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DER BAUMEISTER > 1909, JUNI.
Marmorblöcken auf der Säule
errichtete und mit einer heute
noch erhaltenen Inschrift ver-
sah. Dieser Aufsatz trat an
Stelle des Kapitals und ist
sehr wohl geeignet, als Sockel
für eine Statue zu dienen.
Wann diese herabfiel, ist un-
sicher. Der gut unterrichtete
Busbecq berichtet, dass erst
eine Statue des Konstantin,
dann eine solche Theodosius
des Grossen auf der Säule
gestanden habe. Er sah aber
keine von beiden mehr, so
wenig wie Gyllius oder Bret-
schneider. Um aber das
Bild der Säule zu vervoll-
ständigen, haben wir sie nach
der Münze des Helios von
Jlion aufs Geratewohl rekon-
struiert. Die Säule selbst aber
dürfte wenn auch vielleicht
hinsichtlich der Genauigkeit
der Masse, so doch hinsicht-
lich ihrer Verhältnisse ziem-
lich richtig dargestellt sein.
III. Die Säule des Kaisers
Justinian.
Die Säule stand auf dem
von Konstantin errichteten
Platze Augusteion. Siewurde
von Justinian I. an Stelle
einer anderen Säule errichtet,
auf der eine silberne Statue
des Theodosius stand; diese
liess er einschmelzen, an-
geblich 7400 Pfd. Als Ver-
fertiger der Säule wird Igna- Arch. Franz Seeck, Steglitz.
tios genannt. Doch ist die
Nachricht von zweifelhafter Zuverlässigkeit. Der Beschreiber
der Bauten Justinians, Prokopios von Caesarea, 560 Stadt-
präfekt von Konstantinopel, schildert die Säule wie folgt:
„Auf dem Augusteion wurden nicht weniger als 7 Bänke in Stein
im Quadrat gemacht, alle zu einer Treppe zusammengefügt ... so
dass die Menschen auf den Stufen sitzen konnten. Auf der obersten
Steinschicht wurde eine ungeheure Säule errichtet, nicht aus einem
Stein, sondern ringförmig aus sehr grossen Steinen aufgemauert. Die
Steine waren zwar eckig, doch durch die Kunst der Steinmetzen
zusammengefügt. Das beste Erz, in Tafeln und Ringen gegossen,
umgibt allseitig die Steine, verbindet sie kräftig und hüllt sie mit
Haus Kaiserallee 67.
Schönheit ein und fügt sich schön den Formen an, die oberhalb
und unterhalb der Säule sich befinden.“
Weiter sagt Georgios Pachymeres aus Nicaea, der die Säule
um 1292 beschrieb, nachdem er den Treppenunterbau ähn-
lich geschildert und erwähnt hat, dass zu seiner Zeit drei
Stufen durch Schutt verdeckt waren.
„Man würde die Oberfläche der letzten Stufe ganz sehen können,
wenn nicht ein Bau darauf ausgeführt worden wäre, der aus Ziegeln
und Zement besteht. Dieser wird durch vier Säulen an den vier
Ecken zusammengehalten, nicht aber durch wirkliche Säulen,
sondern nur scheinbar. Denn an der Oberfläche verhüllen den
inneren Steinbau Marmorplatten. Wo diese mit der Zeit abgefallen
sind, kann man den Innenbau erkennen.
(Fortsetzung folgt.)
Haus Kaiserallee 67.
Haus Kaiserallee 67. Treppenhaus Mainauerstrasse.
Verlag: Georg D. W. Callwey in München. Verantwortlich: Hermann Jansen in Berlin W 35. Druck: Kastner & Callwey in München
DER BAUMEISTER > 1909, JUNI.
Marmorblöcken auf der Säule
errichtete und mit einer heute
noch erhaltenen Inschrift ver-
sah. Dieser Aufsatz trat an
Stelle des Kapitals und ist
sehr wohl geeignet, als Sockel
für eine Statue zu dienen.
Wann diese herabfiel, ist un-
sicher. Der gut unterrichtete
Busbecq berichtet, dass erst
eine Statue des Konstantin,
dann eine solche Theodosius
des Grossen auf der Säule
gestanden habe. Er sah aber
keine von beiden mehr, so
wenig wie Gyllius oder Bret-
schneider. Um aber das
Bild der Säule zu vervoll-
ständigen, haben wir sie nach
der Münze des Helios von
Jlion aufs Geratewohl rekon-
struiert. Die Säule selbst aber
dürfte wenn auch vielleicht
hinsichtlich der Genauigkeit
der Masse, so doch hinsicht-
lich ihrer Verhältnisse ziem-
lich richtig dargestellt sein.
III. Die Säule des Kaisers
Justinian.
Die Säule stand auf dem
von Konstantin errichteten
Platze Augusteion. Siewurde
von Justinian I. an Stelle
einer anderen Säule errichtet,
auf der eine silberne Statue
des Theodosius stand; diese
liess er einschmelzen, an-
geblich 7400 Pfd. Als Ver-
fertiger der Säule wird Igna- Arch. Franz Seeck, Steglitz.
tios genannt. Doch ist die
Nachricht von zweifelhafter Zuverlässigkeit. Der Beschreiber
der Bauten Justinians, Prokopios von Caesarea, 560 Stadt-
präfekt von Konstantinopel, schildert die Säule wie folgt:
„Auf dem Augusteion wurden nicht weniger als 7 Bänke in Stein
im Quadrat gemacht, alle zu einer Treppe zusammengefügt ... so
dass die Menschen auf den Stufen sitzen konnten. Auf der obersten
Steinschicht wurde eine ungeheure Säule errichtet, nicht aus einem
Stein, sondern ringförmig aus sehr grossen Steinen aufgemauert. Die
Steine waren zwar eckig, doch durch die Kunst der Steinmetzen
zusammengefügt. Das beste Erz, in Tafeln und Ringen gegossen,
umgibt allseitig die Steine, verbindet sie kräftig und hüllt sie mit
Haus Kaiserallee 67.
Schönheit ein und fügt sich schön den Formen an, die oberhalb
und unterhalb der Säule sich befinden.“
Weiter sagt Georgios Pachymeres aus Nicaea, der die Säule
um 1292 beschrieb, nachdem er den Treppenunterbau ähn-
lich geschildert und erwähnt hat, dass zu seiner Zeit drei
Stufen durch Schutt verdeckt waren.
„Man würde die Oberfläche der letzten Stufe ganz sehen können,
wenn nicht ein Bau darauf ausgeführt worden wäre, der aus Ziegeln
und Zement besteht. Dieser wird durch vier Säulen an den vier
Ecken zusammengehalten, nicht aber durch wirkliche Säulen,
sondern nur scheinbar. Denn an der Oberfläche verhüllen den
inneren Steinbau Marmorplatten. Wo diese mit der Zeit abgefallen
sind, kann man den Innenbau erkennen.
(Fortsetzung folgt.)
Haus Kaiserallee 67.
Haus Kaiserallee 67. Treppenhaus Mainauerstrasse.
Verlag: Georg D. W. Callwey in München. Verantwortlich: Hermann Jansen in Berlin W 35. Druck: Kastner & Callwey in München