DER BAUMEISTER • 1909, JANUAR.
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Schulküche mit drei Herden untergebracht. Die Zög-
linge erhalten hier von einem Katheder aus den
theoretischen Unterricht, der sofort in die Praxis um-
gesetzt wird. Die für die Kochstudien erforderlichen
Materialien müssen die Zöglinge aus den Vorrats-
räumen, die in Form von Läden eingerichtet sind,
kaufen, — (denn auch das Einkäufen will erlernt sein).
Spül-, Waschküche und Bügelzimmer gehören selbst-
verständlich auch zu diesem Betriebe. Zwei Auf-
züge verbinden die Küche mit dem Speisesaal des
Internats und dem Wöchnerinnenheim, die einzige
Verbindung, die dieses mit einem der übrigen Ge-
bäudekomplexe hat. Im Erdgeschoss des Gebäudes
ist ein sehr schöner Speisesaal untergebracht, dessen
graublaues Holzrahmenwerk und Türen mit grauen
Füllungen, weiss und gelben Abfassungen einen
freundlichen Eindruch machen. Ein lang angelegtes,
die eine Querwand fast gänzlich einnehmendes Buffet,
das etwas ungemein Flottes, fast Keckes in seiner
Linienführung zeigt, ist neben dem Aufzugsschalter
aufgestellt, der wieder als reizvolles Motiv sich in
den Saal einbaut. Ueber dem Speisesaal liegen die
Lehrsäle. In den Obergeschossen sind die gelb-
getönten Schlafräume mit ihrem weissen Mobiliar
untergebracht. Hochangelegte, gut zusammengefasste
Fenstergruppen geben diesen Räumen etwas Freund-
liches. Die Farben der Türen und des übrigen Holz-
werkes der Gänge in kräftigem Gelb, Rot und Grün
heben sich gut von den grauen Wandtönen ab. Die bis zum in grünem Tone gestrichenes Holzgeländer. Im Dachgeschoss
Dachgeschoss führende Treppe zeigt ein reizend gezeichnetes, [ ist der grosse Aufenthaltsraum für die Zöglinge untergebracht.
Dieser Raum ist meiner Auf-
Kasino. Treppenhaus.
Arch. Hans Bernoulli, Berlin.
Kasino-Bau.
fassung nach direkt etwas
Köstliches in seiner Dar-
stellung. Er gibt die Charak-
teristikBernoullischen Indivi-
duells. Das grüne Holzwerk,
das weisse Möbel, der
schlichte, erkerartig ausge-
bildete Dacheinbau mit sei-
ner freundlichen Bemalung
setzt in diesem Raume das
was in dem angemalten
Spruch „Freude im Herzen,
ist Sonnenschein“ gesagt ist,
in Architektur um. Sie sind
ja so unendlich gering diese
Mittel, mit denen diese heitere
Stimmung erreicht ist. Es
ist eben die Seele des Werkes,
die sich nicht durch greif-
bare Mittel, sondern durch
die Art der Auffassung aus-
spricht. Ebenfalls von der
Liebigstrasse aus zugängig
ist die unter dem eigentlichen
Bau des Wöchnerinnenheims
(aber von diesem vollständig
getrennt) angelegte Badean-
stalt für Frauen und Kinder.
Es sind Brause- und Wannen-
bäder angeordnet. Wände
und Wannen sind mit weissem
Laubenblender ausgeschla-
gen ; es kommt hier die
technisch hübsche Ausfüh-
rung unter der Bauleitung
von Baumeister Belchner,
der überall den Architekten
so sachgemäss zu unter-
stützen wusste, ganz beson-
ders zur Geltung. Das von
dem übrigen Gebäudekom-
plex gänzlich getrennte
Wöchnerinnenheim liegt an
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Schulküche mit drei Herden untergebracht. Die Zög-
linge erhalten hier von einem Katheder aus den
theoretischen Unterricht, der sofort in die Praxis um-
gesetzt wird. Die für die Kochstudien erforderlichen
Materialien müssen die Zöglinge aus den Vorrats-
räumen, die in Form von Läden eingerichtet sind,
kaufen, — (denn auch das Einkäufen will erlernt sein).
Spül-, Waschküche und Bügelzimmer gehören selbst-
verständlich auch zu diesem Betriebe. Zwei Auf-
züge verbinden die Küche mit dem Speisesaal des
Internats und dem Wöchnerinnenheim, die einzige
Verbindung, die dieses mit einem der übrigen Ge-
bäudekomplexe hat. Im Erdgeschoss des Gebäudes
ist ein sehr schöner Speisesaal untergebracht, dessen
graublaues Holzrahmenwerk und Türen mit grauen
Füllungen, weiss und gelben Abfassungen einen
freundlichen Eindruch machen. Ein lang angelegtes,
die eine Querwand fast gänzlich einnehmendes Buffet,
das etwas ungemein Flottes, fast Keckes in seiner
Linienführung zeigt, ist neben dem Aufzugsschalter
aufgestellt, der wieder als reizvolles Motiv sich in
den Saal einbaut. Ueber dem Speisesaal liegen die
Lehrsäle. In den Obergeschossen sind die gelb-
getönten Schlafräume mit ihrem weissen Mobiliar
untergebracht. Hochangelegte, gut zusammengefasste
Fenstergruppen geben diesen Räumen etwas Freund-
liches. Die Farben der Türen und des übrigen Holz-
werkes der Gänge in kräftigem Gelb, Rot und Grün
heben sich gut von den grauen Wandtönen ab. Die bis zum in grünem Tone gestrichenes Holzgeländer. Im Dachgeschoss
Dachgeschoss führende Treppe zeigt ein reizend gezeichnetes, [ ist der grosse Aufenthaltsraum für die Zöglinge untergebracht.
Dieser Raum ist meiner Auf-
Kasino. Treppenhaus.
Arch. Hans Bernoulli, Berlin.
Kasino-Bau.
fassung nach direkt etwas
Köstliches in seiner Dar-
stellung. Er gibt die Charak-
teristikBernoullischen Indivi-
duells. Das grüne Holzwerk,
das weisse Möbel, der
schlichte, erkerartig ausge-
bildete Dacheinbau mit sei-
ner freundlichen Bemalung
setzt in diesem Raume das
was in dem angemalten
Spruch „Freude im Herzen,
ist Sonnenschein“ gesagt ist,
in Architektur um. Sie sind
ja so unendlich gering diese
Mittel, mit denen diese heitere
Stimmung erreicht ist. Es
ist eben die Seele des Werkes,
die sich nicht durch greif-
bare Mittel, sondern durch
die Art der Auffassung aus-
spricht. Ebenfalls von der
Liebigstrasse aus zugängig
ist die unter dem eigentlichen
Bau des Wöchnerinnenheims
(aber von diesem vollständig
getrennt) angelegte Badean-
stalt für Frauen und Kinder.
Es sind Brause- und Wannen-
bäder angeordnet. Wände
und Wannen sind mit weissem
Laubenblender ausgeschla-
gen ; es kommt hier die
technisch hübsche Ausfüh-
rung unter der Bauleitung
von Baumeister Belchner,
der überall den Architekten
so sachgemäss zu unter-
stützen wusste, ganz beson-
ders zur Geltung. Das von
dem übrigen Gebäudekom-
plex gänzlich getrennte
Wöchnerinnenheim liegt an