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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 16.1905

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Bredt, Ernst Wilhelm: Kaufhaus Oberpollinger in München: erbaut von den Architekten Heilmann und Littmann, München
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YYY: Das Färben und Anstreichen des Holzes
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https://doi.org/10.11588/diglit.7502#0187

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176

1NNEN- DEKORATI ON

architekten heilmann u. littmann—münchen.

Kaufhaus Oberpollinger : Figürlicher Schmuck auf dem Hauptportal.

vollendet wurde, ist ausserordentlich. Nach nur zehn
Monaten Bauzeit konnte das ganze Bauwerk recht-
zeitig und in allen Teilen fertiggestellt, dem Bau-
herrn übergeben werden!

Der Dichter sagt uns zwar »es ist die Zeit von
einem guten Werke nicht das Maß« d. h. er will
nicht deshalb ein gutes Werk getadelt wissen, zu

dessen Vollendung der Schöpfer lang gebrauchte
— aber eine solch rasche Vollendung steigert nur
unsere Befriedigung, denn sie setzt bei dem Archi-
tekten und seinen Mitarbeitern viel mehr voraus
als eine nur flüchtige Betrachtung des ganzen Baues
vermuten lässt: sie forderte die Anspannung aller
Kräfte bis aufs äusserste. dr. e. w. bredt.

DAS FARBEN UND ANSTREICHEN DES HOLZES.

Ob wohl die Strenge der Reformer des Kunst-
gewerbes auch dann Gehorsam und Erfolg
gefunden hätte, wenn sie nur und immer
wieder das Evangelium von der modernen ethischen
Kultur gepredigt, wenn die Hand, die die alles über-
wuchernde Lüge ausgejätet, als Ersatz für die bunten
Gaukeleien, die über die inhaltliche Leere des Daseins
und über die Armseligkeit unseres Lebens so an-
genehm hinwegzutäuschen wussten, nichts anderes
hätten bieten können als Wahrheit und Aufrichtig-
keit vor sich und vor aller Welt? Die Wahrheit
ist hart und fordert eisernen Mut von dem, der ihr
frei ins Auge sehen will. Selten findest du einen
Armen, der die Kraft zur Armut hätte und nicht
mit gleissenden Füttern sein Elend zu verhüllen
suchte. Wer uns aber die bunten Lappen weg-
nimmt, weil sie uns nicht ziemten, der handelt doch
unverantwortlich, wenn er nicht mit seiner schmerz-
lichen Aufrichtigkeit auch eine neue, dem Reiz
jenes prunkenden Scheins mindestens ebenbürtige
Schönheit verbürgen kann. Die gesunde Mehrzahl
hat zur selbstpeinigenden Askese keine Anlage.
Das Schmuckbedürfnis ist bei ihr von jeher stärker
gewesen, als der Sinn für Sachlichkeit, und Prin-
zipien, mögen sie an sich noch so richtig sein,
lassen sich ihr nur einschmeicheln, wie die Pillen
dem Kinde, d. h. in einer süssen, schmackhaften

Hülle. In der Tat war nun auch jene Strenge
mit der nötigen Milde glücklich gepaart, für die
Enthaltsamkeit von Imitation, hohlem Prunk und
allem heuchlerischen Scheinwesen hatte man einen
vollgültigen Ersatz, eine reine, echte, tiefe und
unvergängliche Schönheit, die in den bescheiden-
sten Verhältnissen ebenso gedeihen konnte wie im
Salon des Reichsten. Das war die Grösse im
Einfachen, die beredte Durchsichtigkeit der Kon-
struktion und der Technik, die Vorteile des Be-
quemen, Zweckmässigen und Soliden, die starken
Wirkungen fein abgewogener, wenn auch spärlicher
Linien und Farben, und nicht zuletzt die eigen-
tümlichen Schönheiten des ehedem so vergewaltig-
ten Materials! —

Gerade die wunderbaren Reize des Holzes sind
erst im modernen Stil wieder so recht zur Geltung
gekommen. Sie vermochten das, weil man mit
Absicht sich beim Erfinden an die Natur des Holzes
hielt und weil namentlich die Oberflächenbehand-
lung ganz darauf abzielte, das Material nicht zu
verdecken, sondern vielmehr blosszulegen und,
so sehr es ging, in seiner Wirkung zu heben-
Nackt, blank wurde das Holz verwendet, nur die
Politur sollte seine natürliche Farbe klären und
sättigen und die Zeichnung leuchtender noch her-
vortreten lassen. Es ist auch wirklich ein Köstliches,
 
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