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Die Gartenkunst — 11.1909

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Kuphaldt, Georg Friedrich Ferdinand: Die Parkanlagen in Scharowka
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Hoemann, Reinhold: Erinnerungen an die Studienfahrt der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst nach England, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0208

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204

DIE GARTENKUNST.

XI, 12

Kältegrade bis zu 250 R sind im Charkowschen
Gouvernement keine Seltenheit. Den kalten Wintern
stehen die glühendheißen Sommermonate gegenüber, wie
sie durch das kontinentale Klima Rußlands bedingt sind.
Ende März beginnt der Frühling und Ende November
der gleichmäßig kalte Winter.
Es war die Absicht des kunstsinnigen Besitzers
von Scharowka, meines unvergeßlichen Freundes, seinen
Grundbesitz, soweit es die wirtschaftliche Bearbeitung

Aus dem Park von Scharowka.


zuließ, gartenkünstlerisch zu verschönern. Mit seinem
Tode sind leider diese weitausschauenden großzügigen
Ideen zu Grabe getragen, und es ist dadurch ein Mann
dem Leben entrissen, der durch hohe künstlerische
Begabung dazu wie geschaffen war, der ausübenden
Gartenkunst nicht nur in Rußland, sondern auch in
Deutschland (seine große Gartenanlage war in Wies-
baden auf dem Geisberge im Entstehen begriffen)
unschätzbare Dienste zu leisten.

Erinnerungen an die Studienfahrt der Deutschen
Gesellschaft für Gartenkunst nach England.
Von R. Hoemann, Düsseldorf.

Mit Abbildungen nach Aufnahmen von Heicke, Frankfurt a. M.
II.
Kaum graute der nächste Tag (es war 4 Uhr
morgens) als wir (d. h. diesmal nur ein kleiner Teil
der Gesellschaft) schon wieder auf den Beinen waren.

Es galt dem Besuch von Covent-Garden-Market. Der
Covent-Garden-Market ist der größte und bedeutendste
Gemüse-, Obst- und Blumenmarkt Londons; in großen
Markthallen und dazwischen liegenden offenen Höfen
spielt er sich ab. Es ist erstaunlich, welch riesige
Quantitäten gärtnerischer Produkte aller Art hier umge-
schlagen werden, und es ist bewundernswert, zu sehen,
in welch geradezu raffinierter Art hier alles sortiert,
gepackt und aufgestapelt ist. Ohne diese raffinierte
Art der Stapelung und ohne diese mustergültige Ord-
nung wäre es wohl ein Unding, solche Massen auf so
verhältnismäßig geringem Raum rasch und sicher um-
zuschlagen.
Am meisten interessierten uns natürlich die
Blumenhallen, die ein ungemein farbenprächtiges Bild
boten. Es war auch durchweg gute Qualität, was hier-
in so großer Quantität geboten wurde, und man er-
kennt dort ohne weiteres, daß in London viel Blumen-
liebhaberei herrschen muß. Margueriten, Crassula,
Hydrangeen, Hortensien, Heliotrop, Topfrosen aller
Art, auch hochstämmige, Gloxinien, Geranien, Fuchsien,
Glockenblumen, Lilien, Centaureen, kurzum alles, was
an Topfpflanzen im Juli blüht, war hier zu finden,
ebenso die prächtigsten Blattpflanzen, Am buntesten
und farbigsten wirkten die Stände, auf welchen die
Schnittblumen feilgeboten wurden. In sauberen, weißen
Kartons oder in großen Bündeln lagen da Gladiolen,
Iris verschiedener Art, prächtige Nelken neben zart-
farbigen Japanpäonien, vor allem Wicken (Sweet-Peas),
diese Lieblingsblume der Engländer in den zartesten
Farbennuancen, dann Kornblumen, Shirley-Mohn,
Alpenaster, Rittersporn, Glockenblumen, Gaillardien
und für reichere Geldbörsen die kalte Pracht der
Orchideen, kurzum alles, was Warm- und Kalthaus,
Staudenrabatte und Sommerbeet nur aufweist an Blu-
men und Blüten, hier war alles vertreten. Wenn man
sich dann erinnert, wie jeder Tisch im Hotel mit
Blumen geschmückt war, wenn man hineinblickend in
das Haus des Bürgers fast überall Blumenschmuck ge-
wahrt, dann wird einem der riesige Umsatz verständ-
lich. Man sah aber auch in dieser Markthalle, daß
nicht nur der reiche Mann Bedarf an Blumen hat, es
war auch für die Bedürfnisse des armen Mannes ge-
sorgt. Billige Jungpflanzen, z. B. Kapuzinerkressen
zur Fensterdekoration etc. waren tausendweise vor-
handen und für wenige Penny zu erstehen. Dies
Marktleben war wirklich in hohem Grade sehenswert
und für den Handelsgärtner sicherlich auch sehr
lehrreich.
Später nach dem Frühstück durchfuhren wir die
Stadt. Was wir auf dieser interessanten Rundfahrt
sahen, gehört nicht in den Rahmen dieser Beschreibung,
nur ganz kurz will ich einiges speziell Gärtnerisches
streifen. In dem dichten Häusermeer freute man
sich ja stets, wenn freundliches Grün einem entgegen-
leuchtete. War es nicht ein öffentlicher Park oder
ein Square, so war es oft das Grün eines alten Fried-
hofes, wie er heute noch häufig die vielen Kirchen der
 
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