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DIE GARTENKUNST.
XI, 9
die intelligenten Photographen aufgenommen; die tüchtigsten
Operateure profitierten von der Dressur des Geschmackes, die
den deutschen Bürgern während der letzten fünf Jahre appli-
ziert wurde. Man lernte allerlei: daß der Mensch die Haupt-
sache auf einem Porträt zu sein habe; daß sehr viel davon
abhinge, wie der Körper gegen das Licht steht, wie er in die
Fläche des Bildes schneidet, wie er bei der flächigen Projektion
sich verkürzt. Man lernte, daß es nicht darauf ankäme, das
Modell kokett und wirksam abzusteifen, vielmehr darauf: es
in einem charakteristischen Moment zu erfassen. Man lernte
ferner, die wichtigsten Stellen des mechanischen Produktes
ein wenig abzutönen, herauszuarbeiten; die Retusche begnügte
sich nicht mehr mit dem Fortpolieren der Runzeln, sie wollte
die Wahrheit unterstützen, sie wollte nach dem Vorbilde der
guten Malerei Einzelheiten zusammenfassen, Kontraste und
Harmonien, Hell und Dunkel rhythmisch organisieren. Man
lernte schließlich mit Papier und Farbe mancherlei Abwechs-
lung zu schaffen (wobei der chemischen Industrie kein geringes
Verdienst gebührt); man lernte, die Bilder anständig auf an-
ständigen Karton zu ziehen, sie mit dem ihnen entsprechenden
geringen Aufwand zu rahmen. — Wir können uns über diese
Entwickelung freuen und müssen nun dafür sorgen, daß das
Publikum die kultivierten Werte der dem modernen Geist ge-
horchenden Photographie immer besser erkennen lernt, wir
müssen ihm heftigen Abscheu vor dem blanken, schwarz oder
bunt bepinselten Minderwert beibringen.
Robert Breuer, Wilmersdorf.
Wir haben mit Zustimmung des Verfassers diese Be-
sprechung der Dresdener photographischen Ausstellung aus
der „Werkkunst“ hier zum Abdruck gebracht, weil wir mit
der darin zum Ausdruck gebrachten Auffassung von der Photo-
graphie als Kunst vollkommen übereinstimmen und es für
dringend erforderlich halten, daß dem Unfug der Überschätzung
des Kunstwertes der Photographie nachdrücklich entgegen
gearbeitet wird. Wir verweisen dieserhalb auch auf unsere
eigenen Ausführungen gelegentlich der Besprechung von
F. Löschers Leitfaden der Landschaftsphoto-
graphie (Seite 19 des Jahrgangs 1909 der Gartenkunst).
Heicke.
Bücherschau.
Alfred Lichtwark, Park- und Gartenstudien. Berlin 1909.
Bruno Cassirer. — Angeregt durch die Frage des großen
Hamburger Stadtparkes hat Lichtwark, der sich rnit dieser
Angelegenheit schon jahrelang beschäftigt hat, eine Schrift
herausgegeben, die in ihrem ersten Teil seinen „Heidegarten1',
jene bereits vor mehreren Jahren erschienene, zündende Po-
lemik gegen die landschaftsgärtnerische Gartenschablone ent-
hält, während der zweite größere Teil sich an Hand des Ham-
burger Falles mit einer Untersuchung der praktischen und
künstlerischen Probleme befaßt, die bei der Schaffung eines
Volksparkes für ein großes Gemeinwesen zu lösen sind.
Wir empfehlen jedem, der sich für das Thema interessiert,
angelegentlichst, das Buch zu lesen.
Wer Lichtwarksche Schriften kennt, weiß, daß seine
Darstellungs- und Schreibweise außerordentlich anregend und
fesselnd ist, daß er auch der Sache Fernstehende für den
Gegenstand, den er gerade behandelt, einzunehmen versteht
und denjenigen nicht mehr losläßt, der einmal mit der Lektüre
begonnen hat.
Ich wünsche deshalb seinem neuen Buche die ausgedehn-
teste Verbreitung. Denn es kann nicht dringend genug darauf
hingewirkt werden, daß sich um die Fragen, welche er darin
behandelt, die weitesten Kreise bekümmern. Gerade erst beim
aufmerksamen Lesen der einzelnen Abschnitte wird einem
klar, welche große Bedeutung die Frage der Gestaltung unserer
öffentlichen Parkanlagen hat und in wie hohem Grade beinahe
ein Jeder — nicht nur etwa Fachleute und Verwaltungs-
behörden — Anteil daran hat oder doch haben sollte! Wenn
alles das, worauf Lichtwark hier die Aufmerksamkeit hinlenkt,
allgemein als zutreffend anerkannt ist, dann wird die große
Mehrzahl unserer Mitbürger in öffentlichen Gärten und An-
lagen nicht mehr einen schönen Luxus sehen, sondern von
ihrer großen Wichtigkeit und Notwendigkeit für unsere ganze
Entwickelung durchdrungen sein, wie es bei den praktischen
Amerikanern und Engländern längst der Fall ist. Sagen
doch die letzteren bezeichnenderweise, die Größe des eng-
lischen Weltreiches beruhe nicht auf der Trefflichkeit ihrer
Schulen, sondern auf ihren grünen Rasenspielplätzen!
Ich komme demnächst auf einzelne Abschnitte der Licht-
warkschen Schrift eingehend zurück. Die ganze Angelegenheit
ist zu wichtig, um sie hier im knappen Rahmen einer Bücher-
besprechung zu erledigen. Ich werde dann auch Gelegenheit
finden, in einzelnen Punkten meinen abweichenden Standpunkt
zu vertreten; denn ich brauche nicht zu verschweigen, daß
ich in mancher Beziehung mit Herrn Lichtwark nicht der
gleichen Meinung bin, so sehr ich ihm im allgemeinen auch
beipflichte.
Für jetzt mag es mit diesem Hinweise genug sein!
Heicke.
Verschiedene Mitteilungen.
Stolldenkmal in Proskau. Am 19: Sept. d. J. soll das
lange geplante Denkmal für den verstorbenen ersten Direktor
des Kgl. Pomologischen Instituts in Proskau, Ökonomierat
G. Stoll, enthüllt werden. Der Ausschuß, welcher die An-
gelegenheit in Händen hat, erließ vor einigen Tagen die Ein-
ladungen zu der damit verbundenen Feier. Dem Programm
nach findet die eigentliche Feier der Enthüllung am 19. Sept,
vormittags 11 Uhr in den Anlagen der Anstalt nächst dem
Auditoriengebäude statt; daran schließen an Besichtigung der
Anstalt, Festessen in Proskau und gesellige Veranstaltungen
abends. Man rechnet mit zahlreichem Besuch ehemaliger
Proskauer und hat auch für den zweiten Tag Veranstaltungen
vorgesehen, unter denen Vorträge des Herrn Dr. Ewert, Leiter
der Versuchsstationen, Geh. Reg.-Rats Prof. Dr. Sorauer über:
„Abgase industrieller Unternehmungen als Schädiger der
Kulturpflanzen“, Gartenarchitekten Finken-Köln über „Garten-
kunst im Dienste des modernen Städtebaues“, Friedhofsinspektor
Erbe - Breslau über: „Moderne Friedhofsgestaltung“, Kgl.
Garteninspektor W. Koteimann - Königsberg über: „Der Obst-
bau als Teilbetrieb der Landwirtschaft“ hervorgehoben seien.
Siefen-Gedenkfeier. Am 4. Aug. d. J. fand eine kleine
Feier zur Enthüllung des von Freunden und Verehrern des
vor zwei Jahren verstorbenen Essener Stadtgartendirektor
Stefen errichteten Denksteines statt. Er besteht aus einem
grauen Granitblock mit einer Bronzeplakette, die das Porträt
Stefens und die Zeitangabe seiner Essener Wirksamkeit 1883
bis 1907 trägt. Er ist errichtet im Essener Stadtgarten, einer
Schöpfung des Verstorbenen.
Für die Redaktion verantwortlich: Stadt-Gartendirektor Heicke, Frankfurt a. M. Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.
Druck der König!. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
DIE GARTENKUNST.
XI, 9
die intelligenten Photographen aufgenommen; die tüchtigsten
Operateure profitierten von der Dressur des Geschmackes, die
den deutschen Bürgern während der letzten fünf Jahre appli-
ziert wurde. Man lernte allerlei: daß der Mensch die Haupt-
sache auf einem Porträt zu sein habe; daß sehr viel davon
abhinge, wie der Körper gegen das Licht steht, wie er in die
Fläche des Bildes schneidet, wie er bei der flächigen Projektion
sich verkürzt. Man lernte, daß es nicht darauf ankäme, das
Modell kokett und wirksam abzusteifen, vielmehr darauf: es
in einem charakteristischen Moment zu erfassen. Man lernte
ferner, die wichtigsten Stellen des mechanischen Produktes
ein wenig abzutönen, herauszuarbeiten; die Retusche begnügte
sich nicht mehr mit dem Fortpolieren der Runzeln, sie wollte
die Wahrheit unterstützen, sie wollte nach dem Vorbilde der
guten Malerei Einzelheiten zusammenfassen, Kontraste und
Harmonien, Hell und Dunkel rhythmisch organisieren. Man
lernte schließlich mit Papier und Farbe mancherlei Abwechs-
lung zu schaffen (wobei der chemischen Industrie kein geringes
Verdienst gebührt); man lernte, die Bilder anständig auf an-
ständigen Karton zu ziehen, sie mit dem ihnen entsprechenden
geringen Aufwand zu rahmen. — Wir können uns über diese
Entwickelung freuen und müssen nun dafür sorgen, daß das
Publikum die kultivierten Werte der dem modernen Geist ge-
horchenden Photographie immer besser erkennen lernt, wir
müssen ihm heftigen Abscheu vor dem blanken, schwarz oder
bunt bepinselten Minderwert beibringen.
Robert Breuer, Wilmersdorf.
Wir haben mit Zustimmung des Verfassers diese Be-
sprechung der Dresdener photographischen Ausstellung aus
der „Werkkunst“ hier zum Abdruck gebracht, weil wir mit
der darin zum Ausdruck gebrachten Auffassung von der Photo-
graphie als Kunst vollkommen übereinstimmen und es für
dringend erforderlich halten, daß dem Unfug der Überschätzung
des Kunstwertes der Photographie nachdrücklich entgegen
gearbeitet wird. Wir verweisen dieserhalb auch auf unsere
eigenen Ausführungen gelegentlich der Besprechung von
F. Löschers Leitfaden der Landschaftsphoto-
graphie (Seite 19 des Jahrgangs 1909 der Gartenkunst).
Heicke.
Bücherschau.
Alfred Lichtwark, Park- und Gartenstudien. Berlin 1909.
Bruno Cassirer. — Angeregt durch die Frage des großen
Hamburger Stadtparkes hat Lichtwark, der sich rnit dieser
Angelegenheit schon jahrelang beschäftigt hat, eine Schrift
herausgegeben, die in ihrem ersten Teil seinen „Heidegarten1',
jene bereits vor mehreren Jahren erschienene, zündende Po-
lemik gegen die landschaftsgärtnerische Gartenschablone ent-
hält, während der zweite größere Teil sich an Hand des Ham-
burger Falles mit einer Untersuchung der praktischen und
künstlerischen Probleme befaßt, die bei der Schaffung eines
Volksparkes für ein großes Gemeinwesen zu lösen sind.
Wir empfehlen jedem, der sich für das Thema interessiert,
angelegentlichst, das Buch zu lesen.
Wer Lichtwarksche Schriften kennt, weiß, daß seine
Darstellungs- und Schreibweise außerordentlich anregend und
fesselnd ist, daß er auch der Sache Fernstehende für den
Gegenstand, den er gerade behandelt, einzunehmen versteht
und denjenigen nicht mehr losläßt, der einmal mit der Lektüre
begonnen hat.
Ich wünsche deshalb seinem neuen Buche die ausgedehn-
teste Verbreitung. Denn es kann nicht dringend genug darauf
hingewirkt werden, daß sich um die Fragen, welche er darin
behandelt, die weitesten Kreise bekümmern. Gerade erst beim
aufmerksamen Lesen der einzelnen Abschnitte wird einem
klar, welche große Bedeutung die Frage der Gestaltung unserer
öffentlichen Parkanlagen hat und in wie hohem Grade beinahe
ein Jeder — nicht nur etwa Fachleute und Verwaltungs-
behörden — Anteil daran hat oder doch haben sollte! Wenn
alles das, worauf Lichtwark hier die Aufmerksamkeit hinlenkt,
allgemein als zutreffend anerkannt ist, dann wird die große
Mehrzahl unserer Mitbürger in öffentlichen Gärten und An-
lagen nicht mehr einen schönen Luxus sehen, sondern von
ihrer großen Wichtigkeit und Notwendigkeit für unsere ganze
Entwickelung durchdrungen sein, wie es bei den praktischen
Amerikanern und Engländern längst der Fall ist. Sagen
doch die letzteren bezeichnenderweise, die Größe des eng-
lischen Weltreiches beruhe nicht auf der Trefflichkeit ihrer
Schulen, sondern auf ihren grünen Rasenspielplätzen!
Ich komme demnächst auf einzelne Abschnitte der Licht-
warkschen Schrift eingehend zurück. Die ganze Angelegenheit
ist zu wichtig, um sie hier im knappen Rahmen einer Bücher-
besprechung zu erledigen. Ich werde dann auch Gelegenheit
finden, in einzelnen Punkten meinen abweichenden Standpunkt
zu vertreten; denn ich brauche nicht zu verschweigen, daß
ich in mancher Beziehung mit Herrn Lichtwark nicht der
gleichen Meinung bin, so sehr ich ihm im allgemeinen auch
beipflichte.
Für jetzt mag es mit diesem Hinweise genug sein!
Heicke.
Verschiedene Mitteilungen.
Stolldenkmal in Proskau. Am 19: Sept. d. J. soll das
lange geplante Denkmal für den verstorbenen ersten Direktor
des Kgl. Pomologischen Instituts in Proskau, Ökonomierat
G. Stoll, enthüllt werden. Der Ausschuß, welcher die An-
gelegenheit in Händen hat, erließ vor einigen Tagen die Ein-
ladungen zu der damit verbundenen Feier. Dem Programm
nach findet die eigentliche Feier der Enthüllung am 19. Sept,
vormittags 11 Uhr in den Anlagen der Anstalt nächst dem
Auditoriengebäude statt; daran schließen an Besichtigung der
Anstalt, Festessen in Proskau und gesellige Veranstaltungen
abends. Man rechnet mit zahlreichem Besuch ehemaliger
Proskauer und hat auch für den zweiten Tag Veranstaltungen
vorgesehen, unter denen Vorträge des Herrn Dr. Ewert, Leiter
der Versuchsstationen, Geh. Reg.-Rats Prof. Dr. Sorauer über:
„Abgase industrieller Unternehmungen als Schädiger der
Kulturpflanzen“, Gartenarchitekten Finken-Köln über „Garten-
kunst im Dienste des modernen Städtebaues“, Friedhofsinspektor
Erbe - Breslau über: „Moderne Friedhofsgestaltung“, Kgl.
Garteninspektor W. Koteimann - Königsberg über: „Der Obst-
bau als Teilbetrieb der Landwirtschaft“ hervorgehoben seien.
Siefen-Gedenkfeier. Am 4. Aug. d. J. fand eine kleine
Feier zur Enthüllung des von Freunden und Verehrern des
vor zwei Jahren verstorbenen Essener Stadtgartendirektor
Stefen errichteten Denksteines statt. Er besteht aus einem
grauen Granitblock mit einer Bronzeplakette, die das Porträt
Stefens und die Zeitangabe seiner Essener Wirksamkeit 1883
bis 1907 trägt. Er ist errichtet im Essener Stadtgarten, einer
Schöpfung des Verstorbenen.
Für die Redaktion verantwortlich: Stadt-Gartendirektor Heicke, Frankfurt a. M. Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.
Druck der König!. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.