Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 11.1909

DOI Artikel:
Rosenthal, Willy: Aus Chicagos öffentlichen Anlagen, [1]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0180

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
176

DIE GARTENKUNST.

XI, 10

Weiter sind günstige Gelegenheiten für Reifen-
spiele, Schlittenfahrten und Schlittschuhlaufen ge-
schaffen; es gibt im südlichen Parkdistrikt 19 städtische
Eisbahnen und 17 Rodelbahnen.
Auf allen genügend großen Parkgewässern stellt
die Parkkommission Ruderboote zur Verfügung, und
ausserdem befinden sich in zwei Parks große Barken
für Kinder und im Jackson-Park auch Motorboote.
Hier ist auch ein Hafen von 24 Acres für private
Vergnügungsfahrten angelegt.
Man erkennt aus all diesen Angaben die außer-
ordentliche Wertschätzung, die den öffentlichen An-
lagen und der Körperkultur in amerikanischen Groß-
städten entgegengebracht wird. Über eigentliche Luft-
und Sonnenbäder für Nacktspiele, die sich bei uns
jetzt allmählich die öffentliche Meinung erobern, lassen
die amerikanischen Berichte auffallenderweise jede An-
gabe vermissen. Doch bedingt ja schon die lebhafte
Bewegung im Freien, die der Anglo-Amerikaner liebt,
eine Kleidung, die dem Feigenblatt der altgriechischen
Wettkämpfer möglichst nachzukommen sucht. — Jeden-
falls bieten die amerikanischen Parks durch ihre zu
kostenlosem freudigen Tummeln verlockenden und
sonstigen gemeinnützigen Einrichtungen der Bevöl-
kerung bedeutend mehr, als unsere üblichen, gleich-
förmigen Grünanlagen, in denen besonders den Kindern
kaum ein anderes Gefühl kommt als das der Lämmer
vor verbotener Weide.

Der Jahresbericht von 1907 der Süd-Parkkom-
mission von Chicago bietet noch zwei Dinge von Inter-
esse. Das erste ist eine Photographie des „Brunnens
der großen Seen“, einer allegorischen Brunnengruppe,
die beweist, wie weit doch die Amerikaner auch von
der einseitig nüchternen Verständnislosigkeit für das
Ideal-Schöne entfernt sind. Fünf lebensvolle Frauen-
gestalten mit großen Muschelschalen symbolisieren
in höchst reizvoller malerischer Stellung zueinander
und für sich charakteristisch die viel besungenen
großen kanadischen Binnenseen, an deren einem, dem
Lake Michigan, ja Chicago liegt. Die Kosten für das
Monument betragen 60000 Dollars (240000 Mark) und
werden aus einer Stiftung von Benjamin Ferguson ge-
wonnen, der 1000000 Dollars = 4000000 Mark für
Bildwerke auf öffentlichen Plätzen vermachte. Der
Brunnen soll in Bronze ausgeführt in einem der Süd-
parks Aufstellung finden.
Weiter zeigt der Bericht, daß auch in Amerika
sich Wandlungen in der Park- und Gartengestaltung
vollziehen. Ein von der großen landschaftsgärtnerischen
Firma Gebr. Olmsted in Brookline (Mass.) gefertigtes
Modell für den neuen Grant-Park zeigt ein charakter-
volles, monumentales Gepräge. Dieser Park ist bereits
annähernd fertiggestellt. Er ist 205 Acres (328 preußi-
sche Morgen) groß und „wird der schönste und benutz-
barste Park innerhalb des Geschäftsdistrikts irgend
einer Stadt der Welt sein“. Große Aufmerksamkeit


Aus dem Garfield-Park in Chicago: Inneres des Palmenhauses.
 
Annotationen