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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 3.1928

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Schwab-Felisch, Hildegard: Formen und Form: soziologische Randbemerkungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0251

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kleidet, mit Puder in gleicher Weise hergerichtet, Schon die ühliche „Almengalerie", die sich in die-

slartbereil zum Tennis oder an die Schreib- s-er oder jener Form auf den meisten Gütern er-

maschine gehen. Präpariert und sicher für ihr halten hat, zeigt, wes Geistes Kinder liier wohnen:

Vorhaben, das ist die Losung. Das andere küm- Meisterbilder von Bedeutung hängen gleichwertig

mert weniger: wie das eigene Benehmen auf die neben künstlerisch minderwertigen Porträts —

Umgebung wirke —■ die wesentliche Aufgabe der dafür ist die chronologische Ordnung gewahrt.

Frau von früher, die Formen hatte. Die verfeinerte Lebenshaltung, die das Ergebnis

Es ist unmöglich, daß eine derart veränderte einer mehr oder weniger sorgenfreien Herrenstel-

Grundhallung sich nicht in der Formgebung der lung ist, und die im Einzelfall zu intimer Be-

Dinge ausdrücke. Man vergleiche unter diesem rührung mit dem künstlerischen Genius der Zeit

Gesichtspunkt die Wohnungen von früher und führen kann, opfert doch selbstverständlich den

heute: als bestes Beispiel einer Welt, die von Ge- Gesamteindruck des künstlerisch Vollendeten oder

burts wegen Formen halle, nehme man die Land- auch nur Interessanten der Familientradition,

aristokratie: 'hoch kultiviert in der Art. mitein- einer Geste also.

ander zu leben, begabt mit jenem Instinkt für die Wer ,,Formen" hat, pflegt sich aus der Vielsei-
Grenze. der das sichere Kriterium für Stilgefühl tigkeit seiner Interessen dadurch zu retten, daß
abgibt, lebt diese Aristokratie in „Schlössern", er Sammler irgendwelcher Spezialitäten wird,
deren Konturen Sicherheit vmd Selbstverständlich- Kenner eines Sondergebietes sein, heißt gleich-
keit des Lebensgefühls wiedergeben, in einer zeitig über anerkannten Formensinn verfügen und
Architektur problemloser Behaglichkeit. Die doch im großen ganzen liebenswürdiger Laie blei-
Innencinrichlung gibt auch dem Fremden den ben. Denn nichts lätifl guten Lebensformen mehr
Eindruck der Geborgenheit ; künstlerisch wertvolle zuwider als der Fachdünkcl der offiziellen Auto-
Dinge sind in anspruchsloser Art dem ^ olmzweck ritälen. Zu guten Formen gehört vielmehr ein ge-
unlergeordnel und verraten \ ertraumedt mit wisser Dilettantismus, der je nachdem sich mehr
ästhetischen Forderungen ebenso wie menschliche oder weniger universell gebärdet, im ganzen aber
Kultur, der die menschlichen Bindungen über docli eine Liebhaberei bleibt. Die Folge davon
die Wahrung künstlerischer Formgebung gehl. ist, daß auf den allen Schlössern und in mancher

SCHRANKKOFFER

Fa. Louis Pracht, Breslau

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