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Die Gartenkunst — 11.1909

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Heicke: 22. Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Studienfahrt nach England
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0153

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XI, 8

DIE GARTENKUNST.

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lernen, nachdem wir wiederholt die Gelegenheit wahrgenommen
haben, die sinnige Art Ihrer Cottage-Gärten zu beobachten.
Ich hoffe, wir werden das Programm mit Ihrer gütigen Unter-
stützung in dieser Hinsicht vervollständigen können.
Als wir dieser Tage durch London gingen, hörte ich einen
Engländer sagen: Eine deutsche Invasion! Gut, ich bin damit
einverstanden. Aber es ist wohl friedlicher Überfall, trotzdem
wir von hier recht viel mitnehmen. Wir nehmen mit nach
Hause die Schönheit Ihres prächtigen Landes — mit unsere
Augen und behalten sie in unseren Herzen und unserer Er-
innerung. Wir werden uns aber auch gern erinnern der
freundlichen Aufnahme, die wir hier gefunden haben. Von
gegenseitigem Wohlwollen und freundschaftlichen Gesinnungen
soll man übrigens nicht sprechen, sondern man soll sie be-
währen. Sie taten Ihr Teil, bitte geben Sie uns Gelegenheit,
das unsrige zu zeigen. Wir hoffen, daß Sie uns in Deutsch-
land besuchen und wir würden uns freuen, wenn Sie so zahl-
reich kämen, daß man sagen könnte: Das ist eine englische
Invasion.
Ich schließe mit dem .Wunsche: Vivat, crescat, floreat
die Royal Horticaltural Society in London.
Meine Damen und Herren! Stimmen Sie nach deutscher
Sitte in den Ruf ein: Die R. H. S. lebe hoch, hoch, hoch.
Weitere Reden wurden von Herrn Harry Veitsch und
Koenemann gehalten; der erstere erbot sich, Führer zu sein
bei der Besichtigung mehrerer Cottage-Gärten, die er angelegt
habe, ein Anerbieten, das gern angenommen wurde.’
Eine Besichtigung des namentlich in seinen regelmäßigen
Teilen hochinteressanten Holland-House-Gardens füllte den
Rest des Tages aus.
Am 8. und 9. Juli ging es mit der Bahn nach Portsmouth
und von da mit dem Dampfer hinüber nach der Insel Wight.
Von Ryde, der Landungsstelle, aus wurde sogleich die Insel
durchquert, um nach Ventnor, dem malerisch am steilen See-
ufer sich aufbauenden Badeort an der Südküste der Insel zu
gelangen. Reizvollere Orte als Ventnor und das benachbarte
Shanklin, das von uns am Nachmittag besucht wurde, lassen
sich kaum denken; Myrten, Fuchsien und ähnliche Sachen ge-
deihen hier malerisch im Freien und bekleiden als Spalier die
Wände der Häuser. Die Wagenfahrt, welche uns am zweiten
Tage nach den an der Westspitze der Insel gelegenen Needles,
spitzzackigen, der jäh abfallenden Küste vorgelagerten und von
der Brandung umspülten Kreidefelsen, brachte, führte durch
reizvolle kleine Ortschaften, deren malerisch mit Stroh gedeckte
und mit Rosen überwucherte Häuschen, umgeben von kleinen
Blumengärten, wohl das Köstlichste waren, was wir auf der
ganzen Reise zu sehen bekamen.
Der Abend des 9. Juli vereinigte nochmals die Teilnehmer
im Tudor Flotel. Am andern Tage begann in kleineren und
größeren Gruppen die Rückreise, die die meisten über Queens-
boroyph und Vlissingen machten. Ein kleiner Teil blieb noch
mehrere Tage in London, um Sehenswürdigkeiten, Museen
u. dergl. sowie einige Privatanlagen und Hausgärten zu be-
sichtigen. Am 14. Juli traten auch diese die Heimfahrt an und
damit hatte die an fesselnden Eindrücken reiche schöne Studien-
fahrt ihr Ende erreicht. Heicke.

Bücherschau.

26. Jahresbericht der Park-Kommission, Minneapolis, Min-
nesota, Verein. St. Welche große Bedeutung manche der
rasch aufblühenden nordamerikanischen Großstädte den öffent-
lichen Gartenanlagen beimessen, zeigt uns in lehrreicher Weise
der jährliche Bericht der Parkkommission von Minneapolis.
Wenn er auch in erster Linie ein Rechenschaftsbericht der
Parkverwaltung für die Bürger jener fernen Mississippistadt

ist und sich mit eigentlichen Gartenkunstfragen fast gar nicht
beschäftigt, so sind doch einige Zahlen auch für uns nicht
ohne Interesse.
Dem Berichte des Präsidenten Jesse E. Northrup, dessen
sympathisches Bildnis dem Bändchen vorangestellt ist, ent-
nehmen wir folgendes: Die Aufgabe der Park-Kommission ist
eine dreifache: Landerwerb, Instandhaltung und Verbesserung.
In Minneapolis ist der Erwerb von Gelände für das die ameri-
kanischen Großstädte charakterisierende weitsichtige JjPark-
system bereits abgeschlossen: 2465 Acres (ca. 5000 preußische
Morgen!) stehen zur Verfügung, davonjsind 1708 Acres Land,
757 A. Wasser. Zur Fertigstellung sind aber noch große
Summen erforderlich. Eine Mühle und der Gondelbetrieb auf
dem Lake Harriet bringen immerhin einen Teil der Unter-
haltungskosten auf. Für die nächsten vier Jahre sind je
50000 Dollars, zusammen also 200000 D. (= ca. 900000 Mk.)
erforderlich. F. E. Northrup betont: „So anziehend unsere
Parks auch sind, sie sind doch erst die Marmorblöcke, die auf
den Meißel des Bildhauers warten, der sie zu ihrer ganzen
Schönheit bringt“; und weiter: „Die Fertigstellung wird uns
das schönste Parksystem unter allen amerikanischen Städten
verschaffen und die Bewunderung der Welt herausfordern.“ —
Für die große Bedeutung der Spielwiesen spricht, daß
in Minneapolis die Parkspielwiesen von 500000 Kindern (je
einmal gerechnet) benutzt wurden und daß der Chikagoer
Südpark, wie der Bericht erwähnt, bereits Millionen von Dollars
für seine Spielwiesen allein ausgegeben hat. —
Auf den Bericht des Präsidenten folgt ein solcher des
Superintendenten Theodore Wirth, des Leiters der Parks
von Minneapolis. Wir entnehmen dieser außerordentlich ge-
wissenhaften Arbeit, daß der der dortigen Gartenverwaltung
für das Jahr 1908 124100 Dollars (= ca. 1060000 Mk.) bewilligt
waren, wovon 123000 D. verbraucht wurden: 78000 D. für
Arbeitslöhne und Gehälter, 45 000 D. für Materialien, Beleuchtung,
Reparaturen etc. Die Durchschnittskosten für ein Acre (ca.
2 Morgen) betrugen 35 Dollars = (ca. 157,50 Mk.).
Interessant und anscheinend recht geschickt gelöst ist die
Umwandlung eines großen Sumpfes in einen'.See. Die Arbeit
wurde mit drei großen Baggermaschinen bewerkstelligt. Plan
des Seegeländes und Abbildungen der Baggermaschinen sind
dem Bericht beigegeben. Die Abbildung eines zementierten
Waldweges zeigt, daß diese radikale Befestigung viel begangener
Promenadenwege grade wegen des Kontrastes mit der freien
Natur von sehr guter ästhetischer Wirkung sein kann. Aber
auch die Reize zufällig getretener Waldpfade wissen die „nüch-
ternen“ Amerikaner zu schätzen, wie die hübsche Uferszene
aus dem Mississippi-Park zeigt, die den Umschlag ziert. —
Der radikalen Wegebefestigung mit Zement entspricht die
radikale Bekämpfung der ja in Amerika während der heißen
Monate besonders lästigen Staubplage durch das Besprengen
mit Öl. 50500 Gallonen (ca. 270000 1) wurden 1908 verbraucht,
die aber nur 1893 Dollars (ca. 8500 Mk.) kosteten, die Gallone
(4x/2 1) zu 33/4 Cents (ca. 17 Pf.). Die Verteilung dieser 270000 1
mittelst Sprengwagen und sonstige Verarbeitung stellten sich
auf 873 Dollars (ca. 3900 Mk.) — Wir erwähnen aus dem sehr
eingehenden und gewissenhaften Bericht auch noch, daß die
Stadtgärtnerei von Minneapolis im vergangenen Jahr ca. 119000
Stück Blütenpflanzen auspflanzte und eine eigene öffentliche
Chrysanthemum-Ausstellung veranstaltete, die von 6000 Per-
sonen besucht wurde. — Wer sich für weitere zum Teil recht
lehrreiche Einzelheiten aus dem Betriebe einer großen Stadt-
gärtenverwaltung im fernen Westen interessiert, möge sich den
Jahresbericht aus der Bibliothek der D. G. f. G. oder direkt
aus Minneapolis schicken lassen. Willy Rosenthal.
Aus House and Garden: Vom letzten Jahrgang (1908) wäre
noch nachzutragen, daß die August-Nummer nichts von be-
sonderem Interesse über Gartenfragen bringt. Auch in dem
Septemberheft kommt der Gartenkünstler nicht auf seine Rech-
nung, denn in dem Artikel „Birmingham and Highbury“ wird
des Gartens nur kurz gedacht. Für Städtebaufragen bedeu-
 
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