Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 3.1928
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https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0212
DOI Artikel:
Riezler, Walter: Gespräch vor den Pressabauten
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aus den verschiedensten Lagern: die „Radi-
kalen" tadeln die „gotisierende" Tendenz,
und Werner Hegemann, der Klassizist, hat
mit der ihm eigenen Fixigkeit noch vor der
Eröffnung der „Pressa" in seiner Zeit-
schrift eine sehr scharfe Kritik veröffent-
licht, die sich vor allem gegen die Umman-
telung des konstruktiven Gerüstes mit Back-
steinformen richtet. Ich gebe zu, daß ich
selber während der Ausführung der Bauten
mit einem gewissen Bedauern beobachtete,
wie das schöne, klare Stahlgerüst mit sei-
nen breiten Lichtöffnungen, die so recht
nach unserem Sinne sind, allmählich hinter
der Ummantelung verschwand und wie an
Stelle der zuerst vermuteten breiten Fen-
ster sehr schmale, zwischen dem starken
Relief der Pfeiler fast verschwindende tra-
ten. Es schien mir so, als werde ein echt
zeitgemäßer Baugedanke durch einen ge-
wissen Formalismus, der Halt sucht an den
vertrauten Wirkungen mittelalterlicher
Baukunst, weil er die letzten Konsequenzen
der neuen Bauaufgabe scheut, verdorben.
Und das bedauerte ich um so mehr, als man
doch wirklich sagen muß, daß die Konzep-
tion des Ganzen ein selten glücklicher
Wurf, ein echter „Einfall" ist: handelte es
sich doch darum, die Situation, die durch
die auf dem Gelände stehenden, sehr form-
losen und jeder architektonischen Idee er-
mangelnden Messehallen — so recht ein
hastiger Bau der ersten Nachkriegs jähre! —
heillos verdorben schien, zu retten und da-
mit diesem einzig schönen Platz zu einer
würdigen Form zu verhelfen. Können Sie
kalen" tadeln die „gotisierende" Tendenz,
und Werner Hegemann, der Klassizist, hat
mit der ihm eigenen Fixigkeit noch vor der
Eröffnung der „Pressa" in seiner Zeit-
schrift eine sehr scharfe Kritik veröffent-
licht, die sich vor allem gegen die Umman-
telung des konstruktiven Gerüstes mit Back-
steinformen richtet. Ich gebe zu, daß ich
selber während der Ausführung der Bauten
mit einem gewissen Bedauern beobachtete,
wie das schöne, klare Stahlgerüst mit sei-
nen breiten Lichtöffnungen, die so recht
nach unserem Sinne sind, allmählich hinter
der Ummantelung verschwand und wie an
Stelle der zuerst vermuteten breiten Fen-
ster sehr schmale, zwischen dem starken
Relief der Pfeiler fast verschwindende tra-
ten. Es schien mir so, als werde ein echt
zeitgemäßer Baugedanke durch einen ge-
wissen Formalismus, der Halt sucht an den
vertrauten Wirkungen mittelalterlicher
Baukunst, weil er die letzten Konsequenzen
der neuen Bauaufgabe scheut, verdorben.
Und das bedauerte ich um so mehr, als man
doch wirklich sagen muß, daß die Konzep-
tion des Ganzen ein selten glücklicher
Wurf, ein echter „Einfall" ist: handelte es
sich doch darum, die Situation, die durch
die auf dem Gelände stehenden, sehr form-
losen und jeder architektonischen Idee er-
mangelnden Messehallen — so recht ein
hastiger Bau der ersten Nachkriegs jähre! —
heillos verdorben schien, zu retten und da-
mit diesem einzig schönen Platz zu einer
würdigen Form zu verhelfen. Können Sie