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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,4.1916

DOI Heft:
Heft 21 ( 1. Augustheft 1916)
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Bücher der Zeit, 9: über Österreich-Ungarn
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https://doi.org/10.11588/diglit.14294#0141

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Bücher der Zeit 9

Über Österreich-Llngarn

äher als rrgendeine andre Großmacht steht dem Deutschen Reich

die Donaumonarchie. Durch Iahrhunderte war ihre Geschichte zu-

^ ^gleich die Geschichte des Dentschen Reiches; noch nach der Auf-
lösung der ersten Nationalversammlung in der Paulskirche konnte der
Vorschlag ernstlich erörtert werden, die Monarchie solle mit all ihren
Bestandteilen, auch den ungarischen, serbischen und italienischen, in den
Deutschen Bund aufgenommen werden. Erst seit s866 hat sich nnter den
Reichsdentschen jene Leilnahmelosigkeit für Osterreich und jene Unkennt-
nis ihrer Verhältnisse entwickelt, die heute so viel beklagt werden. Sie
mnß sich in Teilnahme der Gebildeten an Österreich-Ungarn verwandeln,
wenn „Mitteleuropa" sich außer auf Verträgen nnd politischen Interessen-
gemeinschaften anch auf einem inneren Zusammenleben der Völker auf-
bauen soll. Da wir aber eine gemeinsame Geschichte mit Österreich-Ungarn
haben, die zahllose Anregnngen zu solch innerer Annäherung enthält, da
Österreich-Itngarn überdies einer der Staaten mit stärkster Tradition und
mit seit Iahrzehnten, ja Iahrhunderten ähnlichen Staatsproblemen ist,
so dürfte sich die Anteilnahme zunächst der Geschichte zuwenden. Und es
mangelt nicht an guten, umfassenderen und knapperen Werken über sie.

Den erwünschten Gesamtüberblick bietet F. M. Mayers mehr als
s500 seitiges, leicht lesbares Buch, das man nicht nur zum Nachschlagen
ständig mit Gewinn benutzen wird, sondern auch zur raschen Orientierung
über die einzelnen Zeitabschnitte. Es hat übrigens nicht nur politischen
Inhalt, sondern geht auch anf die Gesamtkültur ein. Auch F. vonKro-
nes' aus fünf kleinen Bänden bestehende „Osterreichische Geschichte^ sei
genannt, die zum Nachschlagen besonders geeignet ist. Augenblicklich reicht
sie bis Fjq (3 Bde.), wird aber neu bearbeitet. Für die Zeit seit den
Napoleonischen Kriegen wird man des berühmten Kunsthistorikers
A. Springer „Österreichische Geschichte seit dem Wiener Frieden s808—s8V"
noch immer nicht entbehren mögen, obwohl sie pessimistisch gehalten ist und
schon l865 erschien, so daß man sie wohl aus einer Bibliothek oder einem
Antiquariat beziehen muß. Friedjung nennt diesen „unentbehrlichen Weg-
weiser" das „ohne jeden Vergleich beste Werk über die innere Geschichte
Österreichs im Iahrhundert". H. Friedjung selbst hat es in glänzender
Form fortgesetzt mit seinem Bnch „Österreich von i8W bis s860". Hier
ist alles beisammen, was dem Nachgeborenen die Vergangenheit lebendig
macht: die gründlichste Quellenkenntnis, lebhaftes Gefühl für die Bedentung
der großen Lebensfragen eines Staates, Empfänglichkeit für die Wesens-
züge der leitenden Persönlichkeiten, Kraft der Darstellung und Sinn für
geschickte Einteilung des gewaltigen Stoffes. Auch die innere Geschichte,
ja, das ganze Knlturleben wird hier berücksichtigt, die schöne Literatur,
Bauknnst und Musik so gut wie das kirchliche Leben, die finanzielle Ent-
wicklung, die Verwaltungseinrichtung und die Banernablösnng. An dieses
schließt sich Friedjungs zweites großes Werk: „Der Kampf um die Vor-
herrschaft in Deutschland j859 bis s866". Dieselbe Kunst der Darstellung
hier wie dort, dieselbe vollkommene Sachkenntnis; doch wird man die sehr
ausgedehnten kriegsgeschichtlichen Kapitel, die ganz fachschriftartig gehalten
sind, heute ohne wesentlichen Verlust überschlagen dürfen. „Weitaus die
beste Darstellung der inneren Geschichte Österreich-Nngarns seit s3^8^ —
 
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