DER BAUMEISTER,
1908, DEZEMBER.
MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR
UND BAUPRAXIS -
VII. JAHRGANG, HEFT 3.
Friedrich Adler -j*.
Die Kränze, die sich am 18. September über dem frischen
Hügel Friedrich Adlers in unabsehbarer Zahl emporwölbten,
sind schon verwelkt; die Tagespresse hat mit schuldiger
Hochachtung den Abschluss eines langen und glücklichen
Lebens festgestellt und ist mit der übrigen Welt zu „aktuelleren
Themen“ übergegangen.
Aber wenn auch die Art der Drucklegung dieses Blattes
zwischen Adlers Hinscheiden und diesem Nachruf lange Wochen
legte: ein Wort dankbaren Gedenkens wird so lange noch
immer zur rechten Zeit kommen, als die Spur von seinen
Erdentagen noch nicht untergegangen ist. Wohl ist die Zeit
schon über manche dieser Spuren hinweggeschritten, zumal
der Hochbetagte seit Jahren die Felder seiner Tätigkeit
jüngeren Kräften überlassen hat, wohl sind diese Spuren nicht
durchaus wie mit ehernem Griffel ins Antlitz der Zeit ge-
schrieben, zumal Adler nicht nur eine Furche zog, sondern
als Künstler, Lehrer, Archäologe und Beamter die Kräfte
seines Lebens verzweigte. Tiefer aber doch, als die flüchtige
Gegenwart meint, griff der nun Heimgegangene in viele Ent-
wickelungen entscheidend oder fördernd ein und es wäre
schlecht um uns bestellt, wüssten wir dem ungewöhnlichen
und vielseitigen Manne, der auf jedem Gebiete weit mehr als
das Mittelmass gab, nicht Dank und Würdigung zu zollen. —
Dies soll in kurzen Worten versucht werden. Nur ein Umriss
der Persönlichkeit, keine Lebensskizze, die doch nur das
Skelett, nicht die Seele gäbe, wie denn Biographien ohne
Aufdeckung der inneren Beziehungen in unserer Zeit allgemein
nicht mehr genügen sollten. Was z. B. brächte es uns, von
den Etappen in Adlers Beamtenlaufbahn zu sprechen?
Wäre Adler nur der ausgezeichnete Beamte in hervorragender
Stellung gewesen: wir würden nur festzustellen haben, dass
unter seiner Leitung das Kirchenbauwesen des preussischen
Staates in immer gesündere und zielsicherere Bahnen ge-
kommen, dass er jeder Aufgabe eifrigsten und liebevollsten
Anteil schenkte und mit treffsicherem Urteil, unterstützt von
ausgebreitetsten geschichtlichen wie topographischen Kennt-
nissen, als erster den Bauten seines Ressorts landschaftliche
und persönliche Eigenart in einem Umfange gegeben hat, der
seitdem glücklicherweise vorbildlich geworden ist.
Aber wie er sein Dezernat nicht auf dem gewöhnlichen
Stufenwege beamtlichen Höherrückens erlangt hatte, sondern
zu ihm als ein trotz fehlenden Baumeister-Examens bewährt
Befundener berufen worden war, so vermochte er sein Amt
nur darum so hervorragend zu erfüllen, weil er ein echter
Künstler war und ein Mann ungemeinen Wissens dazu. Und
diese Qualitäten sind mit den üblichen Ehrungen des hervor-
ragenden Beamten, mit Titeln und Ehrenzeichen, wie sie ja
dem auch für solche Würdigung nicht Unempfänglichen
reichlichst zuteil wurden, doch nicht erledigt. Orden werden
nur auf Lebenszeit verliehen. Der Ruf des Künstlers bleibt
über den Tod hinaus. Und der soll Friedrich Adler ver-
bleiben, ist auch seine Kunst schon so weit „historisch“ ge-
worden, dass wir sie ohne Berücksichtigung der Zeitumstände
nicht mehr im vollen Umfange zu schätzen vermögen. Die
Zeit, der Adlers persönliches Kunstschaffen angehört, war
eine wirtschaftlich ärmliche; die grossartigsten Gedanken der
Architekten blieben — „wertvolle Mappen“. Man denke an
Schinkels Schloss Orianda, an Wilhelm Stiers Idealentwürfe,
an die erste Dombaukonkurrenz. Wie Adler bei letzterer einen
der reifsten und eigenartigsten Entwürfe beisteuerte, wie er
beim Wettbewerb um das Berliner Rathaus und vorher bei
einer Schinkelkonkurrenz durch einen ersten Preis aus-
gezeichnet wurde, ohne dass die schöpferische Phantasie nun
durch eine Ausführung die zur letzten Meisterschaft so durch-
aus notwendige praktische Schulung erhalten, so musste der
Künstler auch dort, wo er seine Entwürfe verwirklichen
konnte, der dürftigen Gegenwart immer wieder Gedanken-
opfer bringen. In diesen Verhältnissen liegt ein guter Teil der
Gründe dafür, dass die „Berliner Schule“ neben einer gewissen
Nüchternheit vor allem das Verstandesmässige nicht überwand.
Und doch sollten wir schon heute nicht mehr übersehen
dürfen, welch eine feine und reife Kultur — die Zeitvoraus-
setzungen einmal als berechtigt angenommen — aus dieser
Kunst sprach! Unter ihren Meistern hat kaum einer so viel
Sinn für Monumentalität gehabt wie Adler. Das beweist neben
den ungewöhnlich „renaissancemässigen“ Verhältnissen seiner
Berliner Wohnhäuser in der Dorotheenstrasse — das in der
Leipzigerstrasse 6 hat leider in diesem Jahre einem Geschäfts-
haus weichen müssen — vor allem die Thomaskirche am
Mariannenplatz in Berlin, die unter den viel aufwändigeren
und grösseren modernen Kirchen der Hauptstadt noch immer
sieghaft ihren Platz behauptet. Bei wie vielen neuesten
Kirchen finden wir einen so selbständigen und wirksamen
Baugedanken, bei wie vielen ist mit bescheidenen Mitteln
eine solche Monumentalität des Aufbaues, namentlich für die
Fernwirkung, ein solches Einschmiegen in die Formenfassung
der Umgebung und der Zeit erreicht und bei wie vielen ist
der Elektizismus dieser Formen so wenig aufgeklebtes Stil-
gewand, sondern ernsthaft versuchte Synthese aus Vergangen-
heit und Gegenwart? — Man vergegenwärtige sich nur einmal
wie dieser Bau (errichtet 1864—1869) in der damaligen Zeit
stand und was aus einer so selbständigen Kraft geworden
wäre, wenn sie vierzig Jahre später zur Welt gekommen,
womöglich mit modernem, geschäftlichem Sinn und unbe-
kümmerter Selbstherrlichkeit ausgestattet, um zu ahnen, wie
viel Schöpferisches in Friedrich Adler steckte. Es ist nicht
voll zur Entwickelung gelangt, vielleicht eben des mangelnden
Geschäftssinnes, sicher der ärmlicheren Zeit wegen, vielleicht
auch, weil der rastlose Geist, eben aus Mangel an grossen
Aufträgen, sich über andere Gebiete ausbreitete. Immerhin
zeigen auch die Werke aus Adlers späterer Zeit, die sich
nach der Art ihres Bauauftrages viel enger an geschichtliche
Baudenkweise anschliessen mussten, vor allem das Museum
zu Olympia, die Schlosskirche zu Wittenberg und die Johanniter-
kirche nebst Spital zu Jerusalem, wie lebhaft in dem „Archäo-
logen“ noch das echte Künstlerblut pulste.
War es doch auch dies Künstlerblut, das seine archäologi-
schen Forschungen veranlasst und auch gelegentlich — beein-
trächtigt hatte. Ihn drängte es vor allem, einen ganz grossen
und umfassenden Ueberblick über das Bauschaffen der ganzen
Kulturmenschheit zu gewinnen, die Baugeschichte selbst wie
einen lückenlosen, festgefügten Wunderbau vor sich zu sehen.
Mit einer unerhörten Arbeitskraft griff er neben seiner künst-
lerischen, seiner Beamtenwirksamkeit und seiner Lehrtätigkeit,
von der noch zu sprechen sein wird, die verschiedensten
Probleme auf. Gleich sein erstes Werk „Mittelalterliche
Backsteinbauten des preussischen Staates“, das leider nie im
geplanten Umfange vollendet worden, war für die damalige
Zeit (1859 bis 1869) ein Ereignis. Aber ihn fesselte nicht nur
das Mittelalter, dessen grösster Erscheinung, Erwin von Stein-
bach, er mit besonderer Liebe nachforschte; das Pantheon,
die Hagia Sophia, Schlüter wie dann wieder und vor allem
Olympia regten ihn zu eingehendstem Studium an. Bei solchem
Umfang der Interessen und eben aus dem Künstlerdrange
nach Abrundung des gewonnenen Bildes ist wohl gelegent-
lich Leidenschaft und Phantasie den Ergebnissen kühlerer
Forschungsmethoden vorausgeeilt. Aber trotz solcher Irrtümer
verdankt die Baugeschichte ihm ausserordentliches. Besonders
mit dem Namen Olympia wird auch der seine immer fortleben.
Ueber allen positiven aufzählbaren Verdiensten aber wird stets
noch die lebendige Anregung, die von ihm ausging, als ein
Rühmliches hervorleuchten. Und hier nicht nur als anregender
Archäologe, sondern namentlich noch als Lehrer. Schon früh
(1861) hatte der nach Wirkung drängende den Beruf erwählt,
der ihm in damaliger Zeit allein die Betätigung eines glühenden
Idealismus gewährte: das Lehrfach. Und Adler dürfte selbst
gefühlt haben, dass hier das Schwergewicht seines Schaffens
ruhte; blieb er doch noch drei Jahre über seine Pensionierung
als Beamter hinaus seinem Lehrstuhl für Baugeschichte treu.
Kaum einer hat ihn glänzender ausgefüllt, denn alles vereinigte
sich in Adler zum „geborenen“ Hochschullehrer. Ein ganz
ungewöhnliches Gedächtnis, eine bedeutende äussere Erschei-
1908, DEZEMBER.
MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR
UND BAUPRAXIS -
VII. JAHRGANG, HEFT 3.
Friedrich Adler -j*.
Die Kränze, die sich am 18. September über dem frischen
Hügel Friedrich Adlers in unabsehbarer Zahl emporwölbten,
sind schon verwelkt; die Tagespresse hat mit schuldiger
Hochachtung den Abschluss eines langen und glücklichen
Lebens festgestellt und ist mit der übrigen Welt zu „aktuelleren
Themen“ übergegangen.
Aber wenn auch die Art der Drucklegung dieses Blattes
zwischen Adlers Hinscheiden und diesem Nachruf lange Wochen
legte: ein Wort dankbaren Gedenkens wird so lange noch
immer zur rechten Zeit kommen, als die Spur von seinen
Erdentagen noch nicht untergegangen ist. Wohl ist die Zeit
schon über manche dieser Spuren hinweggeschritten, zumal
der Hochbetagte seit Jahren die Felder seiner Tätigkeit
jüngeren Kräften überlassen hat, wohl sind diese Spuren nicht
durchaus wie mit ehernem Griffel ins Antlitz der Zeit ge-
schrieben, zumal Adler nicht nur eine Furche zog, sondern
als Künstler, Lehrer, Archäologe und Beamter die Kräfte
seines Lebens verzweigte. Tiefer aber doch, als die flüchtige
Gegenwart meint, griff der nun Heimgegangene in viele Ent-
wickelungen entscheidend oder fördernd ein und es wäre
schlecht um uns bestellt, wüssten wir dem ungewöhnlichen
und vielseitigen Manne, der auf jedem Gebiete weit mehr als
das Mittelmass gab, nicht Dank und Würdigung zu zollen. —
Dies soll in kurzen Worten versucht werden. Nur ein Umriss
der Persönlichkeit, keine Lebensskizze, die doch nur das
Skelett, nicht die Seele gäbe, wie denn Biographien ohne
Aufdeckung der inneren Beziehungen in unserer Zeit allgemein
nicht mehr genügen sollten. Was z. B. brächte es uns, von
den Etappen in Adlers Beamtenlaufbahn zu sprechen?
Wäre Adler nur der ausgezeichnete Beamte in hervorragender
Stellung gewesen: wir würden nur festzustellen haben, dass
unter seiner Leitung das Kirchenbauwesen des preussischen
Staates in immer gesündere und zielsicherere Bahnen ge-
kommen, dass er jeder Aufgabe eifrigsten und liebevollsten
Anteil schenkte und mit treffsicherem Urteil, unterstützt von
ausgebreitetsten geschichtlichen wie topographischen Kennt-
nissen, als erster den Bauten seines Ressorts landschaftliche
und persönliche Eigenart in einem Umfange gegeben hat, der
seitdem glücklicherweise vorbildlich geworden ist.
Aber wie er sein Dezernat nicht auf dem gewöhnlichen
Stufenwege beamtlichen Höherrückens erlangt hatte, sondern
zu ihm als ein trotz fehlenden Baumeister-Examens bewährt
Befundener berufen worden war, so vermochte er sein Amt
nur darum so hervorragend zu erfüllen, weil er ein echter
Künstler war und ein Mann ungemeinen Wissens dazu. Und
diese Qualitäten sind mit den üblichen Ehrungen des hervor-
ragenden Beamten, mit Titeln und Ehrenzeichen, wie sie ja
dem auch für solche Würdigung nicht Unempfänglichen
reichlichst zuteil wurden, doch nicht erledigt. Orden werden
nur auf Lebenszeit verliehen. Der Ruf des Künstlers bleibt
über den Tod hinaus. Und der soll Friedrich Adler ver-
bleiben, ist auch seine Kunst schon so weit „historisch“ ge-
worden, dass wir sie ohne Berücksichtigung der Zeitumstände
nicht mehr im vollen Umfange zu schätzen vermögen. Die
Zeit, der Adlers persönliches Kunstschaffen angehört, war
eine wirtschaftlich ärmliche; die grossartigsten Gedanken der
Architekten blieben — „wertvolle Mappen“. Man denke an
Schinkels Schloss Orianda, an Wilhelm Stiers Idealentwürfe,
an die erste Dombaukonkurrenz. Wie Adler bei letzterer einen
der reifsten und eigenartigsten Entwürfe beisteuerte, wie er
beim Wettbewerb um das Berliner Rathaus und vorher bei
einer Schinkelkonkurrenz durch einen ersten Preis aus-
gezeichnet wurde, ohne dass die schöpferische Phantasie nun
durch eine Ausführung die zur letzten Meisterschaft so durch-
aus notwendige praktische Schulung erhalten, so musste der
Künstler auch dort, wo er seine Entwürfe verwirklichen
konnte, der dürftigen Gegenwart immer wieder Gedanken-
opfer bringen. In diesen Verhältnissen liegt ein guter Teil der
Gründe dafür, dass die „Berliner Schule“ neben einer gewissen
Nüchternheit vor allem das Verstandesmässige nicht überwand.
Und doch sollten wir schon heute nicht mehr übersehen
dürfen, welch eine feine und reife Kultur — die Zeitvoraus-
setzungen einmal als berechtigt angenommen — aus dieser
Kunst sprach! Unter ihren Meistern hat kaum einer so viel
Sinn für Monumentalität gehabt wie Adler. Das beweist neben
den ungewöhnlich „renaissancemässigen“ Verhältnissen seiner
Berliner Wohnhäuser in der Dorotheenstrasse — das in der
Leipzigerstrasse 6 hat leider in diesem Jahre einem Geschäfts-
haus weichen müssen — vor allem die Thomaskirche am
Mariannenplatz in Berlin, die unter den viel aufwändigeren
und grösseren modernen Kirchen der Hauptstadt noch immer
sieghaft ihren Platz behauptet. Bei wie vielen neuesten
Kirchen finden wir einen so selbständigen und wirksamen
Baugedanken, bei wie vielen ist mit bescheidenen Mitteln
eine solche Monumentalität des Aufbaues, namentlich für die
Fernwirkung, ein solches Einschmiegen in die Formenfassung
der Umgebung und der Zeit erreicht und bei wie vielen ist
der Elektizismus dieser Formen so wenig aufgeklebtes Stil-
gewand, sondern ernsthaft versuchte Synthese aus Vergangen-
heit und Gegenwart? — Man vergegenwärtige sich nur einmal
wie dieser Bau (errichtet 1864—1869) in der damaligen Zeit
stand und was aus einer so selbständigen Kraft geworden
wäre, wenn sie vierzig Jahre später zur Welt gekommen,
womöglich mit modernem, geschäftlichem Sinn und unbe-
kümmerter Selbstherrlichkeit ausgestattet, um zu ahnen, wie
viel Schöpferisches in Friedrich Adler steckte. Es ist nicht
voll zur Entwickelung gelangt, vielleicht eben des mangelnden
Geschäftssinnes, sicher der ärmlicheren Zeit wegen, vielleicht
auch, weil der rastlose Geist, eben aus Mangel an grossen
Aufträgen, sich über andere Gebiete ausbreitete. Immerhin
zeigen auch die Werke aus Adlers späterer Zeit, die sich
nach der Art ihres Bauauftrages viel enger an geschichtliche
Baudenkweise anschliessen mussten, vor allem das Museum
zu Olympia, die Schlosskirche zu Wittenberg und die Johanniter-
kirche nebst Spital zu Jerusalem, wie lebhaft in dem „Archäo-
logen“ noch das echte Künstlerblut pulste.
War es doch auch dies Künstlerblut, das seine archäologi-
schen Forschungen veranlasst und auch gelegentlich — beein-
trächtigt hatte. Ihn drängte es vor allem, einen ganz grossen
und umfassenden Ueberblick über das Bauschaffen der ganzen
Kulturmenschheit zu gewinnen, die Baugeschichte selbst wie
einen lückenlosen, festgefügten Wunderbau vor sich zu sehen.
Mit einer unerhörten Arbeitskraft griff er neben seiner künst-
lerischen, seiner Beamtenwirksamkeit und seiner Lehrtätigkeit,
von der noch zu sprechen sein wird, die verschiedensten
Probleme auf. Gleich sein erstes Werk „Mittelalterliche
Backsteinbauten des preussischen Staates“, das leider nie im
geplanten Umfange vollendet worden, war für die damalige
Zeit (1859 bis 1869) ein Ereignis. Aber ihn fesselte nicht nur
das Mittelalter, dessen grösster Erscheinung, Erwin von Stein-
bach, er mit besonderer Liebe nachforschte; das Pantheon,
die Hagia Sophia, Schlüter wie dann wieder und vor allem
Olympia regten ihn zu eingehendstem Studium an. Bei solchem
Umfang der Interessen und eben aus dem Künstlerdrange
nach Abrundung des gewonnenen Bildes ist wohl gelegent-
lich Leidenschaft und Phantasie den Ergebnissen kühlerer
Forschungsmethoden vorausgeeilt. Aber trotz solcher Irrtümer
verdankt die Baugeschichte ihm ausserordentliches. Besonders
mit dem Namen Olympia wird auch der seine immer fortleben.
Ueber allen positiven aufzählbaren Verdiensten aber wird stets
noch die lebendige Anregung, die von ihm ausging, als ein
Rühmliches hervorleuchten. Und hier nicht nur als anregender
Archäologe, sondern namentlich noch als Lehrer. Schon früh
(1861) hatte der nach Wirkung drängende den Beruf erwählt,
der ihm in damaliger Zeit allein die Betätigung eines glühenden
Idealismus gewährte: das Lehrfach. Und Adler dürfte selbst
gefühlt haben, dass hier das Schwergewicht seines Schaffens
ruhte; blieb er doch noch drei Jahre über seine Pensionierung
als Beamter hinaus seinem Lehrstuhl für Baugeschichte treu.
Kaum einer hat ihn glänzender ausgefüllt, denn alles vereinigte
sich in Adler zum „geborenen“ Hochschullehrer. Ein ganz
ungewöhnliches Gedächtnis, eine bedeutende äussere Erschei-