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Die Gartenkunst — 11.1909

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Pietzner, Hans: Zur Kunstgewerbeschulfrage
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Singer, Wolfgang: Die Ausbildung des Gartenkünstlers
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Verschiedene Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0061

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XI, 3

DIE GARTENKUNST.

57

oder ob a) Gemeinsamkeit der Kunstgewerbeschule oder b)
Gemeinsamkeit der ersten Stufen der angedeuteten Weiter-
bildung unter Heranziehung von Lehrkräften der Kunstgewerbe-
schule. Beide Wege sind gangbar. Etwas spricht jedoch zu-
gunsten der Kunstgewerbeschule. Der springende Punkt ist
die im Rahmen des Lehrganges gemeinsame künstlerische Be-
tätigung an entsprechenden Aufgaben zusammen mit Ange-
hörigen anderer Berufe, das lebendige künstlerische Zusammen-
wirken mit den übrigen Künsten. Das bietet heut und vor-
läufig nur die Kunstgewerbeschule, wenn auch natürlich nicht
immer, und darum stimme auch ich dem Vorgehen der D. G.
f. G. zu, obwohl natürlich der andere Weg auch denkbar wäre.
Es kommt eben lediglich darauf an, in welcher Weise man weiter-
bauen will. Sorge ist darum nun, wenn erst dieses eine Ziel
erreicht sein wird, darüber hinaus die höhere Laufbahn zu
eröffnen. Und da ist es wichtig und trägt viel zur Klärung der
Sachlage bei, daß sich der Vorstand der D. G. f. G mit dem
Schlußsatz der Heickeschen Ausführungen in Heft I 09 aus-
drücklich identifiziert. Hans Pietzner.

Die Ausbildung des Gartenkünstlers.
Duplik von Wolfgang Singer.
Daß die Zeitungspolemik keine restlos befriedigende
Klärung der Ausbildungsfrage bringen wird, habe ich voraus-
gesehen; ich würde auch an dieser Stelle nicht weiter auf
die Ausführungen der „Kommission“ (vergl. Nr. 2, Seite 38 der
G. K.) reagiert haben, wäre nicht dorten fälschlich mir die Be-
hauptung, daß ich „die praktische Übungszeit vor oder nach
den theoretischen Studien als Zeitverschwendung außer acht
ließe“, unterschoben und damit meine Stellungnahme ganz
verdreht worden. Wohl halte ich die ohne theoretische Vor-
kenntnisse von einem maturen Manne zurückgelegte Vor lehre
für eine Zeitverschwendung (es müßte denn die heute übliche
Lehrzeit von Grund aus umgestaltet werden), dagegen habe
ich ausdrücklich eine 3—4jährige ausübende Tätigkeit nach
einem Hochschulstudium von ca. 6 Semestern und vor der
Diplomprüfung verlangt. Selbstverständlich kann bei unseren
unendlich verschiedenartigen Aufgaben und Werkstoffen weder
die technische noch die Gartenkunst-Hochschule und ebenso-
wenig die Kunstgewerbeschule mit theoretischer Ausbildung
allein fertige Gartenkünstler heranziehen, immer ist eine mehr-
jährige und vielseitige praktische Übung unentbehrlich. Ob
nun gerade 6 Semester für das Hochschulstudium ausreichen,
wird die Zukunft lehren; bis jetzt genießen die Gartenkunst-
befließenen mit Obersekundareife nur 4 Semester theoretischer
Unterweisung und müssen dabei viel Zeit auf Lernstoff der
oberen Mittelschulklassen (Mathematik, Physik, Chemie, Botanik)
verwenden. Jedenfalls genügt die von mir vorgesehene Aus-
bildungszeit von 7 Jahren (nach Abiturium eines Realgymna-
siums oder einer Oberrealschule) den heutigen Bedürfnissen;
im Zuge unserer Zeit liegt allerdings eine mähliche Ver-
längerung aller Bildungswege. Demgegenüber ist der „Kommis-
sion“ zuzugeben, daß „dem Unbemittelten, aber mit viel künst-
lerischem Talent Ausgestatteten“ die Kunstgewerbeschule
leichter die Möglichkeit einer künstlerischen Ausbildung bietet;
ich kann aber nicht einsehen, weshalb wir aus Rücksicht auf
einige Unbemittelte unser ganzes Bildungs- und Standesniveau
herunterdrücken sollen.
Sehr bequem und einfach regelt die „Kommission“ die
Gleichstellung der Gartenbeamten mit jenen des Baufaches etc.:
„Wer nun glaubt, durch seine Leistungen nicht die gleichen
Rechte mit den entsprechenden Angestellten im Baufach er.
langen zu können, der mache das Abiturium oder erringe
gar einen akademischen Grad!“ Eine Widerlegung meiner
für die ganze Ausbildungsfrage grundlegenden Behauptung,
daß „wir in Deutschland — sagen wir leider — als allgemeinen

Maßstab für die Leistungen eines Menschen nicht sein
wirkliches Können, sondern seinen Bildungsgang, seine Zeug-
nisse und Diplome zu nehmen' gewohnt sind“, wurde nicht
einmal versucht! Hierin aber liegt der springende Punkt!
Wenn ich der „Kommission“ auch zugestehe, daß die
derzeitige Organisation der technischen Hochschule mehr das
Kunstwissen als das Kunstschaffen fördert und in
dieser Hinsicht reformbedürftig ist, so muß ich hinzufügen,
daß gerade unserem Fache das Wissen sehr nötig tut.
Eine selbständige Gartenkunst und insbesondere land-
schaftliche Gartenkunst ohne die absolut notwendige wissen-
schaftliche Basis hat überhaupt keine Existenzberechtigung!
Warum bekämpfen denn einzelne der neuzeitlichen himmel-
stürmenden Kunstgewerbler so leidenschaftlich die land-
schaftliche Gartengestaltung? Ich habe öfters des Gefühls
mich nicht erwehren können, als fehle ihnen für deren Aus-
übung das erforderliche Wissen, die wissenschaftliche Aus-
bildung, während man sich in der architektonischen Garten-
gestaltung leichter mit allgemeinen Kunstbegriffen und Phrasen
durchhelfen kann. Leider hat sich auch bei uns ein gewisses
Phrasentum in den letzten Jahren hervorgedrängt: zum Nach-
teil des geistigen Gehaltes der Arbeiten sieht man heute über-
viel Gewicht auf gewisse zeichnerische Allüren und Fertigkeiten
gelegt. Wer diese Richtung weiter poussieren will, kann
vielleicht der „Kommission“ beipflichten, denn gute Zeichner
werden von den Kunstgewerbeschulen wohl ausgebildet, ob
aber auch gute Künstler? Zur endgültigen Beantwortung
dieser wichtigen Frage erscheint die in voller Gärung befind-
liche Entwickelung des heutigen Kimstgewerbeschulwesens noch
zu jung und zu wenig abgeschlossen. Die Düsseldorfer Herren
haben sich vielleicht durch ihre Beziehungen zur dortigen
besonders leistungsfähigen Kunstgewerbeschule und durch die
Erfolge eines Peter Behrens beeinflussen lassen: würdea ber
eine so ausdrucksvolle, fortreißende Künstlernatur wie Behrens
nicht noch größere Wirkungen bei den Hörern einer techni-
schen Hochschule errungen haben?
Sollte in einer späteren Zukunft der Entwicklungsgang der
Kunstgewerbeschule zur Architekten hoch schule führen,
dann, erst dann können wir dorten die Ausbildung des Garten-
künstlers angliedern, inzwischen aber müssen wir einzig den
Anschluß an die gefestigte, wenn auch verbesserungsbedürftige
Organisation der technischen Hochschule suchen! Mit der
„Kommission“ stimme ich schließlich überein in der Bewertung
der trefflichen Ausführungen des Herrn Heicke in der Januar-
nummer — bis auf den Schluß: leider hat Herr Heicke nicht
die letzte logische Konsequenz aus seiner unbestritten richtigen
Einleitung gezogen, denn diese führt zwingend zu dem Re-
sultate: „technische Hochschule“!

Verschiedene Mitteilungen.

Verband der Qartendirektoren. Wir erhalten eine Zuschrift
aus Halle, in der ein dortiger Zeitschriften-Verleger uns seine
Absicht kund tut, ein neues Fachblatt „Die Stadtgärtnerei“
herauszugeben. Die erste Nummer soll schon in wenigen Tagen
erscheinen. Gleichzeitig wird die Frage aufgeworfen, ob es
nicht zeitgemäß sei, einen Verband der Gartendirektoren zu
gründen, als dessen Organ offenbar die neue Zeitschrift ge-
dacht ist. Man soll es kaum für möglich halten! Also wir
haben an der einen Spaltung unter den Berufsgenossen noch
nicht genug. Es muß noch eine neue Scheidung eingeleitet
werden. Und das zu einer Zeit, wo alle Umstände gebiete-
risch auf einen engen und festen Zusammenschluß aller Kräfte
hinweisen.
Wir hoffen, daß es sich hier nur um den Versuch eines rein
geschäftlichen Unternehmens handelt, das in Berufskreisen erst
Rückhalt zu finden trachtet. Wir verhehlen uns auch nicht,
 
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