Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Badener Lazarett-Zeitung (Nr. 1-58[?]) — Baden-Baden, Juli 1916 - Dezember 1918

DOI Kapitel:
Hefte 35-36, Dezember 1917
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.2827#0207

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die MititLrrenLe der Kriegs-
öeschädigten.

Wer irr AuSübrmg eineS MilitSrdienstes, gleitz-
gültig ob im Krieg oder im Frieden oder durch
Lie dem Mlitürdi/ust eigentülylichen Verhältnisse
eine Beschüdigung erleidet (Dienstbeschüdigung), die
seiae SrwerbSfühigkeit in fühlbarec Weise, d. h.
um mindestens 10 Proz. herabsetzt, oder die die
Srw^bsfühigkeit ganz aufhrbt, erhült zum AuS«
gleich eine Rente. Ob Dienstbeschüdigung vorliegt,
darüber entscheidet daS Kriegsministerium endgültig
unter AuSschluß deS RechtSwegs. Die Höhe der
Rente richtet sich auf der eiueu Seite nach der Be-
fchrünkung der Erwerbsfühigkeit, auf der anderen
Seite nach dem militürischen Rasg des Beschü-
digten.

Die Militärinvalidenrente beträzt bei völliger
Erwerbsunfähigkeit. die bei einrr Beeintrüchtigung
um 90 Proz. angenommen wird, für den Ge-
meinen 640 Mk., für drn Unteroffizier 600 Mk.,
für den Sergeanten 720 Mk., für den Feldwebel
ÄOO Mk. Jst die Beschrünkung der ErwerbSfühig-
keit geringer, so ist die Rente entsprechend geringer.

erhült z. B. bei einer Beschränkung der Er-
werbSsähigkeit um 50 Proz. der Gemeine 270 Mk-,
der Unteroffizier 300 Mk., der Sergeant 360 Mk.»
der Feldwebel 450 Mk.

Bei dem Verlust von Gliedmaßen oder wich-
tigen Organen wird außer dieser Rente noch Ver-
stümmelungszulage gewührt, und zwar steht ein
Anspruch auf die Zulagen ju:

1. bei Verlust je «iner tzand, eineS ArmeS,
eineS Fußes. eines Beinxs, bei gänzlichem
Verlust des Gehörs oder der Sprache mo-
natlich 27 Mk. (bei Verlust beider Hände
oder beider Füße also 54 Mk.),

2. bei gänzlichem Verlust deS Augenlichts
54 Mk.

Eine Verstümmelungszulage von monatlich je
25 Mk. kann ferner bewilligt werden, ohne daß
jedoch ein Anspruch darauf besteht:

1. wenn die Störung in der Gebrauchsfähig-
keit von Hand, Arm, Fuß oder Bein so
groß ist, daß ste dem Verluste dieses Glie-
des. gleichkommt,

2. bei Verlust oder Erblindung eineS AugeS,
wenn die Gebrauchsfähigkeit des andern
Augrs ganz erheblich herabgemindert ist,

3. bei dauerndem schweren Siechtum (auch
Geisteskrankheit), wenn fie Pflege und
Wartung nötig machen, je nach Lage des
Falles 27 odrr 64 Mk.

Jeder, der Militärinvalidenrente bezieht, erhält,
wenn seine Erwerbsunfähigkeit oder BeschrSnkung der
Erwerbsfähigkeit Folge einer durch den Krieg ver-
ursachten Dienstbeschädigung ist, eine dauernde
Kriegszulage von monatlich 15 Mk., die auch bei
«iner Besserung der Erwerbsfähigkeit nicht herab-
gesetzt werden kann.

Der Empfänger der Kriegszulage, der mit
vollendetem 65. LebenSjahr ein Einkommen von
weniger als 600 Mk. hat, erhält alS AlterSzulage
«ine Erhöhung seinrr Rente auf 600 Mk Stirbt
«in Rentenempfänger, so erhalten seine Witwe oder
feine Kindxr, im Falle der Bedürftigkeit auch die
von ihm unterstützten Eltern, Großeltern. Ge-
fchwister, Neffen, Nichten, Pflegekindrr, seine Be-
züge für drei Monate in einer Summe im VorauS
auSbezahlt (Gnadenvierteljahr), abgesehen von drr
ihnen gegebenenfallS zustehenden Hinterbliebenen-
rrnte.

Alle VersorgungSgebührniffe unterliegen nicht
Ler gerichtlichen Pfändung.

Wie ist der Rentenanspruch geltend zu
machen?

Der Anspruch ist vor der Entlaffung bei dem
Ersatztruppenteil geltend zu machen. Bei denjenigrn,
die noch im Lazarett find, vermittelt daS Lazarett
de« Antrag. Ein Offizier oder ein Beamter
«immt ein Protokoll «tuf. AlleS writere besorgt


dann der Trsatztruppenteil. Schriftliche Sesuch«
stad überhaupt nur alS AuSnahme zuläsfig. Nach
erfolgter Lntlaffuug ist der Rentenanspruch, fallS
Dienstbeschüdigung in Betracht kommt, ^bei dem
zustündigen BezirkSfeldwebel anzubringen.

Wird dana der Anspruch alS berechtigt a«er-
kanut, so erbält der Autragsteller oon stinem Er-
satztruppxnteil den Bescheid, in deM alle Angabek
enthalten find: Grund und Beginn der Versorgung,
Höhe der Rente, etwaige KriegSzulage und Ver-
stümmelungSzulage, Jahr der Nachprüfung usw.
ES steht auch weiter darin, waS er zu tun hat,
wenn er sttz mtt dem Bescheid nicht begnügen will.

Glaubt der Beschädigte einen Srund zum Sin-
spruch zu haben, so muß er fich, fallS er noch nicht
entlaffen ist, an den Feldwebel seiner Kompagnie
wenden, fallS er fchon entlaffen ist, an den zu-
ständigen Bezirksfeldwebel. Dieser Einspruch kann
«ber nur erhoben werden binnen drei Monaten
nach Zustellung deS Bescheides. Nach Ablauf dieser
Frist könnte der Anspruch auf höhere Rente nicht
mehr .auf dem Klageweg geltend gemacht werden.

Für Anträge, die erst nach der Entlaffung ge-
stellt werden. gilt zum Teil eine zritliche Begren-
zung. Ansprüche auf Grund von KriegSoerwun-
dungen stnd an keine Frist gebunden. Dagegea
müffen Ansprüche aus sonstrgrn ÄriegSdienstbe-
fchädigungen (z. B. ein innereS Leiden) innerhalb
von 10 Jahre» nach FriedenSschluß, Dienstbeschä-
digungen, die ntcht alS KriegSdienpbeschädigungen
zu betrachten find, binnen zwei Jahren nach der
Entlassung geltend gemacht werden. Dir Beschä-
digung muß aber in letzterem Falle vor der Ent»
laffung schon festgestellt fein. Wird die Beschädi-
gung erst nach der Entlaflung bemerkbar, so kann
der Rentenanspruch allerdingS auch fpäter noch
geltend gemacht werden, aber in diesem Falle
innerhalb von drei Mynaten nach Sichtbarwerden
der Dienstbeschädigung. Anträge auf Srhöhung
einer Rente können jederzeit gestellt werden.

Alle Anträge, die nach der Entlaffung gestellt
werden, sind, wenn möglich mündlich, bei dem in
der Heimat zuständigen Bezirksfeldwebrl zu stellen.

Die entscheidenden Behörden sind bei Aaträgen
oor und bei der Entlaffung an-rrster Stelle und
an zweiter Stelle (bei eoentuellem Einspruch) doS
stelloertretende Generalkommando, an dritter Stelle
(bei wiederholtem Einspruch) daS Kriegsministerium,
Rentenabteilung: bei Anfprüchen nach der Ent-
laffung stnd die Jnstanzen Bezirkskommando, stell-
vertretendes Genrralkommando, KriegSministerium.

Die Entscheidung deS KriegsministeriumS ist,
soweit es stch um Feststellung der Dienstbeschüdi-
gung, sowie um Zubilligung von Beträgen handelt,
auf die kein Anspruch besteht, endgültig; fie schließt
den Rechtsweg aus. Zuläsfig ist der Rechtsweg,
wo es stch um die Bestimmung deS GradeS der
Erwerbsunfähigkeit handelt. Hierbei muß aber
der Kläger, fallS er nicht obstegt, die Kosten deS
Gegners (Reichs-MilitärfisfuS) tragen, auch wenn
er im Armenrecht llagt.

Ueber alle Rentenfragen geben die berufenen
amtlichen Stellen Auskunft. LS sind dieS vor der
Entlassung der Offiziei^ oder Beamte drS Ersatz-
truppenteils oder drs LazarettS, nach der Eat-
laffung der Bezirksfeldwebel.

Gin Dorläufer des N Aootes.

Bon Bizefelbwrbel E. Brnder, Frankfurt a. M.

ES dürfte allgemein nur weuig bekannt sein,
daß daS U-Boot einen Vorlüufer gehabt hat, und
daß der Erbauer dieseS BooteS ein Deutfcher,
Wilhelm Bauer, war, der 1822 -ir Dilldigen
geboren wurde. .

SeineS ZeichenS Drechfler, diente er, bei dem
bayrischcn Heere eingetteten, zunächst bei den Chevaux-
legerS, wurd» aber auf Grund seiner technischeu
Beaabung zm Artillerie vrrsetzt und machte alS
Umeroffizier bri dieser Waffe drn Feldzug in SchleS-
wig-Holstein mit. Hier war rS, alL er die Zrr-

/-

fiSrung sah, die die dünischr Flotte ungestrast an
den deutschen Küste« vornahm, daß der Sedanke
in ihm reiste, eine Waffe zu schaffen. die drn KrirgS»
schiffe» wirksam entgrgentrrtm könne. Bauer er-
zühlt, wie ihn diese Jdee Tag und Nacht oerfolgte
und wie fie Gestalt gewaun, alS er an JütlandS
Küste einen Seehund inS Waffer springen sah. Da
war die Form gefunden, die für den Bau seiueS
BooteS gestaltend seiu solltt. Natürlich wurde
Baurr seineS .verrückten GedankenS' halber viel
angefeindet und bespöttelt, waS thn aber uicht von
der AuSführung feineS PlanrS abhielt, und so ent-
stand daS erstt Tauchschiff, daS auf Kosten drr
schleSwig-holsteinischen Armee «nd durch freiwillige
Betträge mit einem Kostenaufwand von 11500 Mk.
erbaut wurde. Da infolge der beschrüntten Geld-
mittel gegeu drn Willen deS ErfiaderS wichttge
Teitt durch eiufachere, weniger kostfpielige erfetzt
werden mußten, verunglückte daS Boot, der »Eee-
teufel' genannt, bei der ersten Fahrt am 1. Feb-
ruar 1851 im Kieler Hasen.

Bauer wandte stch nun vergeblich um Untrr-
stützung zum weitekrn AuSbau seiner Erfindung an
die bayrischr, preutzische und österreichische Regierung.
Ueberall wurde er abschlägig beschieden. Jn England
unterstützte ihn Prinz Albert, der die Großarttgkett
und Tragweite der Erfindung erkannte, aber seine
Bemühungen schetterteu an dem Widerstande ein-
flußreicher Kreise, die fürchteten, ,daß die Sub-
marine nicht kontrollierbar sei und darum den
Schmuggel sördern könnte'. Trotzdem fanden fich
einige Leute, die die nötigen Mittel aufbrachten,
dann aber, nachdem ste Bauer daS GeheimniS seiner
Erfindung entlockt hatten, auf eigene Rechnung ein
Boot bauttn, daS indeffen beim ersten Bersuch unter-
giug und mehreren Menschen daS Leben kostete.

Nachdem Bauer rwch in Nordamerika oergeblich
Unterstützung gesucht hatte, wandte er fich schließlich
nach Rußland, und dort wurden ihm zum ersten
Male die Mittel geboten, die eS ihm ermöglichten.
ein Unterseeboot ganz nach feinem Plane zu bauen.

DaS Boot, daS die Form eineS SrehundeS
hatte, war 52 Fuß lang. 12 Fuß 6 Zoll hoch,*)
11 Fuß brett und gcttiz in Eisen auSgeführt. Die
Fortlchvegung geschah mittelSeinerPropellerschraube.
DaS Lriebwerk bestand auS vier Rädern von 7 Fuß
Durchmeffer; eine durchlaufende Achse ooN 3^Zoll
Stärke trug die Treträder und gab die TranSmiflion
der Kraft durch zwei unlösbare Stirnrüder auf
eine zweite Achse, an der fich ei« konischeS Rad be-
fand, um durch dtt vertikatt Uebersetzung die 6 Zoll
über dem eisernen Boden horizontal liegende Schrau»
benkuppelwelle zu drehen.

Um das Schiff zum Tauchen -u bringen. wurden
in drei großen Zylindern biS zu 45 000 Pfund
Waffer eingenommen und daS Tauchen und Senkr«
durch Eianehmen oder AuSpreffen deS WaflerS
durch Pumpen bewerkstelligt. Am Kopf deS BooteS
befand sich zudem eine Art Pulvermine, die 600
biS 1000 Pfund Pulver oder Bomben aufnehmen
koNnte und die zur Sxploston gebracht wurde, wenn
sich daS Boot unter einem feindlichen Schiff befand.

Der Aufeuthalt deS BooteS unter Wafler war
natürlich nur von beschrüntter Zeitdauer, da e» zur
Erneuerung des LufttnhalteS gezwungen war. in
gewiflen Zwischenräumen wieder an dtt Waffer«
oberfläche zu kommen. Die heute in Sebrauch be«
findlichen Sauerstoffapparate kannte man damal»
noch nicht. DaS Boot wurde im Mai 1865 be»
gonnen zu bauen und am 2. Novrmber deSselben
JahreS vollendet.

Jm Mai 1856 begann Bauer seine Untersee-
fahrten und es° lag ihm nun zunüchst ob. feine ih«
zugewiesene Mannschast an die neuen Sindrücke z«
gewöhnen. E8 ist iutereffant zu ttse«, wie dttS
geschah. Nachdem daS Boot durch Einnahme deS
WafferS stnkfähig geworden war, schloffrn fich dtt
Luckr«. Bauer geht zum DttektionSzylinder «ad
läßt nur wettere fünf Pfund Wafler in ihn ein-
dringrn. Da verfchwindet daS Sonaenlicht vo»
den Fenstern der Decke. hie Wogen spülen über fie
hin — oöllig gleichmüßig stnkt daS Sihiff —
sch^SenSbttich mtt offenem Muad« pehen dtt Ma-
ttösen.

») 1 Vkt« -twa 4 Fuß.
 
Annotationen