162
DIE GARTENKUNST.
XI, 9
machen, so würde ich sie in Zeilen ordnen, wie das
Gegenbeispiel andeutet. Nur wer genau von Norden
oder von Süden aus in die Linie hineinblicken könnte,
würde den Unterschied gewahr werden. Für jeden
anderen Standpunkt verschieben sich die Bäume so,
daß man es nicht merken kann, ob sie nach einer
Richtung geradlinig geordnet sind, oder nichts
Der Landschaftsgärtner kann sich auch in die
Lage versetzt sehen, vorhandene regelmäßige
Pflanzungen umzugestalten, wenn sie nicht in
seinen Plan passen. Hierfür gebe ich ein Musterbei-
spiel : Ganz einfach durch Aushieb läßt sich die Regel-
mäßigkeit einer Pflanzung so durchbrechen, daß man
von den ursprünglichen Linien nichts mehr gewahr
wird. Teilweise Unterpflanzung verbessert dann den
Eindruck noch wesentlich.
Regelmäßige Obstbaumpflanzung und Umgestaltung durch
Aushieb und Unterpflanzung.
Zur Hamburger Stadtparkfrage.
Nachdem schon wiederholt in der „Gartenkunst“ über
den künftigen Hamburger Stadtpark geschrieben worden ist
— vergl. Seite 136 und 224 Jahrgang 1908, Seite 55 und Seite
105, Jahrgang 1909 —, hat diese Frage auch in die Verhand-
lungen der diesjährigen Hauptversammlung der deutschen Ge-
sellschaft für Gartenkunst (Hamburg 25.-28. Juni 1909) hinein-
gespielt und lebhafte und ausgedehnte Erörterungen hervor-
gerufen.
Man beklagte allseitig, daß nach dem unbefriedigenden Er-
gebnis des Wettbewerbs, welcher zur Gewinnung von Ent-
würfen für die künstlerische Gestaltung dieses Parkes ausge-
schrieben war, wieder der Verlegenheitsausweg eingeschlagen
worden zu sein scheint, unter Anlehnung an einen der preis-
gekrönten Entwürfe und unter Benutzung von Anlegungen
und Einzelheiten aus den anderen Wettbewerbsarbeiten einen
für die endgültige Ausführung bestimmten Entwurf zusammen-
zustellen und daß vermutlich mit dieser Arbeit eine Dienst-
stelle der Hamburger Verwaltung betraut sei. Daß bei einem
solchen Verfahren nach keiner Richtung hin eine großzügige
künstlerische Lösung gewährleistet ist, bedarf wohl kaum
eines besonderen Nachweises.
Man richtete an den Vorstand der D. G. f. G. das dringende
Ersuchen, die Sache nicht ihren Gang gehen zu lassen, und
verlangte, er solle durch geeignete Schritte bei der Hamburger
Behörde auf den weiteren Verlauf der Angelegenheit Einfluß
zu gewinnen suchen, um zu verhüen, daß die hier gestellte
große Aufgabe eine unbefriedigende Lösung finde.
Man bedauerte ferner, daß seit Erledigung des Wettbe-
werbes die ganze Angelegenheit und die Art ihrer Behandlung,
obschon weiteste Kreise in und außerhalb Hamburg lebhaftes
Interesse daran nehmen, mit einem geheimnisvollen Schleier
umgeben worden ist, so daß eigentlich niemand etwas Ge-
naueres über den Stand der Sache und die Richtigkeit der
darüber verbreiteten Zeitungsnachrichten zu sagen weiß.
Die Gefahr einer unzulänglichen Lösung dieser bedeutungs-
vollen Aufgabe liegt sehr nahe, denn nach allem, was in Ham-
burg in der neuesten Zeit auf gartenkünstlerischem Gebiete
geschaffen worden ist, gewinnt man nicht den Eindruck, als
ob diejenigen Stellen, welche sich zur Führung auf diesem Ge-
biete berufen fühlen, über einen gut gemeinten Dilettantismus
hinauszukommen imstande, seien. Außerdem scheinen sie noch
stark in den Anschauungen zu stecken, die zu dem Stadtpark-
schematismus geführt haben, der so ziemlich alle in den letzten
Jahrzehnten seit dem Kölner Volksgarten entstandenen Stadt-
parkanlagen beherrscht hat.
Unter solchen Umständen erscheinen die Befürchtungen
nicht unbegründet, daß aus dem großangelegten Hamburger
Stadtparkprojekt im günstigsten Falle nichts anderes wird als
ein landschaftlicher Stadtpark nach bekanntem Typus, unter-
schieden von zahlreichen seinesgleichen durch seinen größeren
Umfang und die ungewöhnlich reichen Mittel zu seiner Er-
stellung. Und das wäre sehr zu beklagen.
Denn erfreulicherweise hat sich infolge der inneren Ein-
kehr, zu der die neuzeitlichen Kunst- und Kulturbestrebungen
jetzt auch auf dem Gebiete des Park- und Gartenwesens Anlaß
gegeben haben, die Erkenntnis Bahn gebrochen, daß die fast
zum Selbstzweck gewordene übliche landschaftliche Form
unserer Gartenanlagen in den wenigsten Fällen den Anforde-
rungen entspricht, die wir heutzutage an die Gebrauchsmöglich-
keit unserer großen Volksgärten stellen müssen.
Im Gegenteil hat diese Form sich nach einer Richtung
hin entwickelt, die es fast ausschließt, daß die breiten Schichten
unserer Großstadtbevölkerung in diesen Anlagen diejenige
Stätte der Erholung finden, wie sie nachgerade ein unabweis-
bares Bedürfnis geworden ist und in den großen Londoner
Parks (Hydepark, Regentspark usw.) in so ausgedehntem
Maße und in mustergültiger Weise vorhanden ist.
Daß unsere „landschaftlichen“ Parkanlagen heute den Be-
dürfnissen einer Großstadtbevölkerung nicht mehr genügen,
daraus braucht durchaus nicht ohne weiteres der Schluß ge-
zogea zu werden, daß das ihr zugrunde liegende Prinzip an sich
ungeeignet sei und daß n u r ein auf architektonischer Grundlage,
das heißt auf regelmäßig gradlinigem Grundriß aufgebauter
Park diesen Bedürfnissen zu genügen vermöge — nein, man
muß sich nur von dem starren Volksgartenschema frei machen
und bei der Projektierung nicht die Schaffung einer stilisierten
Landschaft ins Auge fassen, sondern in erster Linie von der
Bedürfnisfrage ausgehen und dem Bedürfnis entsprechend die
äußere Form gestalten.
Welche Probleme hier zu lösen sind, das haben Prof.
Alfred Lichtwark in seinem Werkchcn über die Hamburger
Stadtparkfrage (— erschienen unter dem Titel „Park- und
Gartenstudien“ bei Bruno Cassirer in Berlin —) und neuerdings
auch der Hamburger Leberecht Migge in der Schrift: der
Hamburger Stadtpark und die Neuzeit (— besprochen in der
Gartenkunst Seite 105 des laufenden Jahrganges —) in treff-
licher und allgemein verständlicher Form gesagt. Wir können
deshalb auf eine eingehende Erörterung dieser Probleme ver-
zichten und beschränken uns darauf, alle die an der Lösung
der Hamburger Stadtparkfrage interessiert oder dafür verant-
wortlich sind, auf diese Schriften hinzuweisen.
Wer sie eingehend studiert und über die in ihnen be-
sprochenen Fragen nachgedacht hat, wird sich über die Be-
deutung, die die Stadtparkfrage nicht nur für Hamburg, sondern
ganz allgemein hat, klar geworden sein, und er wird verstehen,
weshalb man sich weit über die Grenzen Hamburgs hinaus
lebhaft mit der Angelegenheit beschäftigt und ihren Verlauf
mit Aufmerksamkeit verfolgt. Es handelt sich darum: Soll
de r Flamburger Stadtpark eine vom sozialen un d
künstlerischen Standpunkt großzügige Schöpfung
DIE GARTENKUNST.
XI, 9
machen, so würde ich sie in Zeilen ordnen, wie das
Gegenbeispiel andeutet. Nur wer genau von Norden
oder von Süden aus in die Linie hineinblicken könnte,
würde den Unterschied gewahr werden. Für jeden
anderen Standpunkt verschieben sich die Bäume so,
daß man es nicht merken kann, ob sie nach einer
Richtung geradlinig geordnet sind, oder nichts
Der Landschaftsgärtner kann sich auch in die
Lage versetzt sehen, vorhandene regelmäßige
Pflanzungen umzugestalten, wenn sie nicht in
seinen Plan passen. Hierfür gebe ich ein Musterbei-
spiel : Ganz einfach durch Aushieb läßt sich die Regel-
mäßigkeit einer Pflanzung so durchbrechen, daß man
von den ursprünglichen Linien nichts mehr gewahr
wird. Teilweise Unterpflanzung verbessert dann den
Eindruck noch wesentlich.
Regelmäßige Obstbaumpflanzung und Umgestaltung durch
Aushieb und Unterpflanzung.
Zur Hamburger Stadtparkfrage.
Nachdem schon wiederholt in der „Gartenkunst“ über
den künftigen Hamburger Stadtpark geschrieben worden ist
— vergl. Seite 136 und 224 Jahrgang 1908, Seite 55 und Seite
105, Jahrgang 1909 —, hat diese Frage auch in die Verhand-
lungen der diesjährigen Hauptversammlung der deutschen Ge-
sellschaft für Gartenkunst (Hamburg 25.-28. Juni 1909) hinein-
gespielt und lebhafte und ausgedehnte Erörterungen hervor-
gerufen.
Man beklagte allseitig, daß nach dem unbefriedigenden Er-
gebnis des Wettbewerbs, welcher zur Gewinnung von Ent-
würfen für die künstlerische Gestaltung dieses Parkes ausge-
schrieben war, wieder der Verlegenheitsausweg eingeschlagen
worden zu sein scheint, unter Anlehnung an einen der preis-
gekrönten Entwürfe und unter Benutzung von Anlegungen
und Einzelheiten aus den anderen Wettbewerbsarbeiten einen
für die endgültige Ausführung bestimmten Entwurf zusammen-
zustellen und daß vermutlich mit dieser Arbeit eine Dienst-
stelle der Hamburger Verwaltung betraut sei. Daß bei einem
solchen Verfahren nach keiner Richtung hin eine großzügige
künstlerische Lösung gewährleistet ist, bedarf wohl kaum
eines besonderen Nachweises.
Man richtete an den Vorstand der D. G. f. G. das dringende
Ersuchen, die Sache nicht ihren Gang gehen zu lassen, und
verlangte, er solle durch geeignete Schritte bei der Hamburger
Behörde auf den weiteren Verlauf der Angelegenheit Einfluß
zu gewinnen suchen, um zu verhüen, daß die hier gestellte
große Aufgabe eine unbefriedigende Lösung finde.
Man bedauerte ferner, daß seit Erledigung des Wettbe-
werbes die ganze Angelegenheit und die Art ihrer Behandlung,
obschon weiteste Kreise in und außerhalb Hamburg lebhaftes
Interesse daran nehmen, mit einem geheimnisvollen Schleier
umgeben worden ist, so daß eigentlich niemand etwas Ge-
naueres über den Stand der Sache und die Richtigkeit der
darüber verbreiteten Zeitungsnachrichten zu sagen weiß.
Die Gefahr einer unzulänglichen Lösung dieser bedeutungs-
vollen Aufgabe liegt sehr nahe, denn nach allem, was in Ham-
burg in der neuesten Zeit auf gartenkünstlerischem Gebiete
geschaffen worden ist, gewinnt man nicht den Eindruck, als
ob diejenigen Stellen, welche sich zur Führung auf diesem Ge-
biete berufen fühlen, über einen gut gemeinten Dilettantismus
hinauszukommen imstande, seien. Außerdem scheinen sie noch
stark in den Anschauungen zu stecken, die zu dem Stadtpark-
schematismus geführt haben, der so ziemlich alle in den letzten
Jahrzehnten seit dem Kölner Volksgarten entstandenen Stadt-
parkanlagen beherrscht hat.
Unter solchen Umständen erscheinen die Befürchtungen
nicht unbegründet, daß aus dem großangelegten Hamburger
Stadtparkprojekt im günstigsten Falle nichts anderes wird als
ein landschaftlicher Stadtpark nach bekanntem Typus, unter-
schieden von zahlreichen seinesgleichen durch seinen größeren
Umfang und die ungewöhnlich reichen Mittel zu seiner Er-
stellung. Und das wäre sehr zu beklagen.
Denn erfreulicherweise hat sich infolge der inneren Ein-
kehr, zu der die neuzeitlichen Kunst- und Kulturbestrebungen
jetzt auch auf dem Gebiete des Park- und Gartenwesens Anlaß
gegeben haben, die Erkenntnis Bahn gebrochen, daß die fast
zum Selbstzweck gewordene übliche landschaftliche Form
unserer Gartenanlagen in den wenigsten Fällen den Anforde-
rungen entspricht, die wir heutzutage an die Gebrauchsmöglich-
keit unserer großen Volksgärten stellen müssen.
Im Gegenteil hat diese Form sich nach einer Richtung
hin entwickelt, die es fast ausschließt, daß die breiten Schichten
unserer Großstadtbevölkerung in diesen Anlagen diejenige
Stätte der Erholung finden, wie sie nachgerade ein unabweis-
bares Bedürfnis geworden ist und in den großen Londoner
Parks (Hydepark, Regentspark usw.) in so ausgedehntem
Maße und in mustergültiger Weise vorhanden ist.
Daß unsere „landschaftlichen“ Parkanlagen heute den Be-
dürfnissen einer Großstadtbevölkerung nicht mehr genügen,
daraus braucht durchaus nicht ohne weiteres der Schluß ge-
zogea zu werden, daß das ihr zugrunde liegende Prinzip an sich
ungeeignet sei und daß n u r ein auf architektonischer Grundlage,
das heißt auf regelmäßig gradlinigem Grundriß aufgebauter
Park diesen Bedürfnissen zu genügen vermöge — nein, man
muß sich nur von dem starren Volksgartenschema frei machen
und bei der Projektierung nicht die Schaffung einer stilisierten
Landschaft ins Auge fassen, sondern in erster Linie von der
Bedürfnisfrage ausgehen und dem Bedürfnis entsprechend die
äußere Form gestalten.
Welche Probleme hier zu lösen sind, das haben Prof.
Alfred Lichtwark in seinem Werkchcn über die Hamburger
Stadtparkfrage (— erschienen unter dem Titel „Park- und
Gartenstudien“ bei Bruno Cassirer in Berlin —) und neuerdings
auch der Hamburger Leberecht Migge in der Schrift: der
Hamburger Stadtpark und die Neuzeit (— besprochen in der
Gartenkunst Seite 105 des laufenden Jahrganges —) in treff-
licher und allgemein verständlicher Form gesagt. Wir können
deshalb auf eine eingehende Erörterung dieser Probleme ver-
zichten und beschränken uns darauf, alle die an der Lösung
der Hamburger Stadtparkfrage interessiert oder dafür verant-
wortlich sind, auf diese Schriften hinzuweisen.
Wer sie eingehend studiert und über die in ihnen be-
sprochenen Fragen nachgedacht hat, wird sich über die Be-
deutung, die die Stadtparkfrage nicht nur für Hamburg, sondern
ganz allgemein hat, klar geworden sein, und er wird verstehen,
weshalb man sich weit über die Grenzen Hamburgs hinaus
lebhaft mit der Angelegenheit beschäftigt und ihren Verlauf
mit Aufmerksamkeit verfolgt. Es handelt sich darum: Soll
de r Flamburger Stadtpark eine vom sozialen un d
künstlerischen Standpunkt großzügige Schöpfung