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Die Gartenkunst — 11.1909

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Singer, Wolfgang: Die Ausbildung des Gartenkünstlers
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Gerstadt, G.: Hotel- und Wirtschaftsgärten
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https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0014

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10

DIE GARTENKUNST.

XI, 1

den 3—4jährigen ausübenden Tätigkeit all das lernen,
wozu der Empiriker vielleicht ein halbes Menschen-
alter braucht, und dann in einer auf Theorie und
Praxis sich erstreckenden Prüfung soviel Wissen und
Können darlegen, um das Diplom als Gartenarchitekt
zu erringen.
Mir ist bei Entwicklung dieses meines Gedanken-
ganges mehrmals schon entgegengehalten worden, daß
nach Durchführung meines Vorschlages eine Menge
Baukunstbeflissener die Vorlesungen über Gartenkunst
hören würden und so unserem ohnedies überfüllten
Stande eine unnötige und unangenehme Konkurrenz
entstehen müßte: ich glaube diesen Einwand einfach
damit widerlegen zu kön-
nen, daß ich auf den an
sich übergroßen Umfang
des Gebietes der eigent-
lichen Baukunst hinweise,
zu deren Studium die ganze
Hochschulzeit kaum aus-
reicht und daß es uns so-
gar erwünscht sein muß,
wenn die künftigen Archi-
tekten durch Besuch eines
Gartenkunstkollegs sich ein
gewisses Verständnis für
unser Fach und unseren
Stand aneignen. Falls dann
wirklich einmal ein Jünger
des Baufaches an einer Vor-
lesung über Gartenkunst
so viel Gefallen findet, daß
er sich zu ihrem vollen
Studium entschließt, gut!
dann wird der Mann eben
Gartenkünstler, vielleicht
auch d. h. wenn er ein
Wunderknabe ist, Bau-
und Gartenkünstler zu-
gleich. Ganz bestimmt ist
solch ein Zuwachs nicht
zum Nachteil unserer Kunst
und unseres Standes und
sicher fruchtbringender als jener aus manchen der
heutigen Gärtnerlehranstalten, die aus guten Gärtnern
(die' Gründe wurden neulich an der gleichen Stelle
schon entwickelt) mittelmäßige oder auch schlechte
Gartentechniker fabrizieren, worunter sowohl der heute
hoch entwickelte Gartenbau, der einen tüchtigen
Nachwuchs braucht, gleichermaßen wie die Garten-
kunst leiden muß.
Weiter befürchtet man bei Forderung des Abi-
turiums einen Mangel an Kandidaten: es ist natürlich
schwierig in die Zukunft zu schauen, aber die Er-
fahrungen, die in anderen Berufen mit der Einführung
einer erhöhten Vorbildung gemacht wurden, lassen eher
auf einen vermehrten Andrang schließen, denn der
mit voller akademischer Bildung versehene Garten-

künstler wird leichter und rascher als bisher zu einem
befriedigenden und einträglichen Wirkungskreis ge-
langen, nicht erst braucht er sich seine Stellung selbst
zu schaffen, eine Autorität zu erkämpfen: Bildung
macht frei! Deshalb muß es der D. G. f. G. als der
berufensten und angesehensten Standesvertretung ein
nobile officium sein, die Ausbildung der Gartenarchi-
tekten auf der technischen Hochschule ernstlich und
unentwegt zu betreiben; sorge sie rechtzeitig dafür,
daß kommende große Aufgaben auf unserem Gebiete
gut und richtig vorgebildete Gartenarchitekten vor-
finden. Darum ist es dringend nötig, daß der Potsdamer
Beschluß vorerst aufgeschoben und möglichst baldjauf-
gehoben wird. Mögen zu-
nächst die einzelnen Grup-
pen in diesem Sinne wir-
ken und eine nochmalige,
erschöpfende Behandlung
dieser wichtigsten Standes-
frage auf der nächsten
Hauptversammlung vorbe-
reiten ! Hoffentlich führt
eine neue Beratung glück-
lich zu einer Beschlußfas-
sung in meinem Geiste:
quod dei bene vertant!

Hotel- und
Wirtschaftsgärten.
Von
G. Gerstadt, Frankfurt a. M.
Wie Vieles und Man-
nigfaltiges in letzter Zeit
erdacht und geschaffen
wurde, wo es sich um neue
Formen im Hausgarten
handelte, ist aufmerksamen
Lesern dieser Zeitschrift
wohl zur Genüge bekannt.
So sehr sich nun die Versuche gehäuft haben, die
Gestaltung des Hausgartens der einzig richtigen, auf
tektonischen Grundsätzen aufgebauten Richtung zuzu-
führen, so wenig Neues haben wir in jüngster Zeit
über Wirtschaftsgärten zu sehen bekommen, die gewiß
auch einer Fülle von anregenden Gedanken Raum zur
Verwirklichung bieten. Sollte die immer mehr um sich
greifende Anti-Alkoholbewegung die Schuld an der
stiefmütterlichen Behandlung unserer Wirtschaftsgärten
tragen ? Ich will nicht spötteln und nicht die ehrlich
gemeinten Warnungen von Männern wie Ruskin, Morris
oder Tolstoi als Phantastik bezeichnen.
Wirtschaftsgärten werden trotz aller Abstinenzbe-
strebungen bestehen, ja gerade der Kampf gegen den
Alkohol kann nur eine Förderung erfahren, wenn wir


Studie zu einem Wirtschaftsgarten.
Von G. Gerstadt, Frankfurt a. M. Blick B.
 
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