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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,4.1916

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Heft 19 (1. Juliheft 1916)
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Avenarius, Ferdinand: Neuer Photographen-Kunstdienst
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Niebergall, Friedrich: Adolf Diesterweg: gestorben am 7. Juli 1866
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https://doi.org/10.11588/diglit.14294#0034

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Der Dürerbund rnöchte zunächst sainrneln, was von Aufnahrnen, wre
wir sie haben rnöchten, entsteht öder schon irgendwo da ist. Er bittet, für
sein Archiv Abzüge davon zu spenden oder zum Kauf anzubieten unter
der Aufschrift: Dürerbund (Bilderarchiv), Dresden-Blasewitz. Können wir
etwas verwerten, so werden wir uns mit dem Einsender in Verbindung
setzen. A

Adolf Diesterweg

geftorben am 7. ZuLi 1866

möchten wir erkennen an einern Manne, der es wert ist, daß
H ^man seinen Gedenktag begeht? Wir möchten uns hineintasten
in das Geheimnis seines Wesens und in das Gesetz, nach dem
er angetreten; damit aber möchten wir auch erfassen, worin das Allge«
meine an Bedeutung liegt, um dessentwillen man seiner gedenkt. An
Adolf Diesterweg lockt es uns, die tiefste Idee seines Lebens zu erfassen,
also die Stelle, aus der gleichmaßig sein Wirken und Lehren, sein Kamps
und sein Geschick hervorgegangen sind.

Ein freier Sohn des freiern Westens, hat er in Städten des Westens
gelernt und gelehrt. Mit Gedanken von Pestalozzi verband er in durch-
aus selbständiger Auswahl solche von Rochow und von den Philanthro--
pisten. Anschaulichkeit und Erziehung zur Selbständigkeit hat er von
diesen Lehrmeistern vor allem als Leitgedanken aufgenommen. Man über--
trug ihm die so überaus verantwortliche Stelle eines Seminardirektors
zuerst in dem rheinischen Mörs, dann in Berlin. Ihm hat es nicht an
dem Bewußtsein dafür gefehlt, daß in die Hand eines solchen Lehrers
der Lehrer ein gut Stück der Bildung des gegenwärtigen und des zu--
künftigen Geschlechtes und damit auch etwas vom Schicksal des großen
Ganzen gelegt ist. Erinnerungen eines seiner Schüler zeigen ihn uns
im Unterricht seiner Seminaristen und in dem der Seminarschule, an
der die Seminaristen unterrichten lernen sollen. Von jenem sagt dieser
Schüler: „Morgens um sieben Uhr begann der Anterricht auch in der
strengsten Winterkälte, und zwar mit einer kurzen Andacht, die Diester--
weg in der Regel selbst hielt. Viele mit mir bekennen noch heute, daß
diese Augenblicke in frühster, stiller Morgenstunde uns wahrhaft erbaut
und feierlich ernst gestimmt haben. »Nun machens Licht aus«, sagte
alsdann der Meister. Nacht ist es um uns, daß Eines das Andere nicht
sieht, »und fangens an«, war der zweite Mahnruf, und es ging los, als
ob ein kleines Gewehrfeuer im Lehrsaal ertönte. War sein Rock geöffnet,
so ruhten einige Finger seiner linken Hand in der Westentasche, während
die rechte ab und zu oben über die Stirn hin fuhr. Komplizierte Kon--
struktionen mathematischer Sätze mußten im Finstern ohne Wandtafel
durch das Wort dargestellt und bewiesen werden, eine Arbeit, die all
unsere Kräfte in Anspruch nahm; aber wir lernten sprechen und bekamen
schul: sagt derselbe: „Es war für uns immer ein tzochgenutz. Man muß
dabei gewesen sein, wie die Knaben in fortwährender Spannung blieben
Gewandtheit im Schließen.^ Von Diesterwegs Nnterricht in der Äbungs--
und nicht Zeit hatten, ihr Au,ge auch nur einen Moment von ihm ab--
zuwenden. Schlag auf Schlag fallen Fragen und Antworten: die armen
Iungen kommen kaum zum Sitzen, sie bleiben in beständiger Schwebe
über den Bänken, denn alle wollen antworten,- Nntätigkeit des Geistes

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