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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 16.1905

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Michel, Wilhelm: Ein Neues Heim des Münchener Kunstgewerbes (Anton Pössenbacher)
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https://doi.org/10.11588/diglit.7502#0304

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INNENDEKORATION

XVI. SflHRGHIlG. Dcirmlfcidt 1905. DEZSmB6R»H£n\

EIN NEUES HEIM DES MUNCHENER KUNSTGEWERBES

(ANTON PÖSSENBACHER)

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eit Juli 1902 beherrschen die mächtigen Schau-
fenster der neuen Pössenbacher'schen Ver-
kaufsräume den vorher so einsamen Wittels-
bacherplatz im Herzen von München. Kein lärmen-
der Verkehr drängt sich an den riesigen funkelnden
Monstrescheiben vorüber. Schon die Umgebung
und die äussere Erscheinung des palastartigen
Hauses, das in riesigen Buchstaben nur die Auf-
schrift »Possenbacher« trägt, scheinen für die ge-
diegene Vornehmheit der hier beheimateten Industrie
Zeugnis ablegen zu wollen. Und ein flüchtiger
Blick durch die Riesenfenster lehrt, dass diese
äusseren Anzeichen nicht trügen: alle diese von
reichen Farben gesättigten und von vornehmen
Linien belebten Zimmer und Einzelgegenstände
tragen unverkennbar das Gepräge aristokratischer
Eleganz und echtesten Geschmackes an sich. Auch
im Innern des Hauses ist dieses Gepräge mit
sicherem Takte festgehalten. So reich und gross-
artig die Raum- und Farbeneindrücke des ge-
waltigen Teppichsaales auch sind, sie überschreiten
nirgends die feine Grenze, welche die Fülle von
protziger Überladenheit scheidet. Über anmutig
ausgestaltete Podeste führt die Haupttreppe hinauf
zu den oberen Räumen, senken sich bequeme

Zimmern der verschiedensten Grösse eine respektable
Summe von Arbeit und Geschmack beherbergt.
Es braucht kaum gesagt zu werden, dass der Ein-
druck des Möbelmagazins überall mit peinlicher
Sorgfalt vermieden ist, obwohl das Haus mit einem
sehr weiten Kreis von Abnehmern und den ver-
schiedensten Bedürfnissen zu rechnen hat. Sogar
die verschiedenen offenen Hallen, die offenbar zur
Erzielung der so angenehmen weiten Raumeindrücke
entstanden sind, lösen sich nicht in eine beliebige
Möbelansammlung auf, sondern erscheinen als nütz-
liche Glieder eines grossen Organismus von Wohn-
räumen, indem sie die Rolle der Diele oder des
Vorraums übernehmen. Und so ist auch das Haus
Pössenbacher im ganzen wie im einzelnen eine
wertvolle Illustration zu der gesteigerten Kultur
des Wohnens, die bald allerwärts die Schablone
und die Gedankenlosigkeit in der Innenausstattung
verdrängt haben wird.

»Ein neues Heim des Münchener Kunst-
gewerbes« — so kündigte die Firma die Eröff-
nung dieser Verkaufsräume an. Aber dieses
Etablissement tritt nicht als eine beliebige neue
Unterkunft für kunstgewerbliche Erzeugnisse zu

1906 XII. 1.
 
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