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Die Gartenkunst — 11.1909

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Salisch, Heinrich von: Obstbäume im Garten, im Park und in den freien Anlagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0161

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XI, 9

DIE GARTENKUNST.

157

fort und fort schaffenden Natur gewinnt; für den Land-
mann ist er die nächste Umgebung seines Hauses, seiner
Hütte, seines Wohnplatzes. Das Dorf steht gewisser-
maßen selbst im Garten, und jedes Haus nimmt davon
einen Raum ein, den man als den Lebensraum einer Bauern-
familie bezeichnen könnte. Es ist der alte „Gard“, der
umfriedigte, zaunbewehrte, nächste Besitz.“
Wenn ich die ästhetischen Vorzüge der alten
Obstbäume gerühmt habe, ist doch keineswegs meine
Meinung, daß man die jungen Obstbäume mißhandeln
soll, wie es unsere Großväter taten. Ein schlecht ge-
schnittener Obstbaum ist in der Jugend nicht malerisch,
sondern garstig, und die regelmäßigen Formen, welche
wir jetzt den Kronen junger Hochstämme geben, haben
ihren Reiz, der besonders an den Rändern der Kunst-
straßen zur Geltung kommt, wie die Abbildungen

schnell eine Krone hätte, bei 2,20 m Stammhöhe sich
schon in die Äste teilen, können kein hochwertiges
Klotz liefern.
II. Obstbäume im Obstgarten.
Uber den ästhetischen Wert, welcher den Obst-
bäumen im eigentlichen Obstgarten innewohnt, läßt
sich besseres nicht sagen, als in den Zitaten nach
Schultze-Naumburg und Ratzel oben enthalten ist; es
sind aber noch Ergänzungen nötig.
Bisher hat man die Schönheitsrücksicht im Obst-
bau stark betont, soweit die Formen in Frage
kamen. Für die Erzielung regelmäßiger, ja sogar ge-
künstelter Formen sind unzählige Anleitungen vor-
handen. Berufsgärtner und Laien haben dabei Fleiß

85 jährige Apfelbaumallee in Postel. Nach einer Zeichnung von Konstantin Mitschke-Collande.


Seite 158 u. 159 zeigen. — Es sind Kirschalleen, deren
Stamm beim Kronenansatz sich in Äste zerteilt.
Schönere Kronen werden Bäume entwickeln, die mit
durchgehendem Schaft von Jugend an erzogen und
gepflegt worden sind.
Im höheren Alter werden auch die anfangs regel-
mäßig gezogenen Baumkronen malerische Beastung
ganz von selbst annehmen.
Dem Nationalvermögen gehen sehr schätzbare
Werte dadurch verloren, daß unsere Obstbäume sich
meist beim Kronenansatz in Äste zerteilen, ohne einen
Stamm, der die Äste tragen soll, höher als 2 m er-
kennen zu lassen. Obstbaumholz, besonders das
Birnen- und das Kirschbaumholz, wird gut bezahlt,
wenn starke und gesunde Abschnitte davon zu Markte
kommen. Noch gesuchter ist das Holz des Walnuß-
baumes. Bäume, die nach alter Mode, damit man

aufgewendet, der durch mehr und größere Früchte
entsprechenden Lohn nicht finden konnte. Darüber
hat man die Farbe außer acht gelassen.
Ein blühender Obstgarten ist immer sehr schön;
er gewinnt an Reiz, wenn zum Weiß helles und dunkles
Rosa hinzukommt. Für die früheste Blütezeit leisten
diesen Dienst die Pfirsichbäume, später der purpurrote
Cousinot. Diese anspruchslose Apfelsorte von regel-
mäßiger Tragbarkeit ist aus den meisten Normalsorti-
menten verschwunden, aus den Gärten sollte man sie
nicht verschwinden lassen. Das gleiche gilt von einigen
schön blühenden Lokalsorten, deren Aufzählen zu weit
führen würde. Erwähnt sei der immer seltener werdende
Edelborsdorfer, dessen schön gefärbte, wenn auch nicht
ganz dunkel rosensote Blüten in zierlichen Büscheln die
Zweige bedecken. Zu den am schönsten weiß blühenden
Apfelbäumen ist wohl der Gravensteiner zu zählen.
 
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