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Badener Lazarett-Zeitung (Nr. 1-58[?]) — Baden-Baden, Juli 1916 - Dezember 1918

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Hefte 31-32, Oktober 1917
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https://doi.org/10.11588/diglit.2827#0185

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Seilsge.

l. Ollolirr 1917.

nndrnlnrrg.

/ ^ ZittN 70. GLbürtstag des GrnLrat-
^ i ^ Fetdmsrschays am 2.' Slrtober.

,.-.BM-.Hel«rich':Schl-oss.- ' ^

) Mit dem Nainen des Feldmarschalls von Hinden--
l ^ burg hat sich das Schicksal des deutschen Volkes
/ . Uud der mit dem Deutschen Reiche - verbündeten
Miltelmächie eng verknüpst. Al» am 22. August
; 1914 den in stiller Zurückgezogenheit in Hannover

lebenden General der Ruf seineZ Königs tras, daß
. er rn dem furchtbaren Rittgen gegen eine seindliche
. Üebermacht'zu einer hohen Kommandostelle äus-
, 'ersehrn sei, wußte. das deutsche Volk noch nichr,

. - daß lhm ein, Retter erstanden war. Aber kaum
- - waren vierzehn Tage dieser Verusung gefolgt, als
schon im Osten eine Wendung der Kriegslage
? bekundete, daß ein überr'agenbes Feldherrntalent
in Hindettburg am Werkesell i'' ,' - -''.

> Die erste.Mafurenschlacht vom. s.chis 12. Sep-
' tember 1914 osfenbarte uns. daß unser Kaiser in
der Wahl Hindenburgs einen überaus. glücklichen
iuI- Griff getän haite. Wir solgen dem ersten, im
Austrag des Generalstabes des Feldheeres heräus-
5 / gegebenen Werke über den Weltkrieg, wentt mir
-. znr Beleuchtung der Gettialität Hindenburgs die
? Tätsache ansührechdaßRemienkampfsArmeedamals
nur 27 Kilometer vom Kampsgelünde enrfernt tvar
, und uns höchft unbequem hälie werden können,
wenn sie wäbrend der Schlacht bei Tannenberg,
etwa nördlich Allenstein, in nnserem Rücken erschietten
' - wäre. Darin aber lag gerade die Großzügigkeit
und überragcnde Gewalt Ver Entschlußkrast Hin-
s, denbnrgs, daß. er Lrotz dieser Gefähr mit voller

>> ,indem er Rennenkampf des Eingreifens -für unfähig
" hielt. Hier äußert sich die Sicherheit, das Selbst-
- u. bewußtsein des wahren Feldherrn.

Hindenburg durchschaute, nachdem am 30.Äugust
/ die -Narewarmee in den Sümpfen bei Neivenburg-
..'.. Ortelsburg geendet hätte, mit klarem Blick die
> . neue Lage. Wie er dann die Njemenarmee in der
'tt berühnrien Zangenlinie att der entscheidenden Stelle
- zwischen Angerburg-Goldäp päckte und Rennenkämpf
' . .so entscheidend schlug, daß wir als das Haupt-
ergebnis ^ dieser schönen Tat die Befreiung Ost-
O'preußens verzeichnen konnten, lebt unverlöschlich
? ' itt nnserer Erinnerung. - . -

Die Schlachten in Polen und Gakizien, der
> glanzvolle Verlaus des rumänischen Feldzuges und
nicht zuletzt. die erstarkende Widerstandskrast gegen
, die gewaltigen Durchbruchsversuche. der Engländer
, und Franzosen im Westen machten Hindenburgs
Taten, die ihtt zunächst zum Oberkominandierenden
' / im Osten und dann zum Ches des Großen Generak-

stabes emporsteigen ließen, mehr und.mehr . zu

einem welthistorischen Geschehen. In der Offensive
wiein'

Anstrengungen der Feinde an atlen Fronten unter
ungeheüren Verlusten der Gegner immer wieder
züschanden werden lassen. Durch die Schaffung
der Siegfriedstellung in der Picardie und durch
eine neuartige Abivehrmethode in üefgestaffelten
Verteidigungsstellungen hat Hindenburgs Strategie
die hartnäckigsten Anstrengungen der Feiüde
bemeistert. .. ' - l--' -.-IOV/O' - O - /

Und dieser Mann, der nun seinen 70. Geburtstag
begehl, ist Lrotz des nngeheuren Vertrauens, das
ihm ganz Deurschland und die mit ihm verbündeten
Völker entgegeirbringen, troß der großen Ehrungen,
die ihm zuteil geworden sind, als Mensch von

emer

des Wesens. .Attgesichts der uttzähligen Beweise
der Bewunderung und des Dankes und der Fülle
der Gedichte ünd Aussätze schrieb er einem Ver-
- träuten: „Mir ist es gleichgültig, was die Menschen
sich von mir sür eine Vorstellnng machen. Wenn
ich nur König und Vaterland etwas nützen kann".

.Aus anderen Aeußernngen des Feldherrn er-
t kennen wir, datz der siebzigjährige Recke, von dessen
Vatfähren mancher fiir seinen König ehrenvoll
^gesochten hatte, die Welt nicht ypr als kriegerisches

Schachbrett anschaut. Wir wifsen von Napoleon l-,
daß er nichi nur ein Feldherrngettie ersten Nanges
war, sondcrn auch in all dm Fragen, die wir
heute unter dem Begriffe der Volkswirtschaft
zusammenfassen, einen ktaren Biick und eine sichere
Hand bekundete. Es will uns scheinen, als ob
auch Hindenburgs reiche Begabung über das rein
militärische, Gebiet hinausrage. Das sogenannte
Hindenburgprogramm, das die organisatorische
Gestaltung der Münitionsherstellung und der Ver-
pstegung der Munitionsarbeiter auf eine fichere
Grundlage stellte, ist uns hiefür ein praktischer
Beleg. Ilnd mehr nöch spricht dafür der Umstand.

daß der Feldmarschall erl'lärte, unsere Grundlage
lasse uns auch die Folgen des scharfen ll-Boot-
krieges überwinden. Das verantwortliche Urteil
in dieser Frage hät nicht nur einen klaren Ueber-
blick über die miliiärischen, sondern auch über die
wirtschaftlichm Machtverhältnisse zur unerläßlichen
Vorbedingung.. Die Entwicklung Ver Kriegslage
seit Februar 1917 hat uns bewiesen, daß wir auch
nach dieser Hinsicht Hindenburgs Wort vertrauen
dürfen, wenn er in einer solch entscheidenden Frage
die B^ntwortung nill übernimmt.

Jn c^in dankerfüllten Glückwunsch des deutschen
Volkes zum 70. Geburistag des Feldmarschalles
liegt die Hoffnung; daß es ihm'vergönnt sein möge,
in voller Tatkrast seine große Aufgabe vollendet
zu sehen.

Nus drur

Buchr rines brrühmren Frsnzofen.

Die wahren Ziele des gegenwärtigen
Krieges.

Von dem Wunsche beseelt, alle Argummte zu
vermeiden, welche der Versöhnung hinderlich sein
könnten, möchte ich die Entstehung des Konfliktes
nicht noch eittmal heraufbeschwören, denn es ver-
schärft unnötigerweise die Verbittemng, wenn jede
Partei stch darauf versteift, die Gerechtigkeit ihrer
Beweggründe zu beweisen, -anstatt durch gegensellige
.Konzesstonen eine Lösung zn suchen. Da aber die
Staatsmänner der Entente keinerlei Mäßigung
beobachten und ihre Anslegung därauf abzielt, die
öffentliche Meinung über den Ausbruch des Krieges
irrezuführm, invem sie dmselben späteren Tatsachen
zuschreibm, um dädurch. den Angegriffenen die
Rolle d«s Angreifers zuzuschieben, muß ich meinen
Mllbürgern folgende Fragen vorlegen:

- Ja oder nein! Hat Serbien Oesterreich-Ungarn
dnrch eine revolutionäre Verschwörung, welche im
Attmtät von ^ Serajevo endigte, herausgefordert?

Ja oder nein! mar diese Herausforderung das
Signal, ohne welches es kein Ultimcllum Oesterreich-
Ungarns und kein Einschreiten Deuischlands gege-
ben hätte ?

Ja oder nein! Trat Rußland, England und
leider auch Franlreich auf Seite des Opsers oder
der Mörder ? Jch habe volles Vertrauen zu dem
gesunden Menschenverstande meines Volles und.
ohne die widersprechenden Gründe, die von der
einen oder anderen Seite für die Entstehung des
stlrchtbaren Krieges angeführtwerdm, zudiskutieren,
glaube ich nichts destöweniger die Ursache, sür
welche Europa verblutet, aus dem Wege räumen
zu konnen, weil die Moral des Kampfes von der
wabren Ätatur seines Zielss abhängt. Alle Staats-
politiker und fast die gesamte^Presse der englisch-
französisch-russlschen Allianz stimmten zu Anfang
in der Erklärung überein, daß dieses Ziel darauf
gerichtet sei, die für die Zivilisation und für die
Freiheit der Nachbarvölker gefährlich gewordene
deutsche Militärmacht zu zerstören. Bis gegen
Mitte des. Jahres 1915 hüteten sie sich. andere
Absichten zu enthüllen, und wenn das Studiuin
der widerstreitenden Jntereffen der verbündeten
Staaten und ihrer Gegner auch den offensichtlichen
Verdacht der Gewinnsucht erweckte, so war die-
selbe doch noch von den Manisestationen aus-
geschlöffen. Aber nach und nach zwmig die Not-
wenöigkeii, dic Ausführung ihrer geheinn r ÄbsichlLN
vorzubereiten, die durch dr tt-^-trag gebundenen
Mächte, ihre wahren Absia-ts'- durchblicken zu
laffen; älsdann wnrden sehr bezeichnende Maß-
nahmen getroffen und offizielle, Konferenzen ab-
gehalten, welche ein fast vollständiges Eingeständnis
bedeuteten trotz der verlegenen Dementis und der
entgegengesetzten Erklärungen, welche die Preffe
ausstreute, um die Jllusion der 4taiven nicht vor-
zeitig zu zerstören Jn Wirklichkeit war es nicht
das Werkzeng einer unerträglichen Bsdrückung.und
als Mißbranch einer übermäßigen Mlliiärgewalt,
daß man die deutschen Waffen haßte, sondern
vor alleni als wirksamen Schutz eines ständig
wachsenden Wohlstandes. der durch die Jntelligenz
und den Fleiß der germanischen Raffe zu einer
Ausdehnnngsfähigkeit gelangt war, welche dem
Handelstrieb Englands gesährlich zu werden
drohte.

So absurd der Gedanke ist, ein tätiges und
intelligentes Volk an der Arbell verhindern zu
wollen, so war doch die Verwirklichung des Traumes
insofern möglich, als die Produktion dieses Bolkes
für lange Zeit unterbrochen werden oder seinen
Feinden dienstbar gemacht werden konnle, voraus-
gesetzt, daß es gelingen sollte, seine nlilitärische
Kraft zu zerstören und ihin drückende Verpflicht-
ungen aufzuerlegen, die es in einer Art Sklaverei
sesthielten. Die Verwirklichung dieses Traumes
war und ist noch der brennendste Wunsch Groß-
britanniens, sein offen zu Tage tretendes Kriegsziel,
durch langjährigediplomatischeJntriguen verbreitet,
die fortan der Geschichte angehören. Das von
maßlosem Eigennutz eingegebeneKriegszielEnglands
ist durch den Londoner Vertrag in unwiderleglicher
Weise bestätigt worden.

Recht und Zivilisation sind also nur scheinheilige
Vorwände, mit denen man das Motiv begehrlicher
Eifersucht verschleiert.

Es ist keineswegs die gewissenhaste Allianz
bedrohter Existenzen gegen Raubstaaten, sondern
die gewiffenlose Veremigung neidischer Produzenten
gegen friedliche Arbeiter.

. Es gilt nicht „Platz an der Sonne für alle",
sondern, „hebe dich fort, damll ich an deine Stelle
treten kann". Richt um die Nnabhängigkeit der
Nationen zu sichern. sondern um seine eigene Bör-
herrschast zu erzwingen, führt England Krieg Es
ist mir eine Genugtuung, anzuerkennen, daß Frankreich
dieses haffenswerte Ziel nicht in dem Maße verfolgt
und Lberhaupt nur im Dienste Englands, ja daß
uttser ganzes Proletariat darüber empört sein
würde, wenn ihm dasselbe klar vor Augen stände.
Für Beredsamkeit voreingenommen und durch
 
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