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Die Gartenkunst — 11.1909

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Verschiedene Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0022

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18

DIE GARTENKUNST.

XI, 1

Verschiedene Mitteilungen.

Friedhofskunst. Der Grundgedanke, welcher der Tätig-
keit des Gartenkünstlers auf dem Friedhof innewohnt und der
in den landschaftlichen Friedhöfen einen schon recht vollkom-
menen Ausdruck gefunden hat, läßt sich kurz folgendermaßen
im Worte kleiden:
Die unvermeidliche, technische und geschäftliche Seite
des Friedhofbetriebes soll doch beherrscht sein von dem
Streben, die äußere
Erscheinung der Dinge
auf dem Friedhöfe mit
der Gefühlswelt derer,
die die bittere Not-
wendigkeit oder der
Wunsch nach ruhe-
vollem Rasten und Er-
holen hier herführt, in
Einklang zu setzen.
Darum also das Um-
kleiden aller techni-
schen Erfordernisse
mit dem herrlichen
Werkstoff der Natur,
den Schätzen der
Pflanzenwelt, darum
das bewusste Herein-
führen der Kunst, die-
ser frohen Trösterin,
die uns das Leben
lieb und wert und
wohlauch lebenswert
macht.
Diesem Grundge-
danken dient unsere
Kunstübung, ihm die-
nen gleicherweise alle
Bestrebungen, die ver-
nünftige Architektur
oder zweckvoll schöne
Grabmalkunst in den
Friedhof einführen
oder richtiger gesagt
sie wieder zu erneu-
tem Leben erwecken
wollen. Diese Gleich-
heit des Zieles, auf
die sich so die ver-
schiedenartige Tätig-
keit richtet, möge es
rechtfertigen, daß ich
an dieser Stelle auf-
merksam mache auf
die Tätigkeit der Wies-
badener Gesellschaft
für bildende Kunst
und insbesondere auf
das von diesem eingetragenen Veiein zur Verbreitung künst-
lerischer Kultur herausgegebene Flugblatt: Winke für die
Beschaffung eines Grabdenkmals.
Der sich mit Friedhofsanlagen befassende Gartenkünst-
ler wird oft in der Lage sein, seinen Einfluß einsetzen zu
können zugunsten guter Grabmalkunst, die doch auch seinem
Werke nur zu erhöhter Bedeutung verhilft, und darum möchte
ich nicht unterlassen, auf das hinzuweisen, was die Gesellschaft
auf diesem Gebiete bereits vorgearbeitet hat.
Das Flugblatt zunächst steht jedem Interessenten gegen
eingesandte 20 Pfg. portofrei zur Verfügung. Weiter ver-
schickt die Gesellschaft gegen Portoersatz und durchaus un-

verbindlich eine Auswahlkollektion von Grabmalentwürfen
erster Künstler (über 300 Nummern), damit an Hand dieser
Sammlung der Besteller nun sich erst einmal klar werden
kann,, in welcher Richtung seine Wünsche sich bewegen. Per-
sönliche Neigung, Geschmack, Kostenpunkt u. a. m. spielen
dabei eine Rolle. Ferner aber vermittelt die Gesellschaft auch
völlig neue Entwürfe und zwar ebenfalls ohne jede Verbind-
lichkeit oder Verpflichtung der Abnahme oder Entschädigung.
Ein Fragebogen, der zu diesem Zwecke von dem Inter-
essenten genau auszufüllen ist, dient dabei als Grundlage. Nicht
ganz zu umgehen ist das Bereithalten fertiger Grabmäler. In
einer ganzen Reihe
von Städten gibt es
daher Firmen, die
nach Entwürfen der
Gesellschaft herge-
stellte Grabmäler auf
Lager haben. An
Orten, wo es keine
mit der Gesellschaft
in Verbindung ste-
hende Firmen gibt,
übernimmt diese selbst
die Lieferung des fer-
tigen Denkmals bis
zum Bahnhofe*).
Aus dem Flug-
blatt, das über Mate-
rial, über Reliefs und
sonstigen plastischen
Schmuck, über Preis-
verhältnisse u. a. wert-
volle Angaben bringt
und außerdem mit
18 Abbildungen guter
Grabmäler geschmückt
ist, hebe ich als uns
besonders interessie-
rend hervor, daß zu-
nächst Wert darauf
gelegt wird, daß das
Grabmal als Ganzes,
also einschließlich
eventueller Umrah-
mung (und pflanzlichen
Schmucks ?)', vom
Künstler entworfen
wird. Dem eventuell
ungünstigen Einfluß
benachbarter Gräber
wird große Bedeutung
beigemessen und bei
Bestellung oder Auf-
trage eine Grund- und
Aufrifiskizze der Um-
gebung als erwünscht
bezeichnet. Zur Tren-
nung oder zum Ab-
schluß nach dem Wege
hin werden Taxushecken empfohlen, Gitter oder ähnliche
überflüssige und kostspielige Anlagen verworfen. Alles in
allem sind die dankenswerten Ausführungen jedermann,
also nicht nur dem Gartenkünstler anregend und willkommen.
Es ist darum und auch um der Rückwirkung auf die Garten-
kunst willen diesem Flugblatte weiteste Verbreitung nur zu
wünschen. H. Pietzner.
*) Die Wiesbadener Gesellschaft für bildende Kunst ist
kein geschäftliches Unternehmen, sondern ein unentgeltlich
geleiteter Verein zur Verbreitung künstlerischerKultur. Adresse:
Wiesbd. Ges. f. b. K. Abteilung C. Büro für Grabmalkunst.
Wiesbaden-Neubauerstr. 4.


Klosterpforte.
Aufnahme von A. Richter, Lipine. Aus „Deutscher Kamera-Almanach 1909“.
 
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