DER BAUMEISTER » 1909, MAI.
87
Arch. Hartmann & Schlenzig, Berlin.
Bier-Restaurant
des Geschäftshauses der Posenschen Landesgenossenschaftsbank, Posen.
die praktische Notwendigkeit bedingten Bauglieder
lediglich auf ihren technisch nüchternen Selbstzweck
herabgestimmt, vielmehr zum Dienst künstlerischer
Ausgestaltung herangezogen sind. Durch dieses
Prinzip ist es möglich, sachlich und wirtschaftlich
zu bleiben und doch hohe künstlerische Ziele zu
* Arbeiterinnenheim Moabit-Berlin.
erreichen. Der finanzielle Abschluss, der
eine bedeutende Ersparnis an Baugeldern
gebracht hat, ist ein Beweis dafür, dass
man auch bei einer, durch den Ruf der
jüngsten Zeit nach Sparsamkeit bedingten
Beschränkung des schöpferischen Dran-
ges des Gediegenen und Schönen genug
schaffen kann, wenn es nur der Bau-
meister versteht in strenger Selbst-
beherrschung mit seinen Mitteln vor-
sichtig und zielbewusst umzugehen. In
dieser Hinsicht darf der Bau in allen
seinen Teilen als vorbildlich bezeichnet
werden: im Aeussern schlicht, aber doch
monumental schlossartigen Charakters,
steigert er nach innen zu die Wirkung,
gibt nirgends zu wenig oder zu viel, wohl
aber immer viel 1
Die künstlerischen Absichten des
Architekten wurden durch glücklich ge-
wählte Mitarbeiter vortrefflich unterstützt.
Vor allem hat der aus der neuen Darm-
städter Schule hervorgegangene Maler
Gustav Nitsche (Köln) es verstanden,
durch gute Abtönung aller Flächen, durch
einen originellen Linienfluss sparsam ver-
wendeter Ornamente und durch richtig
verteilte Druckpunkte im Dekorativen die
vom Architekten erstrebte und beab-
sichtigte Wirkung aller Räume bis in den
kleinsten Winkel hinein zu erzielen.
Freilich suchen wir dabei vergeblich nach
den hergebrachten, unvermeidlichen
Stuckornamenten, Rosetten und Emble-
men, die die Stimmung, statt zu steigern
nur zerstreuen und verflüchtigen. Um
den kunstgewerblichen Teil, den Ausbau
und die Möblierung hat sich der gleich-
falls in den Bahnen Darmstädter Kunst-
anschauung wandelnde Architekt Wal-
le nfang (Darmstadt) besonders verdient
gemacht und namentlich durch interes-
sante Behandlung des ornamentalen De-
Architekt Heinrich Schweitzer, Berlin.
* Arbeiterinnenheim Moabit-Berlin. Treppenhaus.
87
Arch. Hartmann & Schlenzig, Berlin.
Bier-Restaurant
des Geschäftshauses der Posenschen Landesgenossenschaftsbank, Posen.
die praktische Notwendigkeit bedingten Bauglieder
lediglich auf ihren technisch nüchternen Selbstzweck
herabgestimmt, vielmehr zum Dienst künstlerischer
Ausgestaltung herangezogen sind. Durch dieses
Prinzip ist es möglich, sachlich und wirtschaftlich
zu bleiben und doch hohe künstlerische Ziele zu
* Arbeiterinnenheim Moabit-Berlin.
erreichen. Der finanzielle Abschluss, der
eine bedeutende Ersparnis an Baugeldern
gebracht hat, ist ein Beweis dafür, dass
man auch bei einer, durch den Ruf der
jüngsten Zeit nach Sparsamkeit bedingten
Beschränkung des schöpferischen Dran-
ges des Gediegenen und Schönen genug
schaffen kann, wenn es nur der Bau-
meister versteht in strenger Selbst-
beherrschung mit seinen Mitteln vor-
sichtig und zielbewusst umzugehen. In
dieser Hinsicht darf der Bau in allen
seinen Teilen als vorbildlich bezeichnet
werden: im Aeussern schlicht, aber doch
monumental schlossartigen Charakters,
steigert er nach innen zu die Wirkung,
gibt nirgends zu wenig oder zu viel, wohl
aber immer viel 1
Die künstlerischen Absichten des
Architekten wurden durch glücklich ge-
wählte Mitarbeiter vortrefflich unterstützt.
Vor allem hat der aus der neuen Darm-
städter Schule hervorgegangene Maler
Gustav Nitsche (Köln) es verstanden,
durch gute Abtönung aller Flächen, durch
einen originellen Linienfluss sparsam ver-
wendeter Ornamente und durch richtig
verteilte Druckpunkte im Dekorativen die
vom Architekten erstrebte und beab-
sichtigte Wirkung aller Räume bis in den
kleinsten Winkel hinein zu erzielen.
Freilich suchen wir dabei vergeblich nach
den hergebrachten, unvermeidlichen
Stuckornamenten, Rosetten und Emble-
men, die die Stimmung, statt zu steigern
nur zerstreuen und verflüchtigen. Um
den kunstgewerblichen Teil, den Ausbau
und die Möblierung hat sich der gleich-
falls in den Bahnen Darmstädter Kunst-
anschauung wandelnde Architekt Wal-
le nfang (Darmstadt) besonders verdient
gemacht und namentlich durch interes-
sante Behandlung des ornamentalen De-
Architekt Heinrich Schweitzer, Berlin.
* Arbeiterinnenheim Moabit-Berlin. Treppenhaus.