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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 3.1928

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Lotz, Wilhelm: Sport
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https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0420

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chen. In der Schule hat man uns erzählt,
wie wichtig die griechischen Wettkämpfe
für die nationale Bindung der griechischen
Stämme waren und welche Bedeutung ihnen
für die körperliche Ertüchtigung des grie-
chischen Volkes beigemessen werden muß.
Auch die griechische Kunst wird als stark
abhängig von dem griechischen Sport be-
zeichnet, ja ihre Schönheit, ihre Naturwahr-
heit und Ebenmäßigkeit vor allem bei nack-
ten menschlichen Körpern wird geradezu
durch die sportliche Betätigung und die
Möglichkeit des Studiums nackter trainierter
Körper erklärt. So äußerlich lassen sich
wohl Erscheinungen der Kunst nicht er-
klären. Die Wandlung von der archaischen
gebundenen Statue zur freibewegten der
griechischen Blütezeit aber hängt ebenso
wie die Kultivierung des griechischen Sports
mit einem tieferen Etwas zusammen, das
beide Erscheinungen geformt hat: nennen
wir es die griechische Lebensanschauung.
Weltanschauung, Lebensgefühl, Sitten,
Kunst, Gestaltung der Geräte und Bauten,
all das ist Ausfluß einer Kraft, die wir nicht
kennen, die teils historisch, teils völkisch
begründet ist.

Mag der Ausgangspunkt der griechischen
Sportbewegung teils im religiösen Kult,
teils im Militärischen liegen, so ist sie zu
einer Sportkultur ausgewachsen, bei der,
gegenüber anderen Sportbewegungen in der
Geschichte, der Zweck in ihr selbst liegt.
Der Sport erscheint im alten Griechenland
ins allgemein Menschliche erhoben. Grie-
chische Jünglinge und Mädchen haben nicht
getanzt, gespielt und ihre Kräfte gemessen,
um schön zu werden oder um schöne Bilder
abzugeben, wie manche moderne Tanz-
schulen. Der wirkliche Tanz ist Gcfühlsaus-
druck des Tänzers und nicht etwa Schau-
stellung, ,,ebensowenig der Gesang (der Vö-
gel) dazu da ist, um zu gefallen oder Ständ-
chen zu bringen" (Kropp: Wandlung der
Form). Der Grieche hatte ein Gefühl für
die vollendete Beherrschung der körper-
lichen Kräfte vom Innern des Menschen
aus. Der vollendete Organismus, das Ord-
nen und Funktionieren-lassen der Kräfte
vom Zentrum aus, das ist gewissermaßen
das Sinnbild für das griechische Lebensbild,
dessen grafischer Ausdruck die griechische
Palmettc und dessen räumlicher Ausdruck
der griechische Tempel ist. Lebendiges

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