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Die Gartenkunst — 11.1909

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Zahn, F.: Die geschichtliche Entwickelung der königlichen Gärten Potsdams: nach dem Vortrag, gehalten auf der Hauptversammlung der D.G.f.G. in Potsdam am 27. Juli 1908, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0078

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74

DIE GARTENKUNST.

XI, 4

vom Schloß durch die dunkle Krone eine bessere
Verteilung von Licht und Schatten zu erzielen. Der
Schloßpark, bietet viel des Interessanten und zeigt
Erinnerungen aus dem Leben unseres ersten Kaisers
in reicher Fülle. Es sei nur der Schanze gedacht, die
er als junger Leutnant im Jahre 1811 mit seiner
Mannschaft errichten ließ, sodann des Platzes, auf dem
sein Leibroß Sadowa, das ihn während der Schlacht
bei Königgrätz getragen hat, seine Ruhestätte gefunden.
Auf einem Ufervorsprung steht das „Bildstöckl“, er-
innernd an das Gefecht von Bischweier 1849. Zeuge
von weiteren Waffentaten ist das hinter dem Schloß
sich erhebende Bildwerk des Erzengel Michael zu Ehren
der siegreichen Operationsarmee am Rhein im Jahre 1849.
Ferner sei gedacht der Siegessäule und der Generals-
bank mit Bronzebüsten der Heerführer 1870—71.
An friedliche Zeiten erinnern die Gerichtslaube,
die vordem in Berlin am Rathaus stand und einem

Abb. 14. Seitengärtchen des Landhauses.


Erweiterungsbau weichen mußte, sowie der Flatow-
Turm, der hoch über der Bäume Wipfel emporragt.
Er ist errichtet an Stelle einer alten Mühle nach dem
Muster des Eschenheimer Thors in Frankfurt am Main.
Mit der Fertigstellung des Schloßparks Babelsberg
war in der Schaffung großer Anlagen im Umkreis
Potsdams ein Stillstand eingetreten. Nicht als ob des
neuen Deutschlands erster Kaiser dem Garten kein
Interesse entgegengebracht hätte, Babelsberg ist wohl
Beweis genug dafür, sondern in dem großen Park war
eine Menge Kleinarbeit zu leisten, war an vielen Stellen
der im Laufe der Jahre verloren gegangene Charakter
wieder zu schaffen, oder das Begonnene zu vollenden.
Dem Gründer Sanssoucis erstand im Jahre 1865 ein
Denkmal am Fuße der Terrassen. Der zweiten Haupt-
schöpfung Friedrichs II., dem Neuen Palais und
seiner Umgebung, wurde ganz besondere Sorgfalt zu-
teil, namentlich von dem Zeitpunkt an, als dem Kron-
prinzen das Palais als Wohnung überwiesen wurde.
Das Parterre, das vordem farblos und nüchtern gehalten
war, erhielt reichen Blumenschmuck. Die alten Flecken-
quartiere aus der Zeit Friedrichs des Großen, die nach

holländischer Art Gartenquartiere und Obstbäume im
Innern enthielten, wurden von Grund auf umgewandelt
und teils dem gleichen Zweck wieder dienstbar ge-
macht. Das südliche Heckenquartier wurde besonderer
Bestimmung zugeführt. Es enthält die kaiserlichen
Privatgärten. Über die alten Grenzen des Parkes nach
Westen, über die Communs hinaus, erstreckte sich die
Tätigkeit. Eine vierreihige Lindenallee wurde als Fort-
setzung der Hauptachse des Parkes angepflanzt und
die weiten Wiesen mit hineingezogen. Als besonders
bemerkenswert ist zu verzeichnen, daß die alten Wasser-
gräben um das Schloß zugeschüttet, die tiefgelegenen
Wiesenpartien aufgehöht wurden. Die tiefe Lage des
Geländes, kaum merklich höher als der Spiegel der
Havel, macht sich trotz dieser umfassenden Verbesse-
rungsmaßnahmen nach regenreichen Wintern noch
immer unangenehm bemerkbar. So wurde nach und
nach, vom Neuen Palais beginnend, der ganze Park
einer kräftigen Durcharbeitung unterzogen, hier die zu
dichte Pflanzung gelichtet, dort Ersatz für die durch
Altersschwäche zurückgehenden Bäume geschaffen und
diesen Arbeiten in den ersten Regierungsjahren unseres
jetzigen Kaisers vermehrte Sorgfalt gewidmet. Ich
erinnere nur an die durchgreifenden Ausholzungen an
der Hauptallee, in Charlottenhof, dessen .Waldbestand
ein mehr lichter. Charakter gegeben ist, an die Neu-
anlage der schon unter Lenne bearbeiteten Wiese
zwischen dem japanischen Häuschen und der Allee auf
Sanssouci, der Umänderungen vor der Bildergalerie, an
der Neptunsgrotte usw. Neu hinzugefügt wurden auch
die Anlagen an Stelle der alten Gärtnerei des Marly.
Sind so im Laufe mehr denn eines Jahrzehntes dem
großen Publikum weniger ins Auge fallende Arbeiten
im Park vorgenommen, so brachten die letzten 5 Jahre
neue große Aufgaben. Es galt, nach dem Belvedere
einen neuen Fahrweg anzulegen, das vorhandene Ge-
hölz auszuarbeiten und durch entsprechende Pflanzung
von Stauden einen blumenbedeckten Waldboden zu
schaffen. Das stark ansteigende Gelände, die vor-
handenen und noch mehr ausgearbeiteten Schluchten
gaben Gelegenheit hier eine alpine Partie zu
schaffen, wozu große, von dem Abbruch der alten
Kirche in Bornim vorhandene Findlinge benutzt
wurden. Im Anschluß an diese Anlagen wurde 1905
die schon von Friedrich Wilhelm IV. geplante Ver-
bindungsallee zwischen Orangerie und Belvedere her-
gestellt unter Überbrückung des Kronprinzenweges.
Die anschließenden Anlagen sind nach dem Projekt
und unter der Oberleitung des kgl. Obergärtners
Potente entstanden. Da sich sowohl über die Anlagen
am Belvedere, als auch über die Verbindung desselben
zum Orangerieschloß eingehende von zahlreichen Ab-
bildungen unterstützte Abhandlungen in der „Garten-
flora“ Jahrgang 1906 Seite 123 und 176 befinden, darf
ich wohl, um erst kürzlich Veröffentlichtes nicht zu
wiederholen, meine Ausführungen schließen*).
Sämtliche Abbildungen sind nach Aufnahme von Dr. Franz
Stoedtner, Institut für wissenschaftliche Projektions-Photo-
graphie, Universitätsstr. 3 b, Berliner Bürohaus angefertigt.
 
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