Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,4.1916

DOI Heft:
Heft 24 (2. Septemberheft 1916)
DOI Artikel:
Vorübergehend geräumte Stellungen, die wir wiedergewinnen müssen
DOI Artikel:
Witte, Johannes: Die Toleranz des Islams
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14294#0295

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
sucht und Streben nach Wahrheit und Echtheit. Das sahen wir beinr Häuser-
bau wie beim Bucheinband, wir sahen's auch bei dem Streben nach einer
nenen moralischen Besinnung, um nnser Handeln nach unsrer neuen Lr-
kenntnis der sozialen Pflichten zu gestalten. Vor allem in der Iugend
war schon ein stattliches Heer gewonnen für den Gedanken, so zu leben,
wie man „eigentlich" leben sollte.

Wie nötig eine große innere Kultur für die Zukunft unseres Deutfch-
tnms überhaupt ist, für das weltgeschichtliche Sein oder Mchtsein des
deutschen Volkes, das soll man auch jetzt nicht vergessen, wo das Schwert
Geschichte macht. > „Mit dem deutschen Schwert allein^, sagt Rohrbach,
„werden wir nie ein Weltvolk werden." „Dieser Krieg muß uns als Er-
zieher zu mnem neuen sittlich universalen Kulturgedanken dienen! Wenn
das nicht geschieht, so können wir überhaupt auf die Dauer nicht siegen."
Heut gilt es, alles zu tun, was die gute Hoffnung und die gute Stimmung
beleben kann. Ein wenig Selbstüberhebung und übergroßes Selbstver--
trauen gehört auch zum Kriegführen. Aber darum braucht man noch
nicht ganz den Blick für unangenehme Wirklichkeiten zu verlieren, und so
wagt es hier ein Kriegsteilnehmer zu bezweifeln, daß unsre ganze Iugend
sich alle ihre Ideale rein durch den Krieg hindurchretten wird. Und es
scheint ihm nötig davon zu sprechen, weil die Daheimgebliebenen, die
Menschen, die in Häusern wohnen und in Betten schlafen, gar zu oft eine
gegenteilige Meinung vertreten haben.

Für die Vorkämpfer in dem Ringen um das innere Werden unseres
deutschen Volkes, für die Arbeiter an der Erhöhung deutscher Kultur, die
ohne eine neue sittliche Besinnung nicht möglich ist, für die Soldaten und
vor allem für die Feldherren in diesem stillen Kampf wird es immer wichtig
sein, daß sie über den Kräftebestand ihrer Heerscharen sich ein klares Bild
machen. Die sittlichen Kräfte, die der rauhe Krieg erfordert, sind nicht
alle der gleichen Art, wie die, welche eine Weltkultur bauen können. Der
Krieg hat Tausende auch gelehrt, ernsten Gedanken auszuweichen. Er
hat auch viele das Arbeiten verlernen lassen.

Die große deutsche Kultur aber, die muß als das wichtigste welt-
geschichtliche Ereignis dieses Iahrhunderts kommen. Wir werden zu arbei«
ten haben, wenn wir wieder daheim sind. Und werden arbeiten. Und
werden das etwa Verlorene wieder gewinnen. kM Gin Feldsoldat

Die Toleranz des Jslams

^^^v^ir sind geneigt, die Türken als unsre Verbündeten jetzt im besten
^FHHLichte zu sehn, und so besteht hier gewiß die Gefahr einer über-
triebenen Idealisierung. Diese erstreckt sich auch auf ihre Religion,
den Islam. Teilweise chat man jetzt alles vergessen, was die ernste deutsche
Religionsforschung bis dahin über den Islam festgestellt und gelehrt hat,
und man hat den Islam, der, religionsgeschichtlich geurteilt, dem Christen-
tum gegenüber fraglos eine Zurückbildung ist, dem Lhristentum als fast
oder ganz ebenbürtig an die Seite gestellt. Ein solches Verfahren entspricht
nicht unsrer deutschen Wahrhaftigkeit und Gründlichkeit, und es entspricht
auch nicht unsrer Würde.

Aber anderseits dürfen wir auch das viele Gute, das der Islam als
Religion zeigt, nicht verschweigen. So ist die Stärke und Innigkeit des
monotheistischen Gottesglaubens beim Islam ein sehr hohes religiöses

2^8
 
Annotationen