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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,4.1916

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Heft 20 (2. Juliheft 1916)
DOI Artikel:
Corbach, Otto: Kriegsanleihen und Kriegssteuern: zum Rückblick
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https://doi.org/10.11588/diglit.14294#0097

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Kriegsanleihen und Kriegssteuorn

Zum Nückblick

>^-^^>ar es richtig, einen Teil der Kosten des Krieges noch oor seiner
T^Beendigung aus Reichssteuern zu übernehmen? Die Meinungen
^^^darüber sind geteilt. Auffallend viele würden eine schrankenlose
Schuldenmacherei bis zum Friedensschluß für das Beste halten. Bringt
nicht, sagen sie, der Krieg an und für sich Lasten genug? Sollte man
also das Volk nicht lieber mit neuen Steuerlasten verschonen bis der Friede
da ist und sich wieder normale Verhältnisse eingestellt haben? Einmal bei
der Vorstellung angelangt, daß die Ersüllung der gegenwärtigen Kriegs-
forderungen auf die Zeit nach Friedensschluß verschoben werden könne,
gewöhnt man sich weiter rasch an den Wahn, daß sich solche leicht auf eine
Anzahl kommender Generationen verteilen ließen, daß wir unseren Kindern
und Kindeskindern Lasten des Krieges aufbürden dürfen, lange bevor sie
überhaupt geboren sind. In Wirklichkeit kann der Krieg nur unterhalten
werden von dem, was uns von unsern Vätern überkommen ist, und von
dem, was wir selbst hervorgebracht haben und hervorbringen. Solange es
möglich ist, Daheimgebliebene und Krieger, sei es aus aufgespeicherten
Vorräten, sei es aus den Ergebnissen gegenwärtiger Arbeit, mit allem zu
versorgen, was sie notwendig brauchen, nur so lange ist es möglich, den
Krieg fortzusetzen. Geld für die erforderlichen Tauschverrichtungen läßt sich
dann immer herbeischaffen oder — machen. Montecuculi täuschte sich,
als er sagte, zum Kriegführen gehöre erstens Geld, zweitens Geld und
drittens Geld. Man überblicke die Kriegsgeschichte und frage sich, ob nicht
immer das beste Geld dem besten Soldaten nachgelaufen ist, nicht umge«
kehrt der -beste Soldat dem besten Gelde. In der Regel waren kriegerische
Völker arme Völker; sobald sie reich wurden, verloren sie ihre kriegerischen
Eigenschaften. Soweit aber Geld zum Kriegführen gehört, muß es ent--
weder da sein oder unverzüglich geschaffen werden. Das Geld der Nach-
fahren kann aus ihrem Zeitalter gar nicht in die Gegenwart herübergeholt
werden.

Die unmittelbaren Wirkungen des Krieges werden durch Kriegsanleihen
nicht gemildert, im Gegenteil verschlimmert. Sie ändern nichts daran, daß
das, was an Arbeitskräften für Kriegsdienste aufgewendet wird, für die
Befriedigung gewöhnlicher Bedürfnisse fehlt, daß also infolge eingeschränk-
ter Erzeugung, verringerten Angebots, alle Güter für den notwendigen
Verbrauch knapp und immer knapper, teuer und immer teurer werden. Denn
Millionen Männer, die im Frieden wirksam waren, um Nahrung, Woh-
nung, Kleidung und mehr oder weniger nützliche andere Dinge für die
zu beschaffen, die deren bedürfen, sie verrichten nun allein kriegerische
Zerstörungsarbeit; und das Geld, womit Kriegswaffen und Kriegsdienste
bezahlt werden, fehlt im gewöhnlichen Tauschverkehr, ob es nun durch
Anleihen oder Steuern aufgebracht wird. Ganz abgesehen aber davon,
daß Anleihen nur aufgeschobene Steuern bedeuten, daß der Staat sich
durch sie das ersorderliche Geld von denen leiht, denen er es in Form von
Steuern nicht abnehmen mag, wollen sie auch noch verzinst sein, und zwar
so hoch wie möglich. Dazu müssen der Allgemeinheit weitere Geldmittel
entzogen werden, die zwar den Anleihezeichnern und damit bestimmten
Volkskreisen wieder zugeführt werden, aber — als arbeitslose Rente, in
einer dem Wirtschaftsorganismus am wenigsten zuträglichen Form. Mäßige


 
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