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Die Gartenkunst — 11.1909

DOI Artikel:
Singer, Wolfgang: Wie sind die städtischen Anlagen für die Bevölkerung praktisch nutzbar zu machen?: B. Referat über "Sport- und Badeplätze in den städtischen Anlagen"[2]
DOI Artikel:
Koenig, Hermann: Die gartenkünstlerische Ausgestaltung der Umgebung der Evang. Kirche zu Schlangenbad im Taunus
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https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0035

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XI, 2

DIE GARTENKUNST.

31

vernachlässigt, obgleich mit nicht allzuviel Mehrkosten
sowohl die Gebäude und das architektonische Beiwerk
wie die ganze übrige Anlage bei aller Rücksicht auf
die sportliche und praktische Verwendbarkeit sehr gut
in netten, wenn auch einfachen Formen könnten erstellt
werden. Leider fehlt allen unsern Rennbahnen die
geschlossene Raumgestaltung wie sie die Hippodrome
etc. der Alten durch ihren amphitheatralischen Zu-
schauerraum in so hervorragender Weise besessen haben.
Teilweiser Ersatz dafür könnte dort, wo Terrainver-
hältnisse und Geldmittel es gestatten, durch einen
architektonischen Ringwall, der zugleich als famoser
Zuschauerplatz willkommen sein würde, dann durch
Umrahmung mit einer hohen Hecke und mit geschnit-
tenen oder monumental wachsenden Bäumen geschaffen
werden, weiter geben Zufahrt und Zugänge vielfach
Gelegenheit für großzügige Raumkunst. Die technischen
Anforderungen, insbesondere die Pflege des Rasens
bilden ein Kapitel für sich, dessen Erörterung zu weit
führen würde; erwähnen will ich noch, daß hier wie
überall die Tribünen- und Zuschauerplätze tunlichst
auf der Westseite liegen sollen, damit die Zuschauer
die Nachmittags- und Abendsonne im Rücken haben.
Wenn auch diese Rennbahnen meistens weitab
von den dichtbevölkerten Stadtvierteln liegen, so sollten
bei den gewöhnlich sehr günstigen Verkehrsverhältnissen
und dem Hunger der heutigen Großstadtkinder nach
Rasensport die großen Innenflächen der Rennbahnen
eine ausgiebige Verwendung zu Spiel und Sport aller
Art und zum Eislauf finden, auf daß die Rennbahnen
nicht allein der Veredlung der Pferdezucht sondern
auch der Stärkung und Kräftigung des Menschenge-
schlechtes dienen.
Genau das Gleiche gilt von der Anlage und Aus-
nutzung der Radrennbahnen, doch werden bei diesen
wegen ihrer viel intensiveren Benutzung zu Trainier-
zwecken die inneren Rasenflächen erst dann anderen
Sports dienen können, wenn für sichere Zugänge durch
Unter- oder Überführung gesorgt ist. Daß im ganz
großen Park ein geschlossenes Netz von Fahr-, Reit-
und Radfahrwegen vorhanden sein soll, ist selbstver-
ständlich. Wie günstige Gelegenheiten auf die Sport-
betätigung förderlich wirken, ist mir so recht zum
Bewußtsein gekommen, als ich jüngst an einem schönen
Maienabend im Bremenser Bürgerpark spazieren fuhr:
selten trifft man irgendwo so viele lustfahrende Radler
und Radlerinnen als dorten auf den ausgedehnten Rad-
fahrwegen.
Das bei uns leider noch wenig bekannte Golf,
das auch älteren Leuten einen sehr angenehmen und
gesunden Rasensport bietet, erfordert so große und
teure Platzanlagen, daß es für die breiten Volks-
schichten nicht in Frage kommen kann, ich will es
nur erwähnen, weil der Golfplatz wie kein anderer
Sportplatz für eine landschaftliche Ausgestaltung
sich eignet.
Die andern Plätze für großen Rasenballsport:
Fußball in seinen verschiedenen Arten, Cricket etc.

bieten für eine künstlerische Formengebung ganz be-
sondere Schwierigkeiten, weil in der Natur der Spiele
eine etwas aggressive Behandlung der Plätze und deren
Umrahmung begründet ist; deswegen sollten gerade
sie tunlichst vertieft angelegt und umwallt werden,
einmal damit dadurch ein gewisser Schutz der Um-
gebung und der Zuschauer gewährt wird und dann
durch entsprechende Bodenbewegung, durch Hecken
und Bäume, durch passende Anordnung und Architektur
der notwendigen Umkleidehallen etc., ein geschlossenes
Bild sich ergibt. Wo aber diese Ballplätze auf weiten
Wiesenflächen liegen, da braucht man das Landschafts-
bild nicht durch harte Linien zu stören, sondern man
versuche durch ganz einfache Umzäunung und durch
malerische Baumgruppen den Sportplatz harmonisch
der Umgebung anzugliedern.
Gemeinschaftlich für allen Ballsport, auch für
Lawn-Tennis gilt die Regel, die Plätze genau von Süd
nach Nord zu orientieren und möglichst zugfreie Lage
zu wählen oder zu schaffen, um die durch anstrengen-
des Laufen erhitzten Spieler vor Erkältungen zu
schützen.
Nun zu den sog. Lawn-Tennisplätzen, die ja bei
uns zu Lande heutigentags mit „Lawns“, d. h. Rasen-
plätzen, nichts mehr zu tun haben; ich wünsche und
hoffe abef, daß es einer verbesserten Technik der
Rasenpflege und mit Hilfe einer geeigneten Grasart
gelingt, diesen beliebten Sport wieder auf den grünen
Rasen zurückzuführen. Vorerst brauchen wir dafür
noch die sehr kompliziert und raffiniert hergestellten
Hartplätze, für deren Zusammensetzung es Rezepte
gibt, die in bezug auf die Zahl und das Mischungs-
verhältnis der Ingredienzen einem mittelalterigen Alchi-
misten alle Ehre machen könnten, deren ganzer Witz
aber nur, wie bei dem Rate des sterbenden Vaters an
seine Söhne, den Garten nach einem Schatze zu durch-
suchen, in einer sehr intensiven Mischung und Be-
arbeitung besteht. Diese Kiesplätze mit ihren hohen
Drahtgittern stellen gewöhnlich und besonders dann,
wenn sie in größerer Zahl beisammen liegen, recht
häßliche Kleckse im Landschaftsbilde dar.
(Schluß folgt.)
Die gartenkünstlerische Ausgestaltung der
Umgebung der Evang. Kirche zu Schlangen-
bad im Taunus.
Von Hermann Koenig, Posen.
Sollen sich wesensfremde Gebilde wie Stein und
Eisen zu einem harmonischen Gesamteindruck vereinen,
so genügt nicht eine nach uralten Gesetzen künstlerische
Zusammenstellung, sondern dem Werk muß gewisser-
maßen eine Seele eingeflößt werden, das Bild muß
leben, um lebendig auf den Beschauer wirken zu können.
— Die Errichtung von Bauten, besonders von Monu-
mentalbauten inmitten einer urwüchsigen Landschaft,
 
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