XI, 11
DIE GARTENKUNST.
183
i. Neifieblick im Park zu Muskau. Aufnahme von Rud. Lauche, Muskau.
Welche Bedeutung haben Stadtwaldanlagen für Industrie- und Großstädte?
Von Fritz Manisch, Breslau*).
Welche Vorliebe der Deutsche für den Wald be-
sitzt, zeigt uns das Lob des Waldes in hundert Melo-
dien des Volksliedes; aus den Werken der dichtenden
und malenden Kunst klingt und leuchtet eine leiden-
schaftliche Liebe für den Wald heraus.
„Es ist nicht ohne Grund“, sagt Prof. Ernst Rudorff
im Heimatschutz, „wenn kein Volk der Erde Dichter
der Landschaft, der Naturempfindung aufzuweisen hat
von solcher Kraft und Innigkeit wie das deutsche“;
er rühmt das Herzbewegende der deutschen Land-
schaft, die Poesie ihrer Waldgebirge und den Reich-
tum idyllischer und romantischer Stimmungen; er
tadelt aber auch unsere Sucht, alles, auch die
Natur zu schulmeistern; er verurteilt das Be-
streben der modernen Forstwirtschaft und sagt:
Der Wald mit seinen Erträgen wird zur Ware
herabgewürdigt, er soll nichts weiter sein als
ein Kapital, dessen Nutznießung auf den
höchsten Grad zu steigern ist. Wir müssen
anerkennen, in Deutschland verschwindet der
natürliche Wald mehr und mehr, statt seiner
erheben sich Forstkulturen, wir haben fast nur
noch intensiv betriebenen Nutzwald, nicht
aber Naturwald. Mit dem Begriff eines
Waldes verbindet der Gebildete die Vorstel-
lung einfältiger Naturschönheit in einem natur-
wüchsigen, nicht aber gepflanzten oder ge-
pflegten Walde; wohl gibt es Urwälder, nicht
aber Urforsten. Die ursprüngliche Waldnatur
*) Vortrag, gehalten auf der Hauptversammlung
der D. G. f. G. in Hamburg am 27. Juni 1909.
hat der deutsche Wald verloren, die Alpen und Kar-
paten bieten Beispiele von der wilden Schönheit der
Wälder, vereinzelt auch Urwälder: hier finden wir noch
die Reize des Waldes und den Zauber der Natur, ihr
unverfälschtes Vorbild, das den vollständigen Genuß
der Naturschönheit ermöglicht.
Ist im allgemeinen ein Rückgang der bebauten
Waldflächen festzustellen, so wird in neuester Zeit
Schutz und Pflege dem Walde von einer Seite zuge-
wendet, die zu den größten Hoffnungen auf dessen
Erhaltung und Verschönerung berechtigt. Die Verwal-
tungen großer Städte begnügen sich nicht mehr damit,
2. Aus dem Herrenkrug zu Magdeburg.
DIE GARTENKUNST.
183
i. Neifieblick im Park zu Muskau. Aufnahme von Rud. Lauche, Muskau.
Welche Bedeutung haben Stadtwaldanlagen für Industrie- und Großstädte?
Von Fritz Manisch, Breslau*).
Welche Vorliebe der Deutsche für den Wald be-
sitzt, zeigt uns das Lob des Waldes in hundert Melo-
dien des Volksliedes; aus den Werken der dichtenden
und malenden Kunst klingt und leuchtet eine leiden-
schaftliche Liebe für den Wald heraus.
„Es ist nicht ohne Grund“, sagt Prof. Ernst Rudorff
im Heimatschutz, „wenn kein Volk der Erde Dichter
der Landschaft, der Naturempfindung aufzuweisen hat
von solcher Kraft und Innigkeit wie das deutsche“;
er rühmt das Herzbewegende der deutschen Land-
schaft, die Poesie ihrer Waldgebirge und den Reich-
tum idyllischer und romantischer Stimmungen; er
tadelt aber auch unsere Sucht, alles, auch die
Natur zu schulmeistern; er verurteilt das Be-
streben der modernen Forstwirtschaft und sagt:
Der Wald mit seinen Erträgen wird zur Ware
herabgewürdigt, er soll nichts weiter sein als
ein Kapital, dessen Nutznießung auf den
höchsten Grad zu steigern ist. Wir müssen
anerkennen, in Deutschland verschwindet der
natürliche Wald mehr und mehr, statt seiner
erheben sich Forstkulturen, wir haben fast nur
noch intensiv betriebenen Nutzwald, nicht
aber Naturwald. Mit dem Begriff eines
Waldes verbindet der Gebildete die Vorstel-
lung einfältiger Naturschönheit in einem natur-
wüchsigen, nicht aber gepflanzten oder ge-
pflegten Walde; wohl gibt es Urwälder, nicht
aber Urforsten. Die ursprüngliche Waldnatur
*) Vortrag, gehalten auf der Hauptversammlung
der D. G. f. G. in Hamburg am 27. Juni 1909.
hat der deutsche Wald verloren, die Alpen und Kar-
paten bieten Beispiele von der wilden Schönheit der
Wälder, vereinzelt auch Urwälder: hier finden wir noch
die Reize des Waldes und den Zauber der Natur, ihr
unverfälschtes Vorbild, das den vollständigen Genuß
der Naturschönheit ermöglicht.
Ist im allgemeinen ein Rückgang der bebauten
Waldflächen festzustellen, so wird in neuester Zeit
Schutz und Pflege dem Walde von einer Seite zuge-
wendet, die zu den größten Hoffnungen auf dessen
Erhaltung und Verschönerung berechtigt. Die Verwal-
tungen großer Städte begnügen sich nicht mehr damit,
2. Aus dem Herrenkrug zu Magdeburg.