MUSEUMSBAU
(Ehemalige Kürassierkaserne), Hauptbau vom Hof aus
Architekt Baudirektor Abel
auch die Nachbarschaft der gewaltigen
Eisenbrücken die sichtbare Verwendung von
Eisen hätte rechtfertigen können, so kann
man es ebenso gut begreifen, daß man auf
diesem Ufer, wo man allmählich eine
städtebauliche Anlage von größter Macht zu
schaffen beabsichtigt, wieder richtige Bau-
ten, die den alten Bauten über dem Flusse
das Gleichgewicht halten, hinstellen wollte.
Und es war schließlich auch zu begreifen,
daß man an dieser Stelle nun nicht den
Beton, sondern einen etwas vornehmeren
Baustoff wählte. Wäre man aber so weit
gegangen, nun die ganzen Bauten richlig
aufzumauern, dann hätte man mit Becht
von Verschwendung und von der Anwen-
dung veralteter Baumethoden reden können.
Freilich: wenn das Stahlgerüst im Innern
nur zur Ersparnis diente, dann wäre es ein
falsches Spiel und schlimmer noch als die
ehrliche Verschwendung. Die Frage ist nur
die: ob nun das Slahlgerüst als der eigent-
liche Baukern deutlich genug in Erschei-
nung tritt. Hier liegt die Entscheidung.
Und hier nun zu sagen, daß für jeden Be-
schauer, der nur etwas statisches Gefühl be-
sitzt — und das muß man fordern, wenn
man die Berechtigung zum Urleil zugesteht
— der große Turm sich unmittelbar als
Stahlbau, der nur mit Backsteinen umman-
telt ist, zu erkennen gibt. Das Fehlen jeder
Verjüngung nach oben zeigt deutlich ge-
nug, daß hier kein schweres Mauergewicht
lastet, sondern ein Stahlgerüst das Ganze
hält. (Ein Vergleich mit dem Markusturm
in Venedig macht den Unterschied deut-
lich.) Ich gebe zu, daß das Gleiche bei der
Umbauung des Hallenkomplexes nicht eben-
so gelungen ist. Und wenn man hier
bei genauerer Betrachtung und gründliche-
rem Sich-Einfühlen schließlich auch das
Slahlgerüst als den für die ganze Form
wesentlichen Baukern zu empfinden lernt,
so bleibt immer noch eine Frage: warum
denn nun das breite Slützensystem, das das
Erdgeschoß beherrscht und das logischer-
weise für den ganzen Bau maßgebend sein
müßte, im Obergeschoß durch sehr eng ge-
stellte Zwischenpfeiler unterbrochen ist.
Daß diese ebenfalls ummantelten Zwischen-
pfeiler auf den Betonbalken über dem Erd-
geschoß aufstehen, also sozusagen in der
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(Ehemalige Kürassierkaserne), Hauptbau vom Hof aus
Architekt Baudirektor Abel
auch die Nachbarschaft der gewaltigen
Eisenbrücken die sichtbare Verwendung von
Eisen hätte rechtfertigen können, so kann
man es ebenso gut begreifen, daß man auf
diesem Ufer, wo man allmählich eine
städtebauliche Anlage von größter Macht zu
schaffen beabsichtigt, wieder richtige Bau-
ten, die den alten Bauten über dem Flusse
das Gleichgewicht halten, hinstellen wollte.
Und es war schließlich auch zu begreifen,
daß man an dieser Stelle nun nicht den
Beton, sondern einen etwas vornehmeren
Baustoff wählte. Wäre man aber so weit
gegangen, nun die ganzen Bauten richlig
aufzumauern, dann hätte man mit Becht
von Verschwendung und von der Anwen-
dung veralteter Baumethoden reden können.
Freilich: wenn das Stahlgerüst im Innern
nur zur Ersparnis diente, dann wäre es ein
falsches Spiel und schlimmer noch als die
ehrliche Verschwendung. Die Frage ist nur
die: ob nun das Slahlgerüst als der eigent-
liche Baukern deutlich genug in Erschei-
nung tritt. Hier liegt die Entscheidung.
Und hier nun zu sagen, daß für jeden Be-
schauer, der nur etwas statisches Gefühl be-
sitzt — und das muß man fordern, wenn
man die Berechtigung zum Urleil zugesteht
— der große Turm sich unmittelbar als
Stahlbau, der nur mit Backsteinen umman-
telt ist, zu erkennen gibt. Das Fehlen jeder
Verjüngung nach oben zeigt deutlich ge-
nug, daß hier kein schweres Mauergewicht
lastet, sondern ein Stahlgerüst das Ganze
hält. (Ein Vergleich mit dem Markusturm
in Venedig macht den Unterschied deut-
lich.) Ich gebe zu, daß das Gleiche bei der
Umbauung des Hallenkomplexes nicht eben-
so gelungen ist. Und wenn man hier
bei genauerer Betrachtung und gründliche-
rem Sich-Einfühlen schließlich auch das
Slahlgerüst als den für die ganze Form
wesentlichen Baukern zu empfinden lernt,
so bleibt immer noch eine Frage: warum
denn nun das breite Slützensystem, das das
Erdgeschoß beherrscht und das logischer-
weise für den ganzen Bau maßgebend sein
müßte, im Obergeschoß durch sehr eng ge-
stellte Zwischenpfeiler unterbrochen ist.
Daß diese ebenfalls ummantelten Zwischen-
pfeiler auf den Betonbalken über dem Erd-
geschoß aufstehen, also sozusagen in der
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