenton ist ein verschiedenartiger. — Während
sich durch Einwirkung von Salzsäuredämpfen auf frisch-
geschnittenes Amarantholz eine so intensive, prachtvolle
Färbung entwickelt, wie dieselbe dem durch lange Lagerung
entwickelten Holz niemals eigen ist, entsteht bei Einwirkung
von gasförmiger Ameisensäure und Essigsäure schon ein
wesentlich matterer, dem an der Luft entwickelten Amarantholz
fast gleicher Farbenton von mehr rotvioletter Nuancierung.

Diese Verschiedenheit der Färbung, je nach der ange-
wandten Säure, lässt sich in der Weise erklären, dass durch
die Einwirkung der Säuren, wie schon früher erwähnt, nicht
nur eine Spaltung des Glucosids erfolgt, sondern diese Säure
sich gleichzeitig mit dem freigewordenen Farbstoff zu einem
neuen Körper, einem Farbsalz verbindet. Diese neu ent-
standenen Farbsalze besitzen, je nach der darin enthaltenen
Säure, einen purpurroten bis mattvioletten Farbenton. Die
praktische Verwertung dieser experimentell festgelegten Be-
dingungen für die Entwicklung des frischen Amarantholzes
zu seiner endgiltigen, charakteristischen Färbung gestaltet
sich nun folgendermaßen: Man stellt die fertig-
geschliffenen, aber noch nicht mit Beschlägen etc.
versehenen Einrichtungs-Gegenstände in einen ver-
schliessbaren Raum freistehend auf, setzt auf den
Boden des Raumes eine oder mehrere mit kon-
zentrierter, käuflicher Salzsäure gefüllte Schüsseln,
schlisst alle Türen und Fenster dicht ab und über-
Iässt die Gegenstände 12 — 24 Stunden der Ein-
wirkung der verdunstenden, gasförmigen Salzsäure.
Hierauf öffnet man die Türen und Fenster, dass
die Salzsäuredämpfe entweichen, lässt die nunmehr
in einer lebhaften Amarantfärbung prangenden
Gegenstände einige Tage verlüften, damit alle in
das Holz eingedrungene Salzsäure wieder entweicht
und poliert oder mattiert die Flächen mit gebleichter
Politur oder farblosen Mattierungen und Lacken.

Soll die Färbung des Amarantholzes matter
und von mehr violetter Färbung ausfallen, so ver-
wendet man an Stelle der Salzsäure Ameisensäure
oder Essigsäure. In diesem Falle geht aber die
Entwicklung des Farbstoffs langsamer von statten
und erfordert eine Zeit von 1 — 2 Tagen.

Da die Verdunstung, der in der käuflichen
Ameisensäure, insbesondere aber der Essigsäure
enthaltenen gasförmigen Säure bei gewöhnlicher
Temperatur ziemlich langsam erfolgt, so stellt man
die mit diesen Säuren gefüllten Gefässe in einen
grösseren Topf, welcher mit kochend heissem
Wasser gefüllt ist. Durch diese Erwärmung der
Säuren wird die Entwicklung der Amarantholz-
färbung ganz wesentlich beschleunigt, da dadurch
eine intensive Verflüchtigung der in den flüssigen
Säuren enthaltenen Säuregase bewirkt wird.

Es kann für diesen Prozess natürlich die ge-
wöhnliche Räucherkammer, welche in fast allen

Tischlereibetrieben ja bereits vorhanden ist, benutzt werden.
Es ist jedoch dafür Sorge zu tragen, dass etwaige, in der
Räucherkammer zurückgebliebene Amoniakdämpfe durch
intensives Lüften vorher entfernt wurden. Die Anwendung
von gasförmiger Kohlensäure zur künstlichen Entwicklung
der Amarantholzfärbung ist technisch nicht ausführbar, da
die Kohlensäure ein nicht atmenbares Gas ist und daher ein
frühzeitiges Betreten eines noch mit gasförmiger Kohlen-
säure erfüllten Raumes mit Lebensgefahr durch Ersticken
verbunden ist. Ausserdem ist die gasförmige Kohlensäure
wesentlich schwerer als die Luft, lagert sich daher stets
in den unteren Teilen eines Raumes, sodass bei hohen Möbeln
die oberen Teile mit diesem Gase gar nicht in Berührung
kommen würden und daher unentwickelt blieben.

Es sei noch erwähnt, dass in der Räucherkammer und
deren unmittelbaren Nähe Werkzeuge und Maschinen aus
Stahl oder Eisen nicht aufgestellt werden sollten, da durch
die Salzsäuredämpfe ein schnelles Rosten aller Stahl- und
Eisenteile bewirkt wird.

Wie schon eingangs erwähnt wurde, ist der Preis des
echten Amarantholzes ein sehr hoher, sodass die Möglich-
keit zur Anschaffung ganzer Einrichtungen aus dieser kost-
baren Holzart nur den mit Glücksgütern versehenen Mit-
menschen ermöglicht ist.

Kaminpartie im Hause Baron Maltoz. Ausgef. von Rath & Baibach—Köln.
 
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