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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,4.1916

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Heft 20 (2. Juliheft 1916)
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Corbach, Otto: Kriegsanleihen und Kriegssteuern: zum Rückblick
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Nüse, Karl: Gedanken über Massenspeisung, Massenzuteilung, Einheitsfleisch und was damit zusammenhängt
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https://doi.org/10.11588/diglit.14294#0100

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der Kriegsanleihen nur preissteigernd für alles Leihkapital wirken kann.
Trotzdem kommen die Kreise, denen der Krieg soviel Segen gebracht hat
und noch viel mehr zu bringen verspricht, bei der erstmaligen Auflage von
Steuern zur Veckung eines kleinen Teils der Kriegskosten mit einer ein-
maligen Abgabe Äavon. Mag diese einmalige Abgabe, wie Optimisten
annehmen, zwei Milliarden eintragen, das ändert wenig an dem sozialen
Unrecht, daß die einzigen dauernden Abgaben, die das Steuerkompromiß
dem deutschen Volke bringt, indirekte Steuern sind.

Sobald es ans „Zahlen" ging, hörte die „Gemütlichkeit" des Burgfriedens
auf. Für das Zugeständnis einer bescheidenen Reichsvermögenssteuer als
dauernder Abgabe hätte die Sozialdemokratie wahrscheinlich ihr Dogma
von der Verwerflichkeit aller indirekten Steuern preisgegeben; die Haupt-
voraussetzung für ihre positive Mitarbeit an der großen Finanzreform,
die bald nach dem Kriege kommen muß, wäre damit gegeben gewesen. Man
kann sich durch tzeinrich Eunows Schrift über „Praktische Steuerpolitik
oder Steuerdogmatik" davon überzeugen, wie stark jenes Dogma in führen-
den sozialdemokratischen Kreisen schon erschüttert ist. Statt diese Be-
wegung zu fördern, leiteten die „bürgerlichen" Parteien durch das Steuer-
kompromiß den Dogmatikern einer alleinseligmachenden „direkten^ Be-
steuerung wieder Wasser auf ihre Mühlen.

Die wirtschaftspolitischen Wirkungen des Krieges haben einer Ver-
trustung unseres Wirtschaftslebens den allerstärksten Vorschub geleistet,
die neuen Steuern helfen dieser weiter nach, indem sie den Rnternehmungs-
geist niederdrücken und jegliche Aufsaugung kleiner Betriebe durch große
begünstigen.

„Ein großer Sieg", sagt Nietzsche in seiner kurz nach dem siebziger Kriege
entstandenen „Rnzeitgemäßen Betrachtung" über David Strauß, „ist eine
große Gefahr. Die menschliche Natur erträgt ihn schwerer als eine
Niederlage; ja es scheint selbst leichter zu sein, einen solchen Sieg zu er-
ringen als ihn so zu ertragen, daß keine schwerere Niederlage entsteht."
Auf die Wirkungen übertragen, die die bisherigen deutschen Siege im
Weltkriege auf die Daheimgebliebenen ausgeübt haben, klingen jene
Worte nicht übertrieben. Wenn die Besonnenen unter uns aber noch nicht
alle Hoffnung fahren zu lassen brauchen, daß wir auch nach einer sieg-
reichen Beendigung dieses gewaltigen Krieges jener Gefahr entgehen möch-
ten, so berechtigt uns dazu nur die Erwartung, daß der Geist, den unsre
Krieger aus den Schützengräben heimbringen mögen, über die Zustände
tzerr werde, die sich bei uns daheim während des Krieges entwickelt
haben. Otto Corbach

Gedanken über Massenspeisung, Massenzuteilung, Ein-
heitsfleisch und was damit zusammenhängt

s muß verlockend erscheinen, die Ernährungsnöte, unter denen nament-
lich die unbemittelten Schichten in diesen Kriegszeiten leiden, durch
Einrichtung von Massenspeisungen zu erleichtern. Ohne Frage ist
es auch im großen und ganzen wirtschaftlicher, Mahlzeiten für viele Per-
sonen auf einmal zu bereiten, als in unzähligen Einzelhaushaltungen zu
kochen. Nicht ganz leicht wird man der technischen Schwierigkeiten Herr
werden, denn es bedarf umfangreicher Neuanlagen und Einrichtungen,
doch lassen sich diese unter Aufwendung von Zeit und Geld überwinden,
 
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