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Die Gartenkunst — 11.1909

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Salisch, Heinrich von: Obstbäume im Garten, im Park und in den freien Anlagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0163

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XI, 9

DIE GARTENKUNST.

159

„An den wilden Apfelbaum (Pyrus malus, L.) und den
wilden Birnbaum (Pyrus communis, L), diese vereinzelten
Urbäume besonders in Bergwaldungen, sei beiläufig noch
erinnert, um sie als Denkmäler verschwundener Jägerzeit,
wie zur Erinnerung an Altdeutsche Kost, der Nachwelt zu
zu erhalten. Sie sind die Stammeltern all der Obstpracht
in unseren Gärten, die nach Hunderten von Spielarten
zählt. Besonders der alte Wildapfelbaum, borstig wie ein
Keiler, steht da als ein urwaldlicher Zeuge; man gönne
ihm seine Stelle.
Die Poesie des Waldes wird immer ärmer.“
Die Charakteristik des Wildapfelbaumes durch den
Vergleich mit dem borstigen Keiler ist sehr treffend.
Die in unseren Waldungen noch vorkommenden
wilden Obstbäume sind nur zum geringeren Teil Nach-
kommen der ursprünglich wilden Stammform. Häufiger
muß man sie als Sämlinge edler Sorten ansehen. Hier-
durch entsteht große Mannigfaltigkeit.
Weit größeren Umfang als der Apfelbaum erlangt
der wilde Birnbaum und wenn er alt wird, nimmt er
sehr malerische Formen an. Ich schalte Seite 160 das
Bild eines solchen ein, der in Postel auf einem Feld-
rain zwischen Gestrüpp erwachsen ist und vor zwanzig
Jahren freigestellt wurde. Die im eigentlichen Sinne
wilden Birnbäume unterscheiden sich von den unver-
edelt gebliebenen Sämlingen edler Sorten durch die
eigenartigen kreisrunden Blättchen (Seite 160).
Der Vogelkirschbaum entzückt den Natur-
freund durch die schneeige Blüte im ersten Frühjahr
und durch das lorbeerartige Blatt und den schlank auf-
strebenden Wuchs. Es gibt zum Glück Spielarten der
wilden Kirsche-, deren Früchte klein und bitterlich sind
so daß sie auf die liebe Jugend keine zu große An-
ziehungskraft ausüben. Solche sind vor Beschädigungen
sicher und passen daher am
besten in unbeschützte Pflan-
zungen. Sie mögen als Vogel-
weide dienen.
In der Königl. Oberför-
sterei Abtshagen, Forstin-
spektion Stralsund, steht ein
Kirschbaum von 20 m Höhe
und 54 cm Brusthöhendurch-
messer im Forst*).
V. Freie Anlagen.
Freie Anlagen sind
nutzbare Landschaft,
geschmückt mit Holzungen,
zugänglich durch gut geführte,
aber anspruchslos gehaltene
Wege.
Für die freien Anlagen
gilt alles, was vorstehend für’
den Park ausgeführt wurde;
*) Forstbotanisches Merkbuch
der Provinz Pommern. Berlin,
Gebr. Bornträger, 1905.

es kommt aber noch die Rücksicht auf Nutz-
barkeit hinzu.
Wo Boden und Klima günstig sind, verdient der
Walnuß bäum in freien Anlagen reichliche Anpflan-
zung. Sein heller Stamm, sein mächtiges Astwerk, sein
prächtiges, kaum jemals unter Insekten leidendes Laub-
werk, welches zu schönen Massen geordnet prachtvolle
Kuppeln wölbt, alles dieses erhebt seine Erscheinung
weit über das Kern- und Steinobst. Leider ist er in
Deutschland nicht überall ganz winterhart. Sein tiefer,
weitgreifender Schatten macht sich an Feldern und an
Wiesen unangenehm bemerkbar, dem Wanderer auf
der Straße ist er eine Wohltat!
Pflanzt man in den Feldbüschen wilde Obstbäume,
so wird man stark wüchsige Spielarten, die
wertvolles Nutzholz versprechen, zu bevorzugen haben.
Meist wird in freien Anlagen die Jagd eine große
Rolle spielen, daher werden auch die Früchte des Wild-
obstes zur Äsung für das Wild geschätzt werden. Im
Unterholz des Mittelwaldes lasse man an den Rändern
der schönen Blüte wegen auch die Sauerkirschen und
die Kricheln nicht ganz fehlen. Beide bestocken sich
durch Wurzelbrut und sind, wo sie fußgefaßt haben,
fast unausrottbar bei geringen Bodenansprüchen.
Wichtiger ist das veredelte, umderFrüchte
willen angebaute Obst. Sollen wir nun das Obst
als Allee, oder in regelmäßiger Pflanzung feldmäßig,
oder sollen wir es hainartig in der Landschaft verteilt
ziehen ?
Nicht immer gereichen Alleen einer Gegend zur
Zierde. Das Gegenteil trifft zu, wenn sie den Ausblick
nach einem schönen Hintergrund verdecken oder den


Kirschbaumallee im Nimpscher Kreise (Schlesien). Schutzpflanzung auf hoher Böschung.
 
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