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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,4.1916

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Heft 19 (1. Juliheft 1916)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14294#0059

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rneln, ist schon bei verschiedenen Ge--
legenheiten gemacht worden, es
wurde auch schon darüber hier im
Kunstwart berichtet, namentlich gls es
sich um eine gemeinsam organisierte
Bekämpfung der Schundliteratur
handelte. Das noch immer nicht ganz
erloschene Vertrauen auf den Geist
von lM veranlaßte zu einem neuen
Unternehmen dieser Art, und er--
sreulicherweise ist es schon in den
ersten Anfängen weiter gediehen, als
alle früheren. Bei einer in Iena
abgehaltenen Zusammenkunft, bei
der alle mehr als örtlichen Volks--
bildungsvereinigungen Deutschlands
und Deutschösterreichs vertreten wa-
ren, wurden stillschweigend und ohne
nähere Erörterungen gemeinsame
Aufgaben anerkannt. Freilich hü--
tete man sich auch recht diplomatisch
vor allen tiefergreifenden Ausein--
andersetzungen, wieweit dieses
Gemeinsame sich erstrecke; damit
blieb auch die Frage offen, welches
die nächsten praktischen Auf--
gaben der geplanten Vertretung
sein sollten. Ohne Bedenken einigte
man sich nur auf die gemeinsame
Bearbeitung rein technischer Fra--
gen in einer Zeitschrift, auf Ta--
gungen usw. Gewiß würde es nicht
unfruchtbar sein, wenn über Fra-
gen wie zweckmäßiger Bücherein-
kauf oder die Technik der Bücherei
(für die es übrigens schon zentrale
Auskunftsstellen gibt) oder Vor-
Lragsordnungen fachliche Erfahrun-
gen ausgetauscht würden. Aber
schon bei einigermaßen gründlicher
Behandlung „rein technischer" Fra-
gen würde es sich bald zeigen, daß
sie zu Fragen nach den Grundlagen
der Volksbildungsarbeit weiterleiten.

So deuten alle methodischen
Probleme immer wieder nach einer
Hauptfrage hin: ob man das we-
sentliche Ziel in der Bearbeitung
möglichst großer Massen bei gerin-
geren Ansprüchen oder kleinerer
Kreise bei mehr persönlicher Füh-

lung sieht. Alle Bücherei- und
Vortragstechnik scheidet sich nach
diesen beiden Gegensätzen oder sucht
eine Vermittlung zwischen beiden.

Aber das rein „Technische" hin-
aus muß man, wenn man nicht
bei papierenen Satzungsspielereien
stehen bleiben will, auch dem gegen-
seitigen Sich-Kennenlernen
in den tieferen Grundlagen
zustreben. Kann man jenen Ge«
meinsamkeitswillen, der nötig ist, um
dabei auftauchende Gegensätze sach-
lich-nachbarlich zu erfassen und dar-
zustellen, nicht schlechthin aus der
inneren Gewißheit beziehn, daß wir
alle. ob rechts, links oder im Zen-
trum, schließlich doch einem Volke
angehören?

Könnte man nicht wenigstens vor-
läufig einmal, da die praktischen
Aufgaben, die im ganzen Volke ge-
stellt sind, gesammelte Kräfte for-
dern, irgendwo abstecken, wo gemein-
same Arbeit am meisten nottut?
Könnte sich nicht alle „freie"
Volksbildungsarbeit wenigstens aus
einen gemeinsamen Gegner eini-
gen? Er ist im Nur-Geschäft-
lichen doch klar genug zu erkennen.

Alle Volksbildungsarbeit dieser
Art will dem Manchestertum auf
dem Gebiete des Bildungslebens,
der Willkür, dem Ehaos der Bil-
dungseinflüsse, dem hemmungslosen
Laissez faire — laissez aller im Ver-
kehr mit geistigen Gütern entgegen-
arbeiten. Wenn nun auch über die
Merkmale, nach denen die Sichtung
und Auswahl der übermittelten gei-
stigen Güter zu erfolgen häbe, im
deutschen Volke entgegengesetzte
Meinungen walten: sie alle wer-
den doch desto besser zur Geltung
kommen können, wenn die Un-
sachlichkeit rein privatwirtschaft-
licher Einflüsse auf das Bildungs-
leben zurückgedrängt wird, wenn es
leichter gemacht wird, geistige Werte
durchzusetzen gegen geschäftlich bes-
ser gestützte, einträglichere Mcht-
 
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