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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 16.1905

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Jaumann, Anton: Deutsches Kunstgewerbe auf dem Weltmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.7502#0216

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INNEN - DEKOR A TION

205

DEUTSCHES KUNSTGEWERBE AUF DEM WELTMARKT.

Die riesenhaften Streiks, welche gegenwärtig
unser Wirtschaftsleben aufs tiefste erschüttern,
werden nicht nur vom deutschen Volk mit
banger Aufmerksamkeit verfolgt, die ganze Welt
sieht auf sie, die ganze Welt ist an ihrem Ausgang
und ihren Folgen interessiert. Denn die politischen
Grenzpfähle haben aufgehört, mit den staatlichen
Einheiten auch wirtschaftliche Einheiten zu um-
schliessen. Heute steht keines Volkes Verbrauch
und Produktion mehr ganz auf sich selbst. Die
einzelnen Volkswirtschaften greifen über ihre Grenzen
hinaus in die Räder der grossen Weltwirtschafts-
Maschine ein, die Produktion und Konsum der
gesamten Erdenmenschheit regelt.

Dass unser Vaterland Germania im internatio-
nalen Konkurrenzkampf keinen gar leichten Stand
hat, dass es von der launischen Natur recht spärlich

portois * fix-
Damen -Salon.

ausgestattet wurde mit Schätzen des Bodens und
Erzeugnissen der Flora und Fauna, das bekamen
wir in dieser Zeit oft genug zu hören. Man hielt
es den Forderungen der Arbeiter entgegen, die
höhere Löhne wünschten und bessere Arbeits-
bedingungen. Man wies hin auf unsere ungünstige
Lage zu den Weltmeeren und auf die gewaltigen An-
strengungen der Nachbarn; wenn unsere Industrie
nun noch gezwungen werde, dieselben Löhne zu
zahlen wie die englische und amerikanische, dann sei
es mit ihr vorbei, dann müsse sie die Segel streichen.

Wir sind alle gewaltig stolz auf unsere impo-
nierende Industrie. Wir sind es weniger deshalb,
weil die deutschen Massenprodukte vermöge der
Niedrigkeit der Arbeitslöhne auf dem Weltmarkt
die billigsten sind (man mag darin vielleicht nur
eine zweifelhafte Ehre sehen), sondern wir freuen
uns über die sieghafte deutsche
Intelligenz und Tüchtigkeit, denen
es gelang, durch ingenieuse
Maschinen und rationelle Arbeits-
methoden die Fabrikation immer
aufs neue zu verbessern und zu
verbilligen. Je weniger sich in
Zukunft unsere Industrie auf die
Niedrigkeit der Löhne wird stützen
können, desto intensiver muss
sie ihre geistige und organi-
satorische Überlegenheit in die
Wagschale werfen; sie wird nicht
mehr vermöge der billigen Preise
und der Quantität der Waren den
Markt beherrschen wollen, son-
dern einzig und allein durch
die vorzügliche Qualität. Dieses
letztere Prinzip ist auch eines
Kulturvolkes, das wir doch sein
wollen, entschieden würdiger. Die
Güte der Produkte hängt zu
einem grossen Teile ab von der
Bildung der Arbeiter, und die
Bildung der Arbeiter ist undenk-
bar ohne eine gewisse Höhe seiner
sozialen Stellung. Der stumpf-
sinnige Tagelöhner, der nie etwas
gelernt hat, der seine Arbeit ohne
Liebe tut und ohne Überlegung
wie ein Sklave, der wünscht und
verdient nicht mehr als Tag für
„,. . . . Tag, jahraus iahrein mit dem-

-wien und paris. Wmtergarten-Ecke m einem °

Beleuchtungs-Körper cuivre-poli dekoriert mit Kunst-Blumen. Selben Handgriff dasselbe MaSSen-

1M6. Till. 3.
 
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