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Baumeister: das Architektur-Magazin — 7.1909

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Schneeberger, Louis: Die neue Handelshochschule in Köln a. Rh.: Arch. Ernst Vetterlein, Darmstadt
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Die Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft zu Darmstadt: Architekt Prof. G. Wickop
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https://doi.org/10.11588/diglit.52602#0098

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DER BAUMEISTER » 1909, MAI.

tails feine Nuancierungen herausgebracht. Nirgends stören banale,
anekdotische, bei dem täglichen Besucher doch bald jegliche Beachtung
einbüssende Scherze die aus dem harmonischen Zusammenarbeiten
der genannten Künstler gezeugte Einheitlichkeit, deren weihevolle, zu
nachdenklicher Beschaulichheit einladende Ruhe in dem sachten Rau-
schen der Linden, in Vestibül und Treppenpodest angebrachten Zier-
brunnen eine diskrete Resonanz findet
Die Bauausführung geschah durch das städtische Hochbauamt unter
der umsichtigen Leitung des Stadtbaurats F. C. Heimann, sowie des
Regierungsbaumeisters Krüger, denen ein Stab tüchtiger Kräfte zur
Seite stand. Die fast aus schliesslich aus Köln herangezogenen Hand-
werker bewährten sich sämtlich als tüchtige Meister.
Das die Wand der Haupttreppenanlage zierende grosse Kaiser-
bild ist von Professor Wilhelm Trübner gemalt; der plastische
Schmuck der Brunnen über den Portalen u. a. wurde hauptsächlich
von den Bildhauern Toni Schröder (Florenz) und Schneevoigt (Düssel-
dorf) geliefert.
Wenn demnächst die angrenzenden Strassenzüge mit Häusern besetzt
sein werden und wenn gar die vom Architekten geplante Verbindung
des Hochschulmassivs mit dem Römerpark durch eine vorhofartige
Forumanlage mit Pergolaabschluss zur Wirklichkeit gediehen — was
bei dem günstigen Abschluss der Baurechnung zu erhoffen steht, —


Arch. Hartmann & Schlenzig, Berlin.
♦Geschäftshaus der Posenschen Landesgenossenschaftsbank, Posen. Erker an der Strasse.


* Rückfront.

wird sich das Vetterleinsche Werk erst im vollen
Lichte seiner für Kunst und Kultur bemerkenswerten
Bedeutung zeigen. L. Schneeberger.

Die Synagoge der Israelitischen
Religionsgesellschaft zu Darmstadt.
Architekt Prof. G. Wickop.
An Stelle eines unscheinbaren Betsaales in der
Bleichstrasse liess die wenig zahlreiche strenggläubige
Israelitische Religionsgesellschaft zu Darmstadt nach
dem Entwurf des Professors G. Wickop in den Jahren
1905 — 06 ein neues Gotteshaus errichten. Die ge-
ringen Abmessungen des Bauplatzes — 23,60 m Breite
bei 27 m Tiefe — und seine wenig günstige Lage
in einer schmalen Strasse und neben einem drei-
stöckigen israelitischen Schulgebäude, dazu die be-
schränkten Mittel, welche nur durch freiwillige
Beiträge aufgebracht wurden, zeichneten dem Archi-
tekten von vornherein strenge Richtlinien vor, die
durch den altertümlichen Ritus mit seinen zahl-
reichen Vorschriften noch enger begrenzt wurden,
Beschränkungen, die zwar die Aufgabe erschweren,
aber auch dazu beitragen können, ihrer Lösung
Charakter und Stimmung zu verleihen. Im Mittel-
punkt der gottesdienstlichen Handlung steht bei
diesem altehrwürdigen Kultus die Verlesung des Ge-
setzes vom Almemor aus, einem um drei Stufen
erhöhten, geräumigen, kanzelartigen Aufbau, der in-
mitten der Gemeinde seinen Platz hat. Zu ihm wird
in feierlichem Zuge die kostbar geschmückte Thora-
rolle aus dem Oraun Hak audesch gebracht, dem
heiligen Schrein, der die Gesetzesrollen birgt. Vordem
Allerheiligsten hat die Kanzel des Rabbiners und das
Pult des Vorsängers seinen Platz, links und rechts
die Sitze des Rabbiners und des Gemeindevor-
standes. Ueber diesen sind auf beiden Seiten die
Jahreszeitlichter angebracht, die zum Andenken an
Verstorbene brennen. Für einen Sängerchor sind
besondere Plätze vorzusehen; eine Orgel kennt der
altgläubige Gottesdienst nicht. Unten sind die Männer-
sitze (hier 300), oben auf den Emporen, durch ein
Gitter auf den Brüstungen dem Auge entzogen, die
Frauenplätze (hier 150) untergebracht. Alles schart
sich um den Almemor, der, wie eine Verkörperung
der geheiligten Stätte auf dem Sinai, den Mittelpunkt
darstellt.
Es leuchtet ein, dass diesem Ritus keine Raumform
mehr entsprechen kann, als der Zentralbau. Er wurde
auch dem vorliegenden Bau zugrunde gelegt: eine
Kuppel von 9,45 m Durchmesser auf quadratischem
Unterbau, rings gestützt durch Tonnen, zwei schmale
 
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