Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 3.1928

DOI article:
Lotz, Wilhelm: Schmuck und Maschine
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0239

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Modeschöpfungen veröffentlicht wurden,
trug es dem damaligen Schriftleiter heftige
Vorwürfe ein, daß auf diesen Bildern Straß-
schmuck und unechte Perlen zu sehen
waren. Geht es nicht dem Geist des Werk-
bundes, dem diese Zeitschrift dienen will,
zuwider, daß wir Doubleschmuck veröffent-
lichen? Hierzu sei gesagt, daß es doch wohl
falsch ist, sich gegen einen Zug der Mode
aufzulehnen, der so stark mit ihrer augen-
blicklichen Einstellung verknüpft ist, wie es
bei der Erscheinung des unechten Schmucks
der Fall ist. Wenn der Indikator zeitlicher
Strömungen, die Mode, so stark ausschlägt
— um das oben erwähnte Bild wieder auf-
zugreifen —, dann steckt irgendeine Kraft
dahinter, Trieb, Wille, Voraussicht. Das ist
eine Erscheinung des wirklichen Lebens, an
der wir nicht vorübergehen dürfen, so
fremd sie uns ist und so sehr sie gegen
unsere traditionellen Begriffe auch geht.

Welche sind die Momente, gegen die sich
hierbei unser Gefühl auflehnt? Material-
imilation, maschinelle und serienmäßige
Herstellung von Gegenständen, deren
Hauptwert bisher die Einmaligkeit war und
die Billigkeit, die eine Folgeerscheinung
der vorn erwähnten Faktoren ist. Zum
ersten ist zu sagen, daß es fast in allen
Zeilen Malerialimitation gab, und zwar an
Schöpfungen, die uns künstlerisch wertvoll
sind, man braucht nur an den Barock zu
erinnern. Vergoldung von Silber war
immer üblich. Heule vernickeln und versil-
bern wir mit Hilfe des elektrischen Stroms
und keinem Menschen wird es einfallen, das
als Imitation anzusprechen. Wir tun es, um
die Oberfläche von Gefäßen und Geräten zu
schützen. Ist Double nur deshalb eine Imi-
tation, weil dort nicht ein handfester Zweck,
sondern das Aussehen die Goldauflage ver-
langt? Ist Kunstseide eine Imitation? Auch

dort ist das Aussehen, der Glanz entschei-
dend. Man wird trotzdem viel gegen den
unechten Schmuck einwenden können und
es soll durchaus nicht Zweck dieser Zeilen
sein, uns ganz mit ihm zu versöhnen und
alle Bedenken zu zerstreuen. Die Zeit wird
die Frage entscheiden.

Anders ist es mit dem Faktor der billigen
rationellen Herstellung. Wenn sie irgendwo
in der Schmuckherstellung am Platz ist,
dann bei dem unechten Schmuck. Man
glaube doch nicht, daß selbst der Juwelen-
schmuck, wenn er auch handwerklich her-
gestellt wird, nur in Einzelslücken gefertigt
wird. Auch hier herrscht, wenn nicht
Serien-, so doch Mehrfertigung. Ähnlich
wie handwerkliches Silber zu allen Zeiten
in Mehrfertigung hergestellt worden ist.
Beim Herrenschmuck, bei Kelten und Man-
schettenknöpfen stört uns die maschinelle
Serienherslellung nicht im geringsten. Gold-
armbänder, Emailschmuck werden ebenso
meist in Serien fabriziert. Man kann sogar
sagen, daß im Gebiet des Goldschmieds die
Maschine eigentlich die Erfüllung eines Be-
strebens des guten Goldschmieds geworden
ist, nämlich der exaktesten Arbeit. Natür-
lich nur des Bestrebens, denn es kann nicht
abgestritten werden, daß handwerkliche
Arbeit, wenn auch ungewollt und unbeab-
sichtigt, besondere Beize der Handarbeit
bewahrt. Aber gute Handwerker wollten
und wollen so exakt es nur möglich ist,
arbeiten. Vor dem Kunstgewerbler hat kein
Handwerker absichtlich malerische Beize
der Handarbeit stehen lassen oder erzeugt.
Man betrachte sich russische Silberetuis
oder Gliederarmbänder!

Nun kann man kaum bestreiten, daß
gerade bei Goldschmiedearbeiten die Hand-
arbeit bessere Qualität, solidere Arbeit er-
zeugen kann als die Maschine. Schallen wir

229
 
Annotationen