XI, 5
DIE GARTENKUNST.
Die nicht seltene Kombination von Schulgarten und
Rektorgarten entspricht zumeist nicht den Interessen
der Schule.
Die größte Beachtung verdient die Frage der
Schaffung von Gartenanlagen an Hilfsschulen. Hier ist
das Vorhandensein eines möglichst großen Gartens von
nicht zu unterschätzender Bedeutung in hygienischer
und ethischer Beziehung, denn auch
das Schwachbegabte Kind versteht die
Sprache der Natur.
Eine überaus wichtige Bedeutung
haben die Schulhöfe als Turn- und
Spielplätze.
„Reichliche und regelmäßige Be-
wegung ist für die Schuljugend ein
unersetzliches Lebensbedürfnis zum
vollen Wachstum des Körpers“, ein
Leitsatz, den der Verein für öffentliche
Gesundheitspflege auf seiner Mann-
heimer Tagung aufgestellt, findet im
Urteil von Staat und Stadt steigend
höhere Wertung. Man schenkt daher
der Förderung systematischer aktiver
Körperpflege ernsteste Beachtung und
hat in vielen Städten Spielnachmittage
eingeführt, für deren Abhaltung in Er-
mangelung ausreichender Spielplätze
die Schulhöfe benutzt werden, wenn
sie auch nicht immer für Turn- und
Bewegungsspiele räumlich genügen.
Sollen sie als Turnplatz dienen, so
muß der ungehindert benutzbare Raum
mindestens 400—500 qm groß sein.
Neuerdings versucht man in einigen
Großstädten die Schulhöfe für die
Spiele der Jugend außerhalb der Schul-
zeit freizugeben.
„Kein Geschöpf auf der Welt ist
schlimmer daran als ein proletarisches
Großstadtkind, das eine kurze Frei-
stunde bei Spiel ■ verbringen möchte.
Wohl besitzt jede Mietskaserne wenig-
stens einen Hof, der auch zum Spielen
Platz böte. Aber der antisoziale Sinn
der Hausbesitzer hat die Portiers zu
Hofhunden abgerichtet, die jedes Kind
fortzujagen haben, sobald es sich auf
dem Hofe zum Spielen niederläßt. Die
Straße bietet die bekannten Gefahren;
auch fühlt die Polizei sich berufen, hier dem Kinder-
spiel entgegenzutreten. Mit Hängen und Würgen ist
es in den letzten Jahren gelungen, einige nicht kinder-
feindliche Direktoren zur Hergabe der Schulhöfe zu
bewegen.“
In diesen Worten einer Berliner Tageszeitung ist
eine hinreichende Begründung für die Berechtigung der
Forderung gegeben, diese Versuche zu verallgemeinern
und die geringen Opfer an Mehrkosten für Aufsicht
und Pflege der Schulhöfe zugunsten unserer heran-
wachsenden Jugend zu bringen.
In den vorstehenden Ausführungen ist versucht
worden, die Grundsätze zusammenzustellen, die für die
Nutzbarmachung der Schulhöfe beachtenswert er-
scheinen. Wir werden unserer Aufgabe auf diesem
Sondergebiete gerecht, wenn wir uns die Worte des
Ministers von Goßler in seinem Minist.-Erlasse vom
Jahre 1882, der eine zielbewußte Aktion der preußi-
schen Unterrichtsverwaltung zugunsten der Förderung
körperlicher Entwickelung unserer Schuljugend ein-
leitete, zu eigen machen:
„Darum müssen Schule und Haus und wer immer
an der Jugendbildung mitzuarbeiten Beruf und Pflicht
hat, Raum schaffen und Raum lassen für jene
Übungen, in welchen Körper und Geist Kräftigung und
Das Verpflanzen großer Bäume in München: Transport einer Kastanie am
16. März 1909.
DIE GARTENKUNST.
Die nicht seltene Kombination von Schulgarten und
Rektorgarten entspricht zumeist nicht den Interessen
der Schule.
Die größte Beachtung verdient die Frage der
Schaffung von Gartenanlagen an Hilfsschulen. Hier ist
das Vorhandensein eines möglichst großen Gartens von
nicht zu unterschätzender Bedeutung in hygienischer
und ethischer Beziehung, denn auch
das Schwachbegabte Kind versteht die
Sprache der Natur.
Eine überaus wichtige Bedeutung
haben die Schulhöfe als Turn- und
Spielplätze.
„Reichliche und regelmäßige Be-
wegung ist für die Schuljugend ein
unersetzliches Lebensbedürfnis zum
vollen Wachstum des Körpers“, ein
Leitsatz, den der Verein für öffentliche
Gesundheitspflege auf seiner Mann-
heimer Tagung aufgestellt, findet im
Urteil von Staat und Stadt steigend
höhere Wertung. Man schenkt daher
der Förderung systematischer aktiver
Körperpflege ernsteste Beachtung und
hat in vielen Städten Spielnachmittage
eingeführt, für deren Abhaltung in Er-
mangelung ausreichender Spielplätze
die Schulhöfe benutzt werden, wenn
sie auch nicht immer für Turn- und
Bewegungsspiele räumlich genügen.
Sollen sie als Turnplatz dienen, so
muß der ungehindert benutzbare Raum
mindestens 400—500 qm groß sein.
Neuerdings versucht man in einigen
Großstädten die Schulhöfe für die
Spiele der Jugend außerhalb der Schul-
zeit freizugeben.
„Kein Geschöpf auf der Welt ist
schlimmer daran als ein proletarisches
Großstadtkind, das eine kurze Frei-
stunde bei Spiel ■ verbringen möchte.
Wohl besitzt jede Mietskaserne wenig-
stens einen Hof, der auch zum Spielen
Platz böte. Aber der antisoziale Sinn
der Hausbesitzer hat die Portiers zu
Hofhunden abgerichtet, die jedes Kind
fortzujagen haben, sobald es sich auf
dem Hofe zum Spielen niederläßt. Die
Straße bietet die bekannten Gefahren;
auch fühlt die Polizei sich berufen, hier dem Kinder-
spiel entgegenzutreten. Mit Hängen und Würgen ist
es in den letzten Jahren gelungen, einige nicht kinder-
feindliche Direktoren zur Hergabe der Schulhöfe zu
bewegen.“
In diesen Worten einer Berliner Tageszeitung ist
eine hinreichende Begründung für die Berechtigung der
Forderung gegeben, diese Versuche zu verallgemeinern
und die geringen Opfer an Mehrkosten für Aufsicht
und Pflege der Schulhöfe zugunsten unserer heran-
wachsenden Jugend zu bringen.
In den vorstehenden Ausführungen ist versucht
worden, die Grundsätze zusammenzustellen, die für die
Nutzbarmachung der Schulhöfe beachtenswert er-
scheinen. Wir werden unserer Aufgabe auf diesem
Sondergebiete gerecht, wenn wir uns die Worte des
Ministers von Goßler in seinem Minist.-Erlasse vom
Jahre 1882, der eine zielbewußte Aktion der preußi-
schen Unterrichtsverwaltung zugunsten der Förderung
körperlicher Entwickelung unserer Schuljugend ein-
leitete, zu eigen machen:
„Darum müssen Schule und Haus und wer immer
an der Jugendbildung mitzuarbeiten Beruf und Pflicht
hat, Raum schaffen und Raum lassen für jene
Übungen, in welchen Körper und Geist Kräftigung und
Das Verpflanzen großer Bäume in München: Transport einer Kastanie am
16. März 1909.