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Die Gartenkunst — 11.1909

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Heicke, C.: Reformbestrebungen auf dem Gebiete der Friedhofsanlagen uud der Friedhofskunst: Vortrag, gehalten am 28. Juni 1909 auf der Hauptversammlung der D.G.f.G. in Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0142

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138

DIE GARTENKUNST.

XI, 8


Grabsteine auf dem alten Judenkirchhof in Prag.
Aufnahme von Dr. J. Hülsen, Frankfurt a. M.

durch eine weitgehende Einheitlichkeit in der Grund-
form der Denksteine ausgezeichnet haben, studiert.
Ein Bild vom alten Judenfriedhofe in Prag zeigt
es deutlich; die Steine laufen eben dreieckig aus
(Abb. Seite 138 oben).
Sehr schöne Bilder habe ich vom alten Frank-
furter Judenfriedhofe (Seite 133); sie sind von
F. Bauer-Magdeburg aufgenommen.
Bauer schreibt dazu: „Bei meinen Aufnahmen war
es mir um die Gewinnung von Ansichten alter ein-
facher Grabmäler zu tun, besonders auch um deren
günstige Massenwirkung zu kennzeichnen.“
Ich meine, man kann sich der deutlichen Sprache
dieser Bilder gar nicht verschließen und es ist
erstaunlich, wie ruhig und großartig die Menge

dieser einfachen gleichartigen Schrifttafeln
wirkt.
Auch andere Formen, in größerer Zahl
nebeneinander geordnet, wirken ähnlich.
Man betrachte hierunten das Bild eines
Familiengrabes aus Herford, und die liegen-
den Steine vom Nürnberger Johannisfried-
hof (Seite 139 oben.)
Nun wird man sagen, es ließe sich
auf die Gestaltung der Denksteine kein
so weitgehender Zwang ausüben, um
die praktischen Folgerungen aus dem, was
an den Bildern gezeigt werden soll, zu
ziehen.
Lange Zeit war ich der gleichen
Ansicht und hielt alle wohlgemeinten Be-
strebungen nach dieser Richtung hin für
verlorene Mühe.
Aber das Beispiel des neuen Mün-
chener Waldfriedhofes hat mich zu anderer
Ansicht gebracht. Sein Schöpfer und
Leiter, der Münchener Baurat Graessel,
dessen Verdienst es ist, überhaupt die Aufmerksam-
keit weiterer Kreise auf diese Dinge gelenkt zu haben,
hat es verstanden, in die Münchener Friedhofsordnung
geeignete Bestimmungen hineinzubringen, und was die
Hauptsache ist, auch ihre Durchführung zu erreichen.
Nach den Bestimmungen für den Münchener Wald-
friedhof dürfen in einzelnen Abschnitten nur Grab-
mäler aus stehenden Steinen (Abb. Seite 139 unten),
in anderen solche aus liegenden Steinen, in anderen
Kreuze aus Holz (Seite 140 oben), wieder in anderen
nur solche aus Eisen verwendet werden, immer in
übereinstimmenden Formen.
Für die Reihengräber sind außerdem noch be-
stimmte Maße für die Höhe, Breite und Tiefe der
Denkmäler vorgeschrieben.
Als Materialien werden bestimmte Ge-
steinarten, farbiges Lärchen- und Eichenholz
und Schmiedeeisen empfohlen. Polierte
Steine, ferner alle du nk eien bezw.
schwarzen Steine werden nur in ganz
besonderen Ausnahmefällen zugelassen.
Gruppenweise und je nach ihrer
Lage sollen die Denksteine eine künst-
lerische Einheit bilden und gegenseitig auf-
einander Rücksicht nehmen. Minder-
wertige schablonenhafte Dutzend-
ware ist ausgeschlossen.
Und diese Vorschriften stehen nicht
nur auf dem Papier, sondern sie wer-
den auch strikte innegehalten, und
den Erfolg kann man nach einigen Bildern
beurteilen, die dem Text dieses Heftes
eingefügt sind.
Leicht ist die Durchführung freilich
nicht gewesen. Heute geht die Sache
aber schon ihren ruhigen Gang. Und

Familiengrabstätte aus Herford. Aufnahme von Fr. Bauer, Magdeburg.
 
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