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DIE GARTENKUNST.
XI, 11
21. Aus dem Jägerwäldchen zu Görlitz. Aufnahme von Ernst Schneider.
Bezüglich der Gestaltung der Naturschutzgürtel sagt
France : . . aber nach den Grundsätzen der modernen
Forstästhetik gehegte Naturwälder mit ihrem gemischten
Gehölz, ihren reichen Pflanzenbegleitern und dem natür-
lichen Wechsel von Parklandschaft und geschlossenem
Hag, mit den stillen Weihern, der Üppigkeit natürlicher
Wiesen und Fluren, das wünsche ich mir und den
Deutschen Städten.“
Wenn ich am Schluß meiner Ausführungen über
den mir gestellten Rahmen des Nachweises der hohen
Bedeutung von Stadtwäldern für Groß- und Industrie-
städte hinausgehe und noch einige technische Maß-
nahmen über die Behandlung von Stadtwaldanlagen
bespreche, so kann sich mein Bericht kurz fassen, da
ich versucht habe, durch die Schilderung der gege-
benen, mir bekannten Beispiele den Kern der Sache
zu treffen. Wir haben noch wenig ausgereifte Vor-
bilder auf diesem Gebiete, der Gegenstand ist ein
echtes Kind der Neuzeit, daher muß ich mich
mit statistischen Angaben begnügen und es
mir versagen, durch Gegenüberstellung von Bei-
spiel und Gegenbeispiel die Theorie des
St ad t wald prob lems zu entwickeln und in
bestimmte Leitsätze zu fassen. Mein Nachweis
der bisherigen Tätigkeit der Großstädte auf
diesem Gebiete durch Wort und Bild soll die
Bezeichnung „Stadtwald“ klären und die
Begriffe „Park“ und „Wald“ als grundver-
schieden auseinander halten. Unterscheiden
wir scharf: Im Stadtwald sucht der Großstädter
den deutschen Naturwald; er will allein sein
mit sich und der ihn umgebenden unge-
künstelten Natur; er meidet die Anregung und
Belehrung, die ihm der Park Schritt für Schritt
aufdrängt. Kein fremdländisches Gehölz, kein
unpassender Blütenstrauch soll ihn ablenken
und stören in dem Wohlbehagen, in dem
Frieden und der Erholung, die ihm der Park in
diesem Umfang nicht zu bieten vermag; er will ent-
rückt sein dem Getriebe der Großstadt und aller
Kultur. Mich kann daher die in neuerer Zeit in Auf-
nahme gekommene Bezeichnung „Waldpark“ nicht
befriedigen; zurzeit fehlt dem Sprachgebrauch noch
eine treffende, charakterische Benennung für diejenigen
freien Erholungsanlagen, deren Hauptbestandteil einen
Wald darstellt, der aber weniger nach wirtschaft-
lichen als nach ästhetischen Grundsätzen auszuge-
stalten und einzurichten ist, der weite Gefilde mit
Wald-, Wiesen- und Wasserflächen bietet und vor
allem sich eignet, zeitweise einen Strom Großstädter
aufzunehmen, der, getrieben von der Sehnsucht, mit
der Natur wieder in Berührung zu kommen, aus der
Staubmasse des Häusermeeres ins Grüne der freien
Natur flüchtet, um Erholung und Naturgenuß, Zer-
streuung und Unterhaltung in gesundheitlich gün-
stiger Umgebung zu finden.
Die sachgemäße Auffassung in der Er-
schließung und Behandlung von Stadtwaldan-
lagen setzt voraus:
ein eingehendes Studium des Waldes, seiner
Lebensbedingungen, Eigenheiten, charakte-
ristischen Merkmale,
Kenntnis der Forstbewirtschaftung, wenig-
stens in den hauptsächlichsten Erschei-
nungen, ferner Kenntnis und Verständnis
für die Bedürfnisse moderner Zeitforderungen
auf dem Gebiete der sportlichen Bestre-
bungen, als da sind Rennbahnen, Rodel-
bahnen, Spiel-, Turn- und Sportplätze aller-
größten LTmfangs, Luft- und Sonnenbäder,
Waldschulen und Heimstätten, Ruder- und
Segelsport, sowie Freibäder, wo Gelegenheit
dazu geboten.
Die erheblich größere Ausdehnung der
Stadtwaldanlagen im Vergleiche zu Stadtparks,
die wegen ihres beschränkten Umfangs nur
22. Vom Wiener Wald- und Wiesengürtel. Blick vom Krapfenwald.
DIE GARTENKUNST.
XI, 11
21. Aus dem Jägerwäldchen zu Görlitz. Aufnahme von Ernst Schneider.
Bezüglich der Gestaltung der Naturschutzgürtel sagt
France : . . aber nach den Grundsätzen der modernen
Forstästhetik gehegte Naturwälder mit ihrem gemischten
Gehölz, ihren reichen Pflanzenbegleitern und dem natür-
lichen Wechsel von Parklandschaft und geschlossenem
Hag, mit den stillen Weihern, der Üppigkeit natürlicher
Wiesen und Fluren, das wünsche ich mir und den
Deutschen Städten.“
Wenn ich am Schluß meiner Ausführungen über
den mir gestellten Rahmen des Nachweises der hohen
Bedeutung von Stadtwäldern für Groß- und Industrie-
städte hinausgehe und noch einige technische Maß-
nahmen über die Behandlung von Stadtwaldanlagen
bespreche, so kann sich mein Bericht kurz fassen, da
ich versucht habe, durch die Schilderung der gege-
benen, mir bekannten Beispiele den Kern der Sache
zu treffen. Wir haben noch wenig ausgereifte Vor-
bilder auf diesem Gebiete, der Gegenstand ist ein
echtes Kind der Neuzeit, daher muß ich mich
mit statistischen Angaben begnügen und es
mir versagen, durch Gegenüberstellung von Bei-
spiel und Gegenbeispiel die Theorie des
St ad t wald prob lems zu entwickeln und in
bestimmte Leitsätze zu fassen. Mein Nachweis
der bisherigen Tätigkeit der Großstädte auf
diesem Gebiete durch Wort und Bild soll die
Bezeichnung „Stadtwald“ klären und die
Begriffe „Park“ und „Wald“ als grundver-
schieden auseinander halten. Unterscheiden
wir scharf: Im Stadtwald sucht der Großstädter
den deutschen Naturwald; er will allein sein
mit sich und der ihn umgebenden unge-
künstelten Natur; er meidet die Anregung und
Belehrung, die ihm der Park Schritt für Schritt
aufdrängt. Kein fremdländisches Gehölz, kein
unpassender Blütenstrauch soll ihn ablenken
und stören in dem Wohlbehagen, in dem
Frieden und der Erholung, die ihm der Park in
diesem Umfang nicht zu bieten vermag; er will ent-
rückt sein dem Getriebe der Großstadt und aller
Kultur. Mich kann daher die in neuerer Zeit in Auf-
nahme gekommene Bezeichnung „Waldpark“ nicht
befriedigen; zurzeit fehlt dem Sprachgebrauch noch
eine treffende, charakterische Benennung für diejenigen
freien Erholungsanlagen, deren Hauptbestandteil einen
Wald darstellt, der aber weniger nach wirtschaft-
lichen als nach ästhetischen Grundsätzen auszuge-
stalten und einzurichten ist, der weite Gefilde mit
Wald-, Wiesen- und Wasserflächen bietet und vor
allem sich eignet, zeitweise einen Strom Großstädter
aufzunehmen, der, getrieben von der Sehnsucht, mit
der Natur wieder in Berührung zu kommen, aus der
Staubmasse des Häusermeeres ins Grüne der freien
Natur flüchtet, um Erholung und Naturgenuß, Zer-
streuung und Unterhaltung in gesundheitlich gün-
stiger Umgebung zu finden.
Die sachgemäße Auffassung in der Er-
schließung und Behandlung von Stadtwaldan-
lagen setzt voraus:
ein eingehendes Studium des Waldes, seiner
Lebensbedingungen, Eigenheiten, charakte-
ristischen Merkmale,
Kenntnis der Forstbewirtschaftung, wenig-
stens in den hauptsächlichsten Erschei-
nungen, ferner Kenntnis und Verständnis
für die Bedürfnisse moderner Zeitforderungen
auf dem Gebiete der sportlichen Bestre-
bungen, als da sind Rennbahnen, Rodel-
bahnen, Spiel-, Turn- und Sportplätze aller-
größten LTmfangs, Luft- und Sonnenbäder,
Waldschulen und Heimstätten, Ruder- und
Segelsport, sowie Freibäder, wo Gelegenheit
dazu geboten.
Die erheblich größere Ausdehnung der
Stadtwaldanlagen im Vergleiche zu Stadtparks,
die wegen ihres beschränkten Umfangs nur
22. Vom Wiener Wald- und Wiesengürtel. Blick vom Krapfenwald.