Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 3.1928
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0218
DOI Artikel:
Riezler, Walter: Gespräch vor den Pressabauten
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0218
Luft schweben, scheint mir dabei weniger
störend zu sein wie das Vorhandensein die-
ser Zwischenpfeiler für sich, schon von dem
System des Stahlgerüstes aus gesehen. Aber
gerade an dieser Stelle nun, die wir als die
schwächste der ganzen Leistung feststellen
zu müssen glauben, treffen wir auf eine
Überlegung des Architekten, die den Fehler
beinahe in einen Vorzug zu verwandeln ver-
mag : infolge der engen Pfeilerstellung sind
die Fenster des Umgangs ganz hoch und
schmal, und da die Pfeiler nach außen
ziemlich stark hervortreten, sieht der den
Gang Durchschreitende nur durch die Fen-
ster, vor denen er gerade steht, hinaus ins
Freie. Der ganze übrige Raum liegt für ihn
in mildem, indirektem Lichte; dadurch ent-
steht eine Raum- und Lichtwirkung von
größtem Reiz, ohne daß doch der wunder-
bare Blick hinaus gehemmt wäre. Und man
vergißt beinahe, daß diese schöne Wirkung
mit etwas künstlichen Mitteln erreicht ist.
A. So sind wir also wenigstens in dem
einen Punkte einig, daß in der Tat nicht
alles an diesen Bauten rein aus dem „Sein"
entwickelt ist. Aber ich muß zugeben, daß
sich ähnliche „formalistische" Verstöße
gegen das Gebot der absoluten Ehrlich-
208
störend zu sein wie das Vorhandensein die-
ser Zwischenpfeiler für sich, schon von dem
System des Stahlgerüstes aus gesehen. Aber
gerade an dieser Stelle nun, die wir als die
schwächste der ganzen Leistung feststellen
zu müssen glauben, treffen wir auf eine
Überlegung des Architekten, die den Fehler
beinahe in einen Vorzug zu verwandeln ver-
mag : infolge der engen Pfeilerstellung sind
die Fenster des Umgangs ganz hoch und
schmal, und da die Pfeiler nach außen
ziemlich stark hervortreten, sieht der den
Gang Durchschreitende nur durch die Fen-
ster, vor denen er gerade steht, hinaus ins
Freie. Der ganze übrige Raum liegt für ihn
in mildem, indirektem Lichte; dadurch ent-
steht eine Raum- und Lichtwirkung von
größtem Reiz, ohne daß doch der wunder-
bare Blick hinaus gehemmt wäre. Und man
vergißt beinahe, daß diese schöne Wirkung
mit etwas künstlichen Mitteln erreicht ist.
A. So sind wir also wenigstens in dem
einen Punkte einig, daß in der Tat nicht
alles an diesen Bauten rein aus dem „Sein"
entwickelt ist. Aber ich muß zugeben, daß
sich ähnliche „formalistische" Verstöße
gegen das Gebot der absoluten Ehrlich-
208