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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 3.1928

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Wichert, Fritz: Max Beckmann: und einiges zur Lage der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0354

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STILLEBEN 1927

Max Beckmann

ganz anders schalten mit Häusern, Bäumen,
Fenstern, Türen, Durchblicken, Straßen,
Fußböden und allen Dingen.

Es ist eine erschütternde Praxis, die uns
damit nahegebracht wird. Wie könnte es
aber anders sein nach dem brennenden Er-
leben des Welttumults. Es ist der schwe-
bende Zustand der tiefen und tiefsten Ein-
sicht, die aus den Kriegsschrecken geboren
wurde, die aber auch aus anderen, die Zeit-
wende begleitenden Erscheinungen empor-
steigt: Fliegerei, Babyionisierung, Ver-
kehrswahnsinn, Badio und der ganzen ver-
änderten geistigen Physik.

Schon wegen seines Standpunktes und
des Baumcharakters seines Weltbildes ist
Beckmann der gegenwärtigste Maler. Die

Wende, von der heule alle reden, vollzieht
sich mitten in seinem Werk.

Geladen mit der Dynamik dieser Zeil sind
aber auch noch die Werke der letzten auf
Großartigkeit und Gelöstheit ausgehenden
Epoche, etwa wie das Saturnstilleben, die
Saxophonie, die Loge (Abb. S. 347), der
Ceretelli, die Fische, die Zigeunerin (Abb.
S. 345) und viele andere. Die Enge quält
nicht mehr. Alles ist mächtiger und freier
geworden, voller Lust an der Entfaltung, an
der Kraft, die den größten Umkreis be-
herrscht. Es ist ein neuer Monumentalstil
entstanden. Wird die Architektur ihn er-
kennen und ihm dienen wollen?

Allen, die es sicli zum Beruf gemacht
haben, der Kunst zu helfen und Kunsterleb-

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