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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 16.1905

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Schulze-Köln, Otto: Der Dekorative Wandfries, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7502#0208

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IXXF.X-DEKORATION

197

Der dekorative

Wandfries.

Wir haben in letzter Zeit
des öfteren Veranlassung
gehabt, uns auch mit
dem Friese im Zusammenhange
mit der Tapete zu beschäftigen,
wie das so durch den Wandel des
Geschmacks bedingt wird. Jede
Zeit stellt besondere Ansprüche an
Dekorationsmittel. Auch sie sind
Modesache, Erscheinungen des
Aufblühens einzelner Industrie-
zweige, seltener direkte Forde-
rungen aus ästhetischem Ver-
langen heraus. Als in den 70 er
und 80 er Jahren des vorigen Jahr-
hunderts der Gipsstuck in unseren
Decken-Dekorationen spukte im
Zusammenhange mit reicher Ver-
goldung und Malerei und den
empfindlichen gestrichenen Uni-
Wänden in möglichst leuchtenden
Farben — echt Pompejanischrot-
und Krapp-Anstriche waren be-
liebte Farben — da spielten Voute
und Rosette eine ganz bedeu-
tende Rolle. Als deren Macht
gebrochen war und die reichere
Tapete in Stoffimitationen zur
Herrschaft gelangte, da gelangte
die Borte in allen Breiten zu
hohem Ansehen. Das Borten-
geschäft warf ganz nette Sümmchen ab, deren sich
ältere Tapetenhändler noch gern erinnern werden.
Die Borte hat seitdem bedeutend verloren, sie
kommt heute eigentlich nur da noch in Frage, wo
man des Frieses entbehren zu können glaubt.

Inzwischen hat der Fries einen immer grösseren
Einfluss gewonnen. Er ist weit über seine anfäng-
liche Bedeutung hinausgewachsen und so eigentlich
zu einem Universal-Schönheitsmittel in der Wand-
Dekoration geworden. Wir beschränken uns heute
schon nicht mehr auf jene Tapeten - Friese, die
wieder durch England in Aufnahme kamen und
ausschliesslich Erzeugnisse der Tapetenfabrikation
waren, bis einschliesslich jener feinen Kompo-
sitionen, die in ganz wunderbaren Stimmungen die
Landschaft und das figürliche Motiv in ihren Be-
reich zogen. Heute ist es auch die Künstler-
Lithographie, die sich durch Vermittelung guter
Künstler um die Schaffung geeigneter dekorativer
Wandfriese ein besonderes Verdienst erworben hat.

AUSGEFÜHRT VON KRAUSS & DURR, ARCHITEKTEN, AUGSBURG.
MITARBEITER ARCHITEKT HANS GROSSMANN—KARLSRUHE I. B.

Herrenzimmer des Dr. G.—Augsburg. In Lärchenholz ausgeführt.

Speziell diesen Friesen, deren Vertrieb resp. Verlag
ausschliesslich in den Händen erster Firmen des
Buchhandels Hegt, sollen diese Ausführungen ge-
widmet sein. — Verdient nun aber auch der deko-
rative Fries innerhalb der Wanddekoration dieses
Maß der Beachtung und Bevorzugung, das ihm
jetzt von allen Fachleuten und Laien gezollt wird?
Ja, ganz entschieden, denn der Fries an sich ist
schon, ohne Rücksichtnahme auf seinen eigenen
künstlerischen Gehalt, ein ästhetisches Moment der
Wandgliederung von höchster Bedeutung. Die
grossen Dekorations- wie Baukünstler aller Zeiten
haben die wichtigen Funktionen des Frieses er-
kannt, und ausser der Ornamentik auf Pilastern
und Pfeilern ist kaum ein anderes Bau- resp.
Wandglied künstlerisch so reich bedacht worden
als der Fries. Er hat die bedeutungsvolle Aufgabe,
von der Wand zur Decke überzuleiten, d. h. die
tragenden und stützenden Massen zur Aufnahme
der zu tragenden Massen, hier der Decke, vor-

(Fortsetzuiig Seite 204.)
 
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