XI, 9
DIE GARTENKUNST.
155
besserer Lage dem Ackerbau oder der Wiesen-
kultur nicht entzogen werden. Die Äcker und
Wiesen von mittlerer Güte wurden dem
Landschaftsgärtner zur freien Verfügung ge-
stellt.
Es war beabsichtigt, hainartige Gruppen
in den freien Anlagen möglichst aus Obst-
bäumen zusammen zu stellen. Die Anlage eines
Parkes war nicht beabsichtigt. Sie würde meine
Mittel überstiegen haben und ganz verfehlt ge-
wesen sein, weil ein Bedürfnis dafür hier nicht
vorhanden ist. Der gut gehaltene Forst ersetzt
den Park.
Rönnenkamp lieferte mir treffliche Pläne in
G. Meyers Stil, wie sie sich in dessen Lehr-
buch, Tafel XVI und XVII, darstellen.
Wegen der Obstpflanzung zog ich den
Wanderlehrer Siege rt (damals in Liegnitz,
jetzt verstorben) zu Rate. Er hatte gegen un-
Aus dem Schloßgarten von Neu-Strelitz. Gartenmitte.
Aus dem Schloßgarten zu Neu-Strelitz. Blick aut das Schloß.
im Park und im Landschaftsgarten abgestoßen.
Das Nutzbare erscheint unfrei!
Die Zypresse ist der Freiheit Baum,
Weil sie keine Früchte trägt
Und ruhig schwanket im Himmelsraum,
Wenn man die Frucht von den anderen schlägt.
(Rückert.)
Es ist ein Fehler unserer neuzeitlichen Ent-
wickelung (ich meine nicht die allerneuste Zeit,
wo sich schon Besserung anbahnt), daß man
bei Nützlichem nicht an Schönheit denken, beim
Genuß des Schönen nicht von Nebengedanken
an Nützliches berührt sein will. In alten Zeiten
schmückte man das Nützlichste, die Waffen,
und wie nüchtern pflegen sie jetzt auszusehen!
Ein Glück, daß das wahrhaft Zweckmäßige nie
unschön sein kann.
Im Kampf ums Dasein verschließen viele
Leute ihre Augen den Schönheitsrücksichten.
regelmäßig verteilte Obstbäume große Bedenken;
er meinte, zwischen jungen Obstbäumen müsse
der Boden wund gehalten werden, bei landschaft-
lich unregelmäßiger Pflanzenverteilung ginge das
nicht, im Grasland würden die jungen Bäume
nicht gedeihen. —
Der Erfolg hat ihm recht gegeben. Die
Bodenbearbeitung zwischen den jungen Obst-
bäumen gestaltete sich schwierig und geschah
daher nicht in zureichendem Maße; deshalb
wuchsen die Obstbäume schlecht.
Dies schicke ich voraus, um mein Interesse
an den in der Überschrift angedeuteten Fragen
zu erweisen.
Den Obstbäumen wird vorgeworfen, daß
ihre Stammbildung garstig, ihre Laubfarbe zu
stumpf sei. Außerdem fühlt man sich von dem
Gedanken der Nutzbarkeit-welcher
doch ihr größter Vorzug ist — bei Obstbäumen
Aus dem Schloßgarten in Neu-Strelitz. Alter Baumgang.
DIE GARTENKUNST.
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besserer Lage dem Ackerbau oder der Wiesen-
kultur nicht entzogen werden. Die Äcker und
Wiesen von mittlerer Güte wurden dem
Landschaftsgärtner zur freien Verfügung ge-
stellt.
Es war beabsichtigt, hainartige Gruppen
in den freien Anlagen möglichst aus Obst-
bäumen zusammen zu stellen. Die Anlage eines
Parkes war nicht beabsichtigt. Sie würde meine
Mittel überstiegen haben und ganz verfehlt ge-
wesen sein, weil ein Bedürfnis dafür hier nicht
vorhanden ist. Der gut gehaltene Forst ersetzt
den Park.
Rönnenkamp lieferte mir treffliche Pläne in
G. Meyers Stil, wie sie sich in dessen Lehr-
buch, Tafel XVI und XVII, darstellen.
Wegen der Obstpflanzung zog ich den
Wanderlehrer Siege rt (damals in Liegnitz,
jetzt verstorben) zu Rate. Er hatte gegen un-
Aus dem Schloßgarten von Neu-Strelitz. Gartenmitte.
Aus dem Schloßgarten zu Neu-Strelitz. Blick aut das Schloß.
im Park und im Landschaftsgarten abgestoßen.
Das Nutzbare erscheint unfrei!
Die Zypresse ist der Freiheit Baum,
Weil sie keine Früchte trägt
Und ruhig schwanket im Himmelsraum,
Wenn man die Frucht von den anderen schlägt.
(Rückert.)
Es ist ein Fehler unserer neuzeitlichen Ent-
wickelung (ich meine nicht die allerneuste Zeit,
wo sich schon Besserung anbahnt), daß man
bei Nützlichem nicht an Schönheit denken, beim
Genuß des Schönen nicht von Nebengedanken
an Nützliches berührt sein will. In alten Zeiten
schmückte man das Nützlichste, die Waffen,
und wie nüchtern pflegen sie jetzt auszusehen!
Ein Glück, daß das wahrhaft Zweckmäßige nie
unschön sein kann.
Im Kampf ums Dasein verschließen viele
Leute ihre Augen den Schönheitsrücksichten.
regelmäßig verteilte Obstbäume große Bedenken;
er meinte, zwischen jungen Obstbäumen müsse
der Boden wund gehalten werden, bei landschaft-
lich unregelmäßiger Pflanzenverteilung ginge das
nicht, im Grasland würden die jungen Bäume
nicht gedeihen. —
Der Erfolg hat ihm recht gegeben. Die
Bodenbearbeitung zwischen den jungen Obst-
bäumen gestaltete sich schwierig und geschah
daher nicht in zureichendem Maße; deshalb
wuchsen die Obstbäume schlecht.
Dies schicke ich voraus, um mein Interesse
an den in der Überschrift angedeuteten Fragen
zu erweisen.
Den Obstbäumen wird vorgeworfen, daß
ihre Stammbildung garstig, ihre Laubfarbe zu
stumpf sei. Außerdem fühlt man sich von dem
Gedanken der Nutzbarkeit-welcher
doch ihr größter Vorzug ist — bei Obstbäumen
Aus dem Schloßgarten in Neu-Strelitz. Alter Baumgang.