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Die Gartenkunst — 11.1909

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Hoemann, Reinhold: Erinnerungen an die Studienfahrt der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst nach England, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0209

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XI, 12

DIE GARTENKUNST.

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Stadt freundlich um-
friedet, wenn er auch
längst nicht mehr zu
Beerdigungszwecken
benutzt wird. Es liegt
eine stille, schlichte
Poesie in diesen alten
Kirchhofsgärten, die
das geräuschvolle Trei-
ben des Großstadt-
lebens doch allseits
umbrandet. Freilich
wurde auch hier die
Poesie zuweilen durch
grobe Geschmacksver-
irrungen getötet. So
prangte vor der alten,
prächtig ehrwürdigen
St. Pauls-Kathedrale
ein riesiges Teppich-
beet schlimmster Art in Wappenform mit heraldischen
Figuren (aus Pflanzen natürlich). Ein schlimmeres
Gegenbeispiel könnte Muthesius nicht konstruieren und
doch fand sich dasselbe in dem vorbildlichen England,
vor einem der bedeutendsten Bauwerke der Hauptstadt
im Lichte der vollsten Öffentlichkeit.
Ein ganz ähnlicher Ungeschmack war auch in den
vielen Auslagen der Blumenläden häufig zu beobachten.
Neben erlesenen Einzelblumen und wirklich geschmack-
vollen Staudenzusammenstellungen fand man oft Bu-
kets, Kränze und Kreuze, die der Kunstwart wahr-
scheinlich zu den Hausgreueln zählen würde, ganz wie
bei uns!

Lagerplätze aller Art,
kleineWerkstätten wa-
ren auf denselben er-
richtet , kurzum, sie
dienten ganz dem Ge-
schäftsverkehr. In den
reicheren Stadtvierteln,
z. B. in der Umgebung
des Hydparks sahen
wir gemeinsame Vor-
gärten. Die Haus-
fronten sprangen zu-
rück, hatten eine ge-
meinsame Zufahrt und
zwischen Zufahrt und
Hauptstraße lag dann
eine gemeinsame Grün-
anlage, meist von ho-
hen Bäumen bestanden
(siehe nebenstehende
Skizze). Ich fand diese Einrichtung sehr zweckmäßig,
sehr schön und nachahmenswert.
Nachmittags sollten wir dann wieder Gärten sehen.
Wir fuhren mit der South-Eastern nach Dulwich und
besichtigten zunächst den dortigen ca. 30 ha großen,
zum Dulwich-College gehörenden Park. Von den Vorste-
hern dieser bekannten Erziehungsanstalt ist der Park der
öffentlichen Benutzung übergeben. Auch dieser Park
war außerordentlich gut gepflegt, augenscheinlich mit
großem Kostenaufwand. Das Schönste und Beste
waren aber auch hier die samtartig geschorenen
weiten baumumstandenen Wiesen, auf welchen große
Mähmaschinenautomobile schnelle und saubere Arbeit

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Grundrißskizze eines mehreren Häusern gemeinsamen Londoner
Vorgartens.

Baumpflanzungen auf den Straßen findet man
im Stadtinnern selten, wenigstens nicht in der City
und im Westend. Wo aber einmal sich ein Rest einer
solchen Anpflanzung findet, da ist er meist recht

verrichteten. Ein hübsches Klubhaus stand auf der
Hauptwiese und auf dem grünen. Teppich spielten
alte Weißbärte ebenso froh und rüstig, wie junge hell-
gekleidete Mädchen

kümmerlich. Straßenbäume
gehören wohl auch in sol-
chen Großstadtbetrieb nicht
hinein. Auf den Schulhöfen
dagegen beobachtete ich gut
gepflegte Baumpflanzungen
und die bequemen niedrigen
Rundbänke um die Bäume
brachten einen Ton des
Gemütlichen in die sonst
allzunüchternen Schulhöfe
hinein.
Vorgärten sind im Stadt-
innern selten; wo sie sich
nicht bewährten, da machte
man kurzen Prozeß mit
ihnen. So fuhren wir durch
eine Straße, welche ur-
sprünglich mit tiefen Vor-
gärten angelegt war; heute
dienen diese Vorgärten als

Spielwiese im Battersea-Park in London.


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