Halte« mrhr. Schreiend mid heulrnd lief alleS
davon, die MLrmer vora». ihrr hingefallenen Kin»
drr nach ihrer Meimmg dem Teufel alS Opfer
zurücklassend. Wncklich. mrin Srscheinen könote im
dunkelsten Afrika keinen größeren Schrecken hervor»
gernfen haben.
Karz entschlofien lirf ich hinter der Horde her
und grisf mir drei, vier Chinesen bei ihren Zöpfm
und schleppte die Heulenden au mein Flugzeug
heran. um ihnen zu zeigen, daß der große Vogek
keinrm waS tätr.
Nach eiuiger Zeit half daS. und alS ich ihnen
sogar einige Seldstücke gab. da meintrn fie, eS
wäre doch wohl auSnahmSwefie mal ein gutrr
Geist angeschwirrt gekommm, und willig halfen fie
mir, daS Flugzeug wieder in horizontale Lage zu
bringeo. AlS die anderen daS merkten, da kamen
fie gleich in solchm Mafim. datz ich mich wuuderte.
Latz die Maschine nicht zerdrückt wurde.
DaS Staunrn der Chinesm! DaS Antastm
und B-fühlm^DaS Schnattern und Lachen!
Nur wer die Chinesm kennt und weitz, wie
kindlich fie sein könnra. kann fich vorstellen, in
wrlch köstlicher Situation ich mich befand.
Umtost von «iner Horde Naturkinder satz ich
quietschfidel in mrinem Führersitz auf mrinem Blrch»
kasten mit den Geheimdokumenten, nebm mir zur
Sicherheit die Mauferpistole, und wartete der Dinge,
die da kommen solltm.
Jeder Bersuch, mich mit den Chinesen zu oer-
ständigm, war auSfichtsloS. Die KerlS grinstm
fröhlich oder lachtm mich einfach au».
AuS dieser ytttrren Lage befreite mich nach
einiger Zeit ein krästigr»: „Oooä mornivA, 8ir!"
und neben mir staod ein Herr, der sich alS Dr.
Morgan von der amerikanischm Mifiion vorstellte.
Nach herzlicher Begrützung und festem HSndedruck
klärte ich Dr. Morgan schtiell über meine Lage
auf und bat ihn, besonderS da er flietzend Chine«
fifch sprach, um seine Hilfe.
Jch merkte bald. datz pch mich in gutem und
ficherrm Schutz befand.
Mein riesiger chinestscher Patz, den ich auS
Tfingtau mitbrkommm hatte, wurde sofort zum
Mandarin geschickt: nach einer Stunde kam ein
Trupp oon »ierzig Soldatm auS der nur zrhn
Minuten entfernt gelegmen Kaserne und wurde zur
Bewachung um mein Flugzeug aufgestellt.
Jetzt nahm ich dke Einladung Dr. MorganS
zmo Frühstück grrn av, und mit allen Sachen,
die oicht nirt- und nagelfrst waren, zog ich mit
ihm zur Miffion.
Jch wurde hier aufS reizendste aufgenommm
uud lernte Frau Morgao, ferner Frau R'ce. die
Sattin deS amrrikanischen MifiionarS, und einm
Herrn G. kmnm, die sich alle auf daS liebenS-
würdigste um mich bemühten.
Jch satz gerade beim Frühstück, alS mir ein
chinefischer Offizier gemeldet wurde, der mir sagte.
datz eine Ehrmwache von einer Kompagnie für
mich oor dem Hause aufgezogen wäre, und datz er
Befehl HStte von seine« Mandarin, sich nach
meinm Wünschm und meinem Wohlbefindrn zu
erkundigm, uad mdlich, datz der Mandarin selbst
in einer halbm Stunde seinen Besuch persönlich
Lei mir abstattm würde.
Jch war erfreut über so viel Aufmerksamkeit.
BereitS nach zrhn Minuten kam wiederum Be-
such, und dieSmal warm eS die Stadtoberhäupter
von Hai-Dschou, die mir ihre Grütze überbringen
«ollten.
Di« Situation war e'mzig. Jch satz inmittm
dieser altm, ehrwürdigeu Chinesm, nachdem vor-
her unmdlich oiele tiefe Berbeugungen unter Ge-
murmel und Gezisch auSgetauscht waren. Die Ua-
terhaltung wurdr bald recht lebhaft. AlS Dol«
. metscher arbrttetr dabei Herr Morgan.
Und nun ging daS Gefrage loS: Woher ich
käme, wi« eS in Tfingtau auSsehe, ob eS wirk-
lich wahr sei, datz ich durch die Lust gekommen,
wie lange ich gebraucht hätte, «nd waS für ein
Zauber eS erwttkt HStte. datz ich fliegen könne.
All die vielm Fragea lietzrn fich kaum beantwor-
tm. und trotzdem der Dolmetscher fich die grötzte
Mühe gab. viel verstandm habm die guten SSHue
deS LandeS drr Mttte nicht.
Siu kleinerTZwischenfall ereiguete fich auch.
Noch währrnd wtt bei der Uaterhaltung fatzen,
wurde der HauSfrau eia Besuch angekündigt, und
vorbei huschtm und trippelten zehn bi» zwölf aller-
liebste kleine Chinefinnen, in prachtvollste, bunt-
seidme HöSchen und SrwLnder gehüllt. Z-vei, drei
dieser Seschöpfchen blieben vor Neugierde und
Schrrckeu an der offenen Tür deS Zimmer», in dem
wtt MSnuer satzm, stehen und guckten mich mtt
offmen MLulchea und grotzm, erstaunten Augen
an. Ein kurzer Zuruf oon Frau Morgan lietz fie
erschrocken auSeiaanderfahren und fortlaufm. Dm
Srund diefeS eigenartigen VerhaltenS erfuhr ich
fpäter. Für eine vornehme Chinefin ist eS ein >
grotzer gesellschaftlicher Fehltrttt, wenn sie durch
ihre Nmgier und durch ihren Anblick einrn männ-
lichen Gast beleidigt!
Die drei Sünderinnm erhttltrn auch eine ernste
Sttafpredigt. Jch mutz sagen, datz ich über diese
Sttte nicht erfreut war, denn gern HLtte ich mir
dttfe allorliebst aufgeputzten DLmchen recht gmau
angesehen.
Meine Wirtin erzählte mtt auch, wie fie von
den Chinrsinnen mit Fragen brstürmt wordrn
wLre. Vor allem wollten diese wissen, waS LaS
heute morgen für ein böser Geist gewesen wLre,
der so schrettnd und brummend ihr« Stadt bedroht
HStte. AlS ihnen gesagt wurde, datz darin ein
Mensch gesefien HStte, dcr auS Tsingtau käme, da
lachtm fir einfach und meinten: nein, wenn sie
auch dumm wären und die Weitzrn fie immer an-
führlen, so dumm wären sie doch nicht, solch einen
Unfinn zu glaubenk
JedenfallS, versicherte mir Frau Morgan,
würden sSmtliche Fehlgeburten. Mitzernten und
FehlschsSge der nSchsten zwei Jahre von den aber-
gläubischen Chinesen dem Erscheinen meineS Flug-
zeugeS zugeschrieben werden, und besonderS die
MedizinmSnner würden die Sache für fich auS-
nutzen.
Mit Gknehmigung der Berlags Ullstein L C». entneh-
men wir die kleine ErzLhlnng dem berühmten Kriegsbuch
„Der Flieger voa Tfingtau", das die Flncht deS Kapitün-
leutnantS Plüschow auS dem belagerten Tstngta«, seine aben-
teuerliche Reise über Ehina, Zapan, Amerika, seine Gefangen-
nahme in Gibraltar und Gefangenschast in England, seine
Flucht au» dem Offiztersgesangenenlager und seiaen Auf-
enthatt ia Londou uud schlietzlich seia Sntkommeu schildert.
(PreiS l Mk.)
Merseeten!
Bon Unteroffizier Richard Krah, Fraakfurt a. M.
ES ist eine fchöne Sttte in unserem Volke. am
Allerseelentage hmauSzuwallen nach dem sttllen
GotteSacker, zu den schlichten Hügeln mit den
weitzen Kreuzm. Dann beleben sich in
den NachmittagSflunden die alten KieSwege, zwischen
dett vertrLumten, finnenden GrSbem wttd eS
lebendig und laut. Die alte Schwarzamsrl. die
schon Jahr und Tag im alten LebenSbauwe nistet,
ist ganz verwundert über die Menschen, die sich
heute einmal um dtt einstigen GrfShrten ihreS
LebenSwegeS kümmern. um dann worgen wieder
im lauten Lärm des WerktagS drm heitz pulfierm-
dm Lebm zu huldigen, Sie ist sehr verwundert
über die kleinen Talglichtlein, die wie arme irrende
Wesen dg zwischen gelberfl Laub und legten Astern
flackern, ein schöneS, tttfeS Symbol deS Menschen-
lebmS srlbst,-- verweht'S und verlöscht'S
nicht auch, wtt diese kleinen, unruhigen Licht-
lein . . . .?
Jch gehe nicht ger« auf den Friedhof. derm ich
lttbe daS Tote nicht, well ich jung biu. Well mir
noch beitz und wlld der Geist deS LebmS und deS
Schaffm« durch die Adern pocht. Aber einmal tm
Jahre da drängt eS auch mich hinauS: am Mer-
seelentagr. Und dttseS Jahr mehr al» jrmal».
- V
BorigeS Jahr habe ich an Allerseelm ein stille»
Gedenke» gehaltm auf einem der grotzen. fchttr
mdlofen, mtt so herbrr Einsamkett ckd wehmüttz«
Trauer dalttgenden Krttgerfrttdhöfe drobm au der
Somwe. Jch weitz nicht, bin ich i« drn Stundm,
in denen ich dem Tode drautzm stündlich inS Auge
gefehen, auch mtt ihm vertrauter gewordm? . . . '
Ueber den Gcäbern lttgt grau der Rovember-
tag. Blatt fLllt um Blatt . . . Droben zieht eine
Schar Wandervögel einer sonnigeren Heimat zu —
Zwischen dm Hüg-la uud auf den Wegen oiel
Menschen . . . Allerseelentag l Der Tag der Toten
. . . Gedmttag derer, die ihre ttdischeHülle abge-
streist. Und i« viettrn KciegSjahr. wieviele find
rS, derm man heute gedeoken mutz . ..? Sinnend
wandle ich an den letzten RuhestStten vorbei . . .
Vor dem geistigen Auge tauchen längst geschaute
und längst vergessen geglaubte Bilde» auf: Holz-
kreuz an Holzkreuz, hier ein zerschossener Helm,
eine Lanze, Säbel und Gewehr . . . E8 find die
RuhestStten unserer grotzen Totm. Wieviele liegm
da drautzen, für die auch rin Mutterauge weint
. . . Derrn Hügel kein frischer Kranz schmückt ...
Und doch waren sie Helden; Heldrn der Pflicht
und der Trme. Drr Grundton der Treue ist die
Liebe, und haben fie nicht den gröhten BeweiS
ihrer Liebe gebracht, indem sie^das gröhte Opfer
brachtm: da» Opfer ihreS Lebens? DeutscheS Volk,
muh nicht heute am Allerseelentage ein besonderS
heitzeS, dankbareS Gedenken hinausgehen zu jenen
stillen GrLbern, auf die der Herbst nun seine letzten
müden BlStter wrht . . .? Mutz unS aber auch
der heutige Tag nicht emster, tiefer machrn? —
Und doch auch freier . . . freier gegenüber den
Nichtigkriten dieseS Lebens? Was find all die
Kleinigkeiten in unserem. Leben, die kleinen Sorgen
und Kümmernisse gegenüber dem grohen, letzten '
eisernrn Muh, das einem jeden gesetzt ift l? Weht
'nicht.am Allerseelentage, da wir unferer Totm
gedenken, eln Hauch deS Ewigrn, Göttlichen zu
uus? . . . .Wie lange noch, wie lange noch',
fingt'S nicht klagend und stagend der Herbstwind
Über den GrSbern . . .? Und die letzten Astern,
blühen sie viellricht nächsteS Jahr auf eiarm snschm
Hügel, drr dich deckt . . .? — Es ist etwaS Wun-
derbares um diese Ew>gkeitSstimmung: groh, tief '
und emst, ein Lechzen des zweifelnden, irrenden, «
suchenden Menschen nach den letzten Fragen unsereS
Seins.-Und mit heißem Herzen sucht er iy
die Natur, mit brennendrm Auge und grübelndem
Verstande in die Mysteriev jener Ewigkeitswelt ein-
zudringen. um dann still und traurig umzukehren
und zu bekennen, datz er nichts wifien kanv. Dann
steigt er herab von den freien Höhen zu den Nie»
derungm der Menschen, ein Suchender zu ^den
Suchenden, und hinter ihm oerklingt eS nur wie
das Lachen rines KoboldeS_glaube .. . glaube
.. . glaube ... I
Glaube. deutsches Bolk, glaube an deine Zu-
kunst! So ruft dir am Allerseelentage der Geist
über den GrSbern deiner Helden auS Heimat und
Feindesland zu. Verstehst du den Sinn dieseS
grohen SterbenS? Sein Zweck ist daS Leben!
Werde nicht schwach, deutscheS Bolk, in letzter
Stundel KSmpfe deinen Kampf durch, wie auch
deine grohen Toten ihn biS zum Ende gekämpft.
Latzt unS nicht umsoast hier ruhen, fern von
Heimat und deutscher Erde! So bittet und fordert
eine gewaltige Stimme, die aus einer andern Welt
kommt. — Verstehe. deutscheS Volk. deinen Aller-
srelentag und daS, waS er dir alS die letzte For-
derung deiner Helden in daS Buch deiner Ge-
schichte schreibt: Sei einigl Verzettrle deine Krast
nicht in Kleinigkeiten und AlltSglichkeiten, sondern
habe in deiner letzten und schwersten Stunde
immer etwa» von dieser tiefen EwigkeitSstimmung
in dtt, die nur um daS Letzte, Grotze fragt und
für dttseS ihre ganze gewaltigr Kraft rinsrtzt.
Denn:
8m deutschen Wesm soll noch einmal
dtt Welt gmesen l
davon, die MLrmer vora». ihrr hingefallenen Kin»
drr nach ihrer Meimmg dem Teufel alS Opfer
zurücklassend. Wncklich. mrin Srscheinen könote im
dunkelsten Afrika keinen größeren Schrecken hervor»
gernfen haben.
Karz entschlofien lirf ich hinter der Horde her
und grisf mir drei, vier Chinesen bei ihren Zöpfm
und schleppte die Heulenden au mein Flugzeug
heran. um ihnen zu zeigen, daß der große Vogek
keinrm waS tätr.
Nach eiuiger Zeit half daS. und alS ich ihnen
sogar einige Seldstücke gab. da meintrn fie, eS
wäre doch wohl auSnahmSwefie mal ein gutrr
Geist angeschwirrt gekommm, und willig halfen fie
mir, daS Flugzeug wieder in horizontale Lage zu
bringeo. AlS die anderen daS merkten, da kamen
fie gleich in solchm Mafim. datz ich mich wuuderte.
Latz die Maschine nicht zerdrückt wurde.
DaS Staunrn der Chinesm! DaS Antastm
und B-fühlm^DaS Schnattern und Lachen!
Nur wer die Chinesm kennt und weitz, wie
kindlich fie sein könnra. kann fich vorstellen, in
wrlch köstlicher Situation ich mich befand.
Umtost von «iner Horde Naturkinder satz ich
quietschfidel in mrinem Führersitz auf mrinem Blrch»
kasten mit den Geheimdokumenten, nebm mir zur
Sicherheit die Mauferpistole, und wartete der Dinge,
die da kommen solltm.
Jeder Bersuch, mich mit den Chinesen zu oer-
ständigm, war auSfichtsloS. Die KerlS grinstm
fröhlich oder lachtm mich einfach au».
AuS dieser ytttrren Lage befreite mich nach
einiger Zeit ein krästigr»: „Oooä mornivA, 8ir!"
und neben mir staod ein Herr, der sich alS Dr.
Morgan von der amerikanischm Mifiion vorstellte.
Nach herzlicher Begrützung und festem HSndedruck
klärte ich Dr. Morgan schtiell über meine Lage
auf und bat ihn, besonderS da er flietzend Chine«
fifch sprach, um seine Hilfe.
Jch merkte bald. datz pch mich in gutem und
ficherrm Schutz befand.
Mein riesiger chinestscher Patz, den ich auS
Tfingtau mitbrkommm hatte, wurde sofort zum
Mandarin geschickt: nach einer Stunde kam ein
Trupp oon »ierzig Soldatm auS der nur zrhn
Minuten entfernt gelegmen Kaserne und wurde zur
Bewachung um mein Flugzeug aufgestellt.
Jetzt nahm ich dke Einladung Dr. MorganS
zmo Frühstück grrn av, und mit allen Sachen,
die oicht nirt- und nagelfrst waren, zog ich mit
ihm zur Miffion.
Jch wurde hier aufS reizendste aufgenommm
uud lernte Frau Morgao, ferner Frau R'ce. die
Sattin deS amrrikanischen MifiionarS, und einm
Herrn G. kmnm, die sich alle auf daS liebenS-
würdigste um mich bemühten.
Jch satz gerade beim Frühstück, alS mir ein
chinefischer Offizier gemeldet wurde, der mir sagte.
datz eine Ehrmwache von einer Kompagnie für
mich oor dem Hause aufgezogen wäre, und datz er
Befehl HStte von seine« Mandarin, sich nach
meinm Wünschm und meinem Wohlbefindrn zu
erkundigm, uad mdlich, datz der Mandarin selbst
in einer halbm Stunde seinen Besuch persönlich
Lei mir abstattm würde.
Jch war erfreut über so viel Aufmerksamkeit.
BereitS nach zrhn Minuten kam wiederum Be-
such, und dieSmal warm eS die Stadtoberhäupter
von Hai-Dschou, die mir ihre Grütze überbringen
«ollten.
Di« Situation war e'mzig. Jch satz inmittm
dieser altm, ehrwürdigeu Chinesm, nachdem vor-
her unmdlich oiele tiefe Berbeugungen unter Ge-
murmel und Gezisch auSgetauscht waren. Die Ua-
terhaltung wurdr bald recht lebhaft. AlS Dol«
. metscher arbrttetr dabei Herr Morgan.
Und nun ging daS Gefrage loS: Woher ich
käme, wi« eS in Tfingtau auSsehe, ob eS wirk-
lich wahr sei, datz ich durch die Lust gekommen,
wie lange ich gebraucht hätte, «nd waS für ein
Zauber eS erwttkt HStte. datz ich fliegen könne.
All die vielm Fragea lietzrn fich kaum beantwor-
tm. und trotzdem der Dolmetscher fich die grötzte
Mühe gab. viel verstandm habm die guten SSHue
deS LandeS drr Mttte nicht.
Siu kleinerTZwischenfall ereiguete fich auch.
Noch währrnd wtt bei der Uaterhaltung fatzen,
wurde der HauSfrau eia Besuch angekündigt, und
vorbei huschtm und trippelten zehn bi» zwölf aller-
liebste kleine Chinefinnen, in prachtvollste, bunt-
seidme HöSchen und SrwLnder gehüllt. Z-vei, drei
dieser Seschöpfchen blieben vor Neugierde und
Schrrckeu an der offenen Tür deS Zimmer», in dem
wtt MSnuer satzm, stehen und guckten mich mtt
offmen MLulchea und grotzm, erstaunten Augen
an. Ein kurzer Zuruf oon Frau Morgan lietz fie
erschrocken auSeiaanderfahren und fortlaufm. Dm
Srund diefeS eigenartigen VerhaltenS erfuhr ich
fpäter. Für eine vornehme Chinefin ist eS ein >
grotzer gesellschaftlicher Fehltrttt, wenn sie durch
ihre Nmgier und durch ihren Anblick einrn männ-
lichen Gast beleidigt!
Die drei Sünderinnm erhttltrn auch eine ernste
Sttafpredigt. Jch mutz sagen, datz ich über diese
Sttte nicht erfreut war, denn gern HLtte ich mir
dttfe allorliebst aufgeputzten DLmchen recht gmau
angesehen.
Meine Wirtin erzählte mtt auch, wie fie von
den Chinrsinnen mit Fragen brstürmt wordrn
wLre. Vor allem wollten diese wissen, waS LaS
heute morgen für ein böser Geist gewesen wLre,
der so schrettnd und brummend ihr« Stadt bedroht
HStte. AlS ihnen gesagt wurde, datz darin ein
Mensch gesefien HStte, dcr auS Tsingtau käme, da
lachtm fir einfach und meinten: nein, wenn sie
auch dumm wären und die Weitzrn fie immer an-
führlen, so dumm wären sie doch nicht, solch einen
Unfinn zu glaubenk
JedenfallS, versicherte mir Frau Morgan,
würden sSmtliche Fehlgeburten. Mitzernten und
FehlschsSge der nSchsten zwei Jahre von den aber-
gläubischen Chinesen dem Erscheinen meineS Flug-
zeugeS zugeschrieben werden, und besonderS die
MedizinmSnner würden die Sache für fich auS-
nutzen.
Mit Gknehmigung der Berlags Ullstein L C». entneh-
men wir die kleine ErzLhlnng dem berühmten Kriegsbuch
„Der Flieger voa Tfingtau", das die Flncht deS Kapitün-
leutnantS Plüschow auS dem belagerten Tstngta«, seine aben-
teuerliche Reise über Ehina, Zapan, Amerika, seine Gefangen-
nahme in Gibraltar und Gefangenschast in England, seine
Flucht au» dem Offiztersgesangenenlager und seiaen Auf-
enthatt ia Londou uud schlietzlich seia Sntkommeu schildert.
(PreiS l Mk.)
Merseeten!
Bon Unteroffizier Richard Krah, Fraakfurt a. M.
ES ist eine fchöne Sttte in unserem Volke. am
Allerseelentage hmauSzuwallen nach dem sttllen
GotteSacker, zu den schlichten Hügeln mit den
weitzen Kreuzm. Dann beleben sich in
den NachmittagSflunden die alten KieSwege, zwischen
dett vertrLumten, finnenden GrSbem wttd eS
lebendig und laut. Die alte Schwarzamsrl. die
schon Jahr und Tag im alten LebenSbauwe nistet,
ist ganz verwundert über die Menschen, die sich
heute einmal um dtt einstigen GrfShrten ihreS
LebenSwegeS kümmern. um dann worgen wieder
im lauten Lärm des WerktagS drm heitz pulfierm-
dm Lebm zu huldigen, Sie ist sehr verwundert
über die kleinen Talglichtlein, die wie arme irrende
Wesen dg zwischen gelberfl Laub und legten Astern
flackern, ein schöneS, tttfeS Symbol deS Menschen-
lebmS srlbst,-- verweht'S und verlöscht'S
nicht auch, wtt diese kleinen, unruhigen Licht-
lein . . . .?
Jch gehe nicht ger« auf den Friedhof. derm ich
lttbe daS Tote nicht, well ich jung biu. Well mir
noch beitz und wlld der Geist deS LebmS und deS
Schaffm« durch die Adern pocht. Aber einmal tm
Jahre da drängt eS auch mich hinauS: am Mer-
seelentagr. Und dttseS Jahr mehr al» jrmal».
- V
BorigeS Jahr habe ich an Allerseelm ein stille»
Gedenke» gehaltm auf einem der grotzen. fchttr
mdlofen, mtt so herbrr Einsamkett ckd wehmüttz«
Trauer dalttgenden Krttgerfrttdhöfe drobm au der
Somwe. Jch weitz nicht, bin ich i« drn Stundm,
in denen ich dem Tode drautzm stündlich inS Auge
gefehen, auch mtt ihm vertrauter gewordm? . . . '
Ueber den Gcäbern lttgt grau der Rovember-
tag. Blatt fLllt um Blatt . . . Droben zieht eine
Schar Wandervögel einer sonnigeren Heimat zu —
Zwischen dm Hüg-la uud auf den Wegen oiel
Menschen . . . Allerseelentag l Der Tag der Toten
. . . Gedmttag derer, die ihre ttdischeHülle abge-
streist. Und i« viettrn KciegSjahr. wieviele find
rS, derm man heute gedeoken mutz . ..? Sinnend
wandle ich an den letzten RuhestStten vorbei . . .
Vor dem geistigen Auge tauchen längst geschaute
und längst vergessen geglaubte Bilde» auf: Holz-
kreuz an Holzkreuz, hier ein zerschossener Helm,
eine Lanze, Säbel und Gewehr . . . E8 find die
RuhestStten unserer grotzen Totm. Wieviele liegm
da drautzen, für die auch rin Mutterauge weint
. . . Derrn Hügel kein frischer Kranz schmückt ...
Und doch waren sie Helden; Heldrn der Pflicht
und der Trme. Drr Grundton der Treue ist die
Liebe, und haben fie nicht den gröhten BeweiS
ihrer Liebe gebracht, indem sie^das gröhte Opfer
brachtm: da» Opfer ihreS Lebens? DeutscheS Volk,
muh nicht heute am Allerseelentage ein besonderS
heitzeS, dankbareS Gedenken hinausgehen zu jenen
stillen GrLbern, auf die der Herbst nun seine letzten
müden BlStter wrht . . .? Mutz unS aber auch
der heutige Tag nicht emster, tiefer machrn? —
Und doch auch freier . . . freier gegenüber den
Nichtigkriten dieseS Lebens? Was find all die
Kleinigkeiten in unserem. Leben, die kleinen Sorgen
und Kümmernisse gegenüber dem grohen, letzten '
eisernrn Muh, das einem jeden gesetzt ift l? Weht
'nicht.am Allerseelentage, da wir unferer Totm
gedenken, eln Hauch deS Ewigrn, Göttlichen zu
uus? . . . .Wie lange noch, wie lange noch',
fingt'S nicht klagend und stagend der Herbstwind
Über den GrSbern . . .? Und die letzten Astern,
blühen sie viellricht nächsteS Jahr auf eiarm snschm
Hügel, drr dich deckt . . .? — Es ist etwaS Wun-
derbares um diese Ew>gkeitSstimmung: groh, tief '
und emst, ein Lechzen des zweifelnden, irrenden, «
suchenden Menschen nach den letzten Fragen unsereS
Seins.-Und mit heißem Herzen sucht er iy
die Natur, mit brennendrm Auge und grübelndem
Verstande in die Mysteriev jener Ewigkeitswelt ein-
zudringen. um dann still und traurig umzukehren
und zu bekennen, datz er nichts wifien kanv. Dann
steigt er herab von den freien Höhen zu den Nie»
derungm der Menschen, ein Suchender zu ^den
Suchenden, und hinter ihm oerklingt eS nur wie
das Lachen rines KoboldeS_glaube .. . glaube
.. . glaube ... I
Glaube. deutsches Bolk, glaube an deine Zu-
kunst! So ruft dir am Allerseelentage der Geist
über den GrSbern deiner Helden auS Heimat und
Feindesland zu. Verstehst du den Sinn dieseS
grohen SterbenS? Sein Zweck ist daS Leben!
Werde nicht schwach, deutscheS Bolk, in letzter
Stundel KSmpfe deinen Kampf durch, wie auch
deine grohen Toten ihn biS zum Ende gekämpft.
Latzt unS nicht umsoast hier ruhen, fern von
Heimat und deutscher Erde! So bittet und fordert
eine gewaltige Stimme, die aus einer andern Welt
kommt. — Verstehe. deutscheS Volk. deinen Aller-
srelentag und daS, waS er dir alS die letzte For-
derung deiner Helden in daS Buch deiner Ge-
schichte schreibt: Sei einigl Verzettrle deine Krast
nicht in Kleinigkeiten und AlltSglichkeiten, sondern
habe in deiner letzten und schwersten Stunde
immer etwa» von dieser tiefen EwigkeitSstimmung
in dtt, die nur um daS Letzte, Grotze fragt und
für dttseS ihre ganze gewaltigr Kraft rinsrtzt.
Denn:
8m deutschen Wesm soll noch einmal
dtt Welt gmesen l