anempfundenen Gefühlchen unklar erfassen. Und macht gar aus der Geld-
sammelei einen Sport! Damit aber verderbt ihr ihnen im zartesten Keim
das echte Gefühl des Wohltuns. Ihr zerdrückt das Verständnis für eine
tiefe, mehr als sittliche Verpflichtung, noch ehe es sich entfalten konnte.
So werden aus den Kindern einst Macher statt Menschen. Und mit all
euren „guten Taten", mit denen ihr wunder was zu tun meint, ladet ihr
nur neue Schuld aus euch. /Wahrlich, es ist ein geringerer Schade, daß
Menschen leiblich darben, als daß das Beste in einer jungen Menschen-
seele ertötet wird. Wo ist in unsern Schulen der große Erzieher, der in
heiligem Zorn die Krämer aus dem Tempel der Iugend jagt?
Nein, wir dürsen uns bei unsern Geldsammlungen zur Linderung von
allerlei Nöten nicht auf Wohltun und Wohltätigkeit berufen. Wir wollen
ehrlich sein und sagen: es handelt sich um nichts andres als um ein Werk
der Gerechtigkeit. Der im Dienst für die Gemeinschaft Verwundete hat
ein Recht an die Gemeinschaft, gepflegt und geheilt zu werden. Der un-
schuldig Darbende hat ein Recht darauf, daß ihm geholfen werde. Auf
Wohltun aber gibt es kein „Recht", das ist ein freier Dienst der Seelen.
Wo es Verwundete zu heilen, Darbende zu befriedigen gibt, liegt eine
klare, nüchterne Aufgabe für die Gemeinschaft vor. Hier stehn wir auf
sachlichem Boden, wir haben ganz einfach zu fragen: wie wird eine
solche Aufgabe am zweckmäßigsten gelöst? Die Antwort scheint sofort
klar: selbstverständlich durch die Organe der Gemeinschaft, durch Staat
und Gemeinde!
Diese freilich erfüllen zum großen Teil derartige Aufgaben nicht. Das
hat seine geschichtlichen Gründe. Die Auffassung der Staaten als Organe
der Gemeinschaft ist verhältnismäßig jung. Erst seit dem achtzehnten Iahr-
hundert übernahmen sie eine soziale Tätigkeit nach der andern. Viele von
diesen Aufgaben blieben noch heimatlos. Einige löste die ältere Organi-
sation der Kirche mehr oder minder vollkommen, für andre öildeten sich
allerlei private Hilfsvereinigungen, je nachdem, wie drängend gerade eine
besondere Not ins allgemeine Bewußtsein trat. Aber immer lebendiger
wurde das Gefühl: eigentlich handelt es sich um Staatsaufgaben. Und
zwar je mehr, je gewaltiger in unserm Millionenvolk solche Nöte aufwuchsen,
je weniger sie durch private Hilfe gelöst werden konnten. Es ergibt sich
ganz von selbst, daß allgemeine und dringende soziale Nöte als Aufgaben
der staatlichen Organisation erscheinen, denn Massennot bedroht den Be-
stand des Staates, ihre Beseitigung durch staatliche Eingriffe wird also
zu einer Lebensfrage des Staates selbst.
Während des gegenwärtigen Krieges sind wieder derartige allgemeine
Nöte herangewachsen. Zunächst all die Aufgaben des Roten Kreuzes.
Bei so millionenfacher Not in tausend Lazaretten erscheint es selbstverständ-
lich, daß sie nicht durch die beschränkten Kräfte privater Hilfe befriedigt
werden kann. Ebenso die Aufgabe, für die Hinterbliebenen zu sorgen,
und Ahnliches. Die Masse der Not einerseits und die Verfeinerung des
staatlichen Apparates anderseits machen es von selbst einleuchtend, daß hier
aus Gründen der Zweckmäßigkeit die private Fürsorge durch die staatliche
ersetzt werden muß. Damit würden zugleich all die schlechten Mittel ver-
sammelei einen Sport! Damit aber verderbt ihr ihnen im zartesten Keim
das echte Gefühl des Wohltuns. Ihr zerdrückt das Verständnis für eine
tiefe, mehr als sittliche Verpflichtung, noch ehe es sich entfalten konnte.
So werden aus den Kindern einst Macher statt Menschen. Und mit all
euren „guten Taten", mit denen ihr wunder was zu tun meint, ladet ihr
nur neue Schuld aus euch. /Wahrlich, es ist ein geringerer Schade, daß
Menschen leiblich darben, als daß das Beste in einer jungen Menschen-
seele ertötet wird. Wo ist in unsern Schulen der große Erzieher, der in
heiligem Zorn die Krämer aus dem Tempel der Iugend jagt?
Nein, wir dürsen uns bei unsern Geldsammlungen zur Linderung von
allerlei Nöten nicht auf Wohltun und Wohltätigkeit berufen. Wir wollen
ehrlich sein und sagen: es handelt sich um nichts andres als um ein Werk
der Gerechtigkeit. Der im Dienst für die Gemeinschaft Verwundete hat
ein Recht an die Gemeinschaft, gepflegt und geheilt zu werden. Der un-
schuldig Darbende hat ein Recht darauf, daß ihm geholfen werde. Auf
Wohltun aber gibt es kein „Recht", das ist ein freier Dienst der Seelen.
Wo es Verwundete zu heilen, Darbende zu befriedigen gibt, liegt eine
klare, nüchterne Aufgabe für die Gemeinschaft vor. Hier stehn wir auf
sachlichem Boden, wir haben ganz einfach zu fragen: wie wird eine
solche Aufgabe am zweckmäßigsten gelöst? Die Antwort scheint sofort
klar: selbstverständlich durch die Organe der Gemeinschaft, durch Staat
und Gemeinde!
Diese freilich erfüllen zum großen Teil derartige Aufgaben nicht. Das
hat seine geschichtlichen Gründe. Die Auffassung der Staaten als Organe
der Gemeinschaft ist verhältnismäßig jung. Erst seit dem achtzehnten Iahr-
hundert übernahmen sie eine soziale Tätigkeit nach der andern. Viele von
diesen Aufgaben blieben noch heimatlos. Einige löste die ältere Organi-
sation der Kirche mehr oder minder vollkommen, für andre öildeten sich
allerlei private Hilfsvereinigungen, je nachdem, wie drängend gerade eine
besondere Not ins allgemeine Bewußtsein trat. Aber immer lebendiger
wurde das Gefühl: eigentlich handelt es sich um Staatsaufgaben. Und
zwar je mehr, je gewaltiger in unserm Millionenvolk solche Nöte aufwuchsen,
je weniger sie durch private Hilfe gelöst werden konnten. Es ergibt sich
ganz von selbst, daß allgemeine und dringende soziale Nöte als Aufgaben
der staatlichen Organisation erscheinen, denn Massennot bedroht den Be-
stand des Staates, ihre Beseitigung durch staatliche Eingriffe wird also
zu einer Lebensfrage des Staates selbst.
Während des gegenwärtigen Krieges sind wieder derartige allgemeine
Nöte herangewachsen. Zunächst all die Aufgaben des Roten Kreuzes.
Bei so millionenfacher Not in tausend Lazaretten erscheint es selbstverständ-
lich, daß sie nicht durch die beschränkten Kräfte privater Hilfe befriedigt
werden kann. Ebenso die Aufgabe, für die Hinterbliebenen zu sorgen,
und Ahnliches. Die Masse der Not einerseits und die Verfeinerung des
staatlichen Apparates anderseits machen es von selbst einleuchtend, daß hier
aus Gründen der Zweckmäßigkeit die private Fürsorge durch die staatliche
ersetzt werden muß. Damit würden zugleich all die schlechten Mittel ver-