Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 11.1909

DOI article:
Heicke: Wettbewerbsergebnisse
DOI article:
Pietzner, Hans: Zur Kunstgewerbeschulfrage
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0060

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
56

DIE GARTENKUNST.

XI, 3

dessen Entwurf dem Geschmack und den Bedürfnissen des
Veranstalters des Wettbewerbs am nächsten kommt? Das ist
doch eigentlich ganz und gar selbstverständlich.
Es ist daher begreiflich, daß unter den gegenwärtigen
Umständen eine tiefgehende Mißstimmung in den Kreisen der-
jenigen Platz greift, welche sich bisher mit Vorliebe an den
Wettbewerben beteiligt haben. Man muß es als eine For-
derung der Billigkeit ansehen, daß denjenigen, die trotz
der verhältnismäßig niedrigen Preise sich der umfangreichen,
mit der Bestreitung eines solchen Wettbewerbs verbundenen
Arbeit unterziehen, daß sie erwarten, daß künftig die Be-
teiligung daran lohnender und aussichtsreicher gestaltet wird,
indem es zur Regel wird, daß die Bearbeitung des
endgültigen Entwurfs und eine ausreichende Teil-
nahme an der künstlerischen Leitung der Aus-
führung einem der Preisträger übertragen wird,
so daß die ausgeführte Schöpfung auch den Jdeen und Ab-
sichten des Planverfassers entspricht. Es kann diese Forde-
rung mit um so größerer Berechtigung erhoben werden, als
damit zugleich auch wieder ein nicht zu unterschätzender
Vorteil für den Wettbewerbsveranstalter verbunden ist. Denn
es bedarf gar keines besonderen Nachweises, daß die aus-
geführte Anlage nachher auf einer viel höheren künstlerischen
Stufe steht, wenn derjenige, der die grundlegenden Ideen des
Entwurfs gegeben hat, auch bei ihrer Durchbildung bis in die
letzten Einzelheiten mitgewirkt hat, anstatt irgend eines dritten,
der schematisch aus einer Reihe von Entwürfen, denen er
geistig fremd gegenüber steht, ein Flickwerk zusammenzu-
stellen veranlaßt wird.
Mögen diese Ausführungen dazu beitragen, daß nach und
nach mit diesem Mißstand gebrochen wird, denn dann erst
wird der Nutzen und Segen aus der Veranstaltung von
Wettbewerben für die schöne Gartenkunst in seinem vollen
Umfange zutage treten. Eine dankbare Aufgabe für die
Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und ihre Organe wird
es sein, ihren ganzen Einfluß in dieser Richtung einzusetzen.
Heicke.

Zur Kunstgewerbeschulfrage.
Zunächst ist der am Schlüsse des Heftes 2, 09 geäußerte
Wunsch des Vorstandes der D. G. f. G. verständlich, daß
Meinungsverschiedenheiten der Mitglieder im Schoße der Ge-
sellschaft ausgetragen werden möchten, um so nach außen hin
die so notwendige Einheit zn wahren. Diese Mahnung gilt Jedem.
Wenn ich gleichwohl noch einmal das Wort ergreife, so möge
der Umstand als Entschuldigung gelten, daß ich etwas abseits
stehe. Die Möglichkeit des Besuchs der Hauptversammlungen
oder auch der Gruppenversammlungen ist mir — leider —
nicht gegeben. Wie liegt nun die Sache heut in der uns so
lebhaft bewegenden Frage der künslerischen Ausbildung des
Gartenarchitekten ?
Man wünscht und verspricht sich von einem Besuch der
Kunstgewerbeschule lebendigen Anschluß an die anderen
Künste bezw. an das Kunstfühlen und Kunstschaffen unserer
Zeit. Das ist ganz richtig. Meinungsverschiedenheiten be-
stehen nur über den einzuschlagenden Weg. Die einen sind
der Ansicht, daß es sich empfiehlt den angehenden Garten-
künstler nach Beendigung seiner fachlich-technischen Studien
in die Kunstgewerbeschule zu schicken, wo also dement-
sprechend eine Fachklasse für Gartenkunst vorzusehen wäre;
die anderen meinen, daß es dasselbe sei, wenn die Lehrkräfte
der Kunstgewerbeschule auch an der gärtnerischen Lehran-
stalt unterrichten, die jedoch dann weiter auszugestalten wäre.
Beiden Bestrebungen gemein ist der Wunsch nach
Hebung des künstlerischen Niveaus unserer Leistungen und
Hand in Hand damit auch des Ansehens in Fachwelt, Gesell-
schaft und Staat. Beide gehen gleichwohl von verschiedenen
Gesichtspunkten aus. Am besten wird das klar, wenn wir die
Verhältnisse des Baugewerbes zum Vergleich heranziehen.

Man hat dort erkannt, daß die künstlerische Seite der
Ausbildung auf den Baugewerkschulen zu wünschen übrig
ließ. Das liegt zum großen Teil daran, daß das Gros der Be-
sucher, wie ja in unserem Berufe auch, eine nur mittelmäßige
künstlerische Begabung mitbringt. Gleichwohl liefern die Bau-
gewerkschulen die Hauptmasse derjenigen, die in Stadt und
Land Gebäude errichten. Die übrigen beruflichen Verhält-
nisse liegen ganz wie bei uns. Nun erhoben sich Stimmen,
zunächst vereinzelt in derZeit beginnenden Aufschwungs unseres
gewerblichen Kunstlebens, dann mehr und mehr, die — oft
nicht ganz mit Recht — für das Bauelend mit seinem ausge-
sprochen unkünstlerischen Niveau die Baugewerkschulen ver-
antwortlich machten. Das traf nicht ganz zu, gab aber gleich-
wohl den Anstoß dazu, in den Architekturklassen der Kunst-
gewerbeschulen eine Ergänzung der Ausbildung zu bieten ledig-
lich nach der künstlerischen Seite hin und nach der des
organischen Zusammenarbeitens mit Schwesterkünsten: Möbel-
Architektur, Malerei usw.
Auf dem gleichen Punkte sind wir jetzt auch. Wir ver-
sprechen uns gute Wirkungen u. a. nach der Seite des künst-
lerischen Zusammenwirkens hin von dem Besuch der Fach-
klassen für Gartenkunst an der Kunstgewerbeschule. Auch
mit Recht. Denn wir werden so zweifellos das Niveau der
künstlerischen Leistungen verbessern.
Nun gehen wir weiter. Wir sehen, die Masse der Bau-
gewerksmeister beherrscht mit ihrer Kunst Stadt und Land,
ihnen fallen alle weniger umfangreichen Aufgaben zu und alle,
die dem sozusagen laufenden Bedürfnis gerecht werden. Also
ganz wie bei uns. Nun wird es aber keiner Stadt oder
größeren Verwaltung einfallen, einen Baugewerksmeister an
die Spitze ihres Bauwesens zu stellen oder zur Lösung einer
ungewöhnlichen Aufgabe zu berufen. Man verlangt vielmehr
ganz allgemein eine weitergehende Ausbildung und wohl auch
wieder mit voller Berechtigung. Daß gesellchaftliche Fragen
— Gehalts- und Dignitätsfragen wie Geh.-R. Dr. Thiel sagt —
eine sehr bedeutsame Rolle spielen, wer wollte das aus den
Augen verlieren! Ganz genau so liegen die Verhältnisse auch in
unserem Beruf. Auch bei uns gibt es eine Laufbahn, die u. a.
an die Spitze städtischer und staatlicher Gartenverwaltungen
führt, und diese auszubilden und so auszugestalten, daß sie
nach ihren Leistungen und ihrem Range auf der gleichen
Höhe steht wie im Baufach, das ist das Ziel der anderen, die
da meinen, das vorhin angedeutete ließe sich in gleicher Weise
erreichen durch Vervollkommnung der bestehenden gärt-
nerischen Lehranstalten. In der Tat kann man nicht im
Zweifel sein, daß unser Streben nach Hebung des Standes sich
dieser beiden angegebenen Wege bedienen muß. Man kann
aber auch die eineFrage nicht lösen, ohne zugleich
der anderen fest ins Auge zu sehen. Und darum
gehts jetzt. — Daß die sozusagen höhere Laufbahn eine ein-
einfache Notwendigkeit ist, kann niemand leugnen, der sich in
Staat und Gesellschaft gründlich umgesehen hat. Wenn heut
an der Spitze der bezeichneten Verwaltungen Leute stehen,
die diese Stellung lediglich und einzig und allein ihren Fähig-
keiten verdanken, so zollen wir ihnen unsere Hochachtung,
aber — es beweist nichts. Wenn jedoch die Kommission sagt
— Heft II 09 —: Wer nun glaubt durch seine Leistungen nicht
die gleichen Rechte mit den entsprechenden Angestellten im
Baufach erlangen zu können, der mache das Abiturium oder
erringe gar einen akademischen Grad, so setzt sie sich damit
bewußt ins Unrecht. Ich brauche nur daran zu erinnern, wie
sogar die „Dignität“ ins Familienleben eingreifen kann, wenn
zufällig ein Angehöriger Offizier ist oder z. B. wenn man sich
anschickt seiner einjährig freiwilligen Militärdienstpflicht zu
genügen. — —
Es handelt sich also um zwei Bildungsgänge mit ver-
schiedenen Endzielen, es handelt sich darum, ob Trennung der
Laufbahnen nach Absolvierung des grundlegenden Kursus der
gärtnerischen Lehranstalt: hier Kunstgewerbeschule — die
Weiterbildung bis zum ungefähr hochschulmäßigen Abschluß,
 
Annotationen