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öamstag, den 5. Iuli 1919

Heidelberger Settung — Nr. 133

veilage

Staatsbankrott und Volks-
roirtschaft

Von E. tho Nhade

m.

Vetrachten wir nun. wie die Reglerung dem
Finanzelend des ReMes beizukommen fucht. so
ehen wir. das, ihre Vorschläge emmal durchaus
miMlannl.ch lind. da!i s-m-r m d°r
bisher nur andeutungsweise mltgeterlten Vorlage
über die Vermögensabgabe eme Konflskatwn mtt
all ihr.en schädlichen. zum verkummernden Kom-
munismus führenden Folgen nur muhsam ver-
schleiert wird. Und hinter der Elsenbartkur grmst
doch wieder das Eespenst,des Staatsbankerotts

Verschuldung des Reichs beläuft sich auf
rund öOO Millmrden Papiermark. wobei dre 300
Milliarden. die das Ausland beansprucht. — 100
Milliarden Eold sind etwa gleich 300 Milliarden
Papier —. einstweilen ausscheiden mögen. obgleich
diese Summe von lebensfremden Friedensunter-
häydlern als erschwinglich unsererseits angeboten
sind' Der Nest von 200 Milliarden entfallt rund
zur Hälfte auf Kriegsanleihe. zur Hälfte auf un-
gedeüte Darlcchnslasilnfchgine (von ^twa ^O
Milliarden. sowie auf schwebende Verbmdlrchker-
ten (rund 00 Milliarden). Dieser letztere. iet,t am
drückendsten empfundene und unser Wirtschaftsleben
zur Zeit am schwersten erschiitternde Schuldenan-
teU ist deshalb so aufgelaufen. weil der Rerchslei-
tung seit dem roten November auch nicht für einen
Ma'rawcdi Anleihekredit beigemessen wird und werl
die sckion in den lehten Kriegsjahren schwer zu be-
anstandende Vergeudung von Staatsmitteln selt
>der Revolution eiken kaum zu überbietenden Um-
fang angenommen hat. Hrer will die Erzbergersche
Vermögensabgabe durchgreifende Hilfe schaffen. die
mit Vernlögensabgabe bis zu 70 Prozent auf emen
Ertrag von 70—90 Milliarden Mark rechnet. Ab-
gesehen davon. dasi diese in Steuerform vor sich
gehende Enteignung unsere werbende Nolkswilrt-
schaft. wie ausgeführt. dem Rurn entgegentreibt
und ihre Trümmer auf dem Umwege über unpro-
duktive Staatswirtschaft dem angelsächsischen Kapi-
talismus ausliefert. musi darauf hingewissen mer-
den. — und die Vorlage wird es auch bestätigen,
— datz diescr gewaltige Ertrag gar nicht als Schul-
dentilgungskapital. sondern zum überwiegellden
Teil nur als zur Schuldenverzinsung und allmäh-
lichen Schuldabtragung d'enende Rente aufgebracht
werden kann. Damit ist ihr Ziel. unsere schweben-
den Verbindlichkeiten zu beseitigen. von vornherein
sehlgeschlagen: aussichtslos ist die Hoffnung, mit
dieser Vermögensabgabe unsere Zettelwirtschaft
aus der Welt zu schaffen. ganz utopistisch endlich
die Erwartung. als könne man damit unsere Zms-
und Amortisationsverpflichtung gegenüber den
Kriegsanleihe ndecken. An diesem Aderlatz ver-
Llutet also unsere Privatwirtschaft und der jetzt so
wichtige private Auslandskredit umsonst. ohne das;
das Siechtum unserer Staatsfinanzen damit beho-
ben würde.

Jm Eegenteil. eme solch einschneidende Vee«in-
derung des Privatkapitals hat naturgemns; eine
starke Beeinträchtigung der Steuerkraft zur Folge.
die, wenn man das Durchschnittserträgnis des ein-
gezogenen Kapitals nur mit 7 Prozent annimmti
im Zahre zwischen 5 und 6 Milliarden-Mark aus-
macht. Und damit kommen wir auf dis Vestreitung
der laufenden Staatsbedürfnisie, die viel wichtiger
ist als die Schuldenabtragung. denn wird unser
fmanzielles Eleichgewicht in laufenden Einnahmen
und Ausgaben nicht hergestellt. so geraten wir mit
Riesei'.schritten in neue Schuldenlasten. die den Er-
trag der Erzbergervorlage alsbald wieder verzeh-
ren und uns erneut vor den Staatsbankerott stellen.

Die jährlichen Anforderungen des Reiches hat
Dernburg lehthin auf fast 24 Milliarden Mark
beziffert. gegenüber einem Friedensbudget von 4
Milliarden Mark,- und hat dabei wohl noch viel
zu günstig gerechnet. obwohl die Verpflichtungen
dem feindlichen Ausland gegenüber auch von ihm
unberücksichti.gt gelassen worden sind. Dazu kom-
men noch mindestens 7-Millrarden Mark Anforde-
rungen der einzelnen Eliedstaaten (die Stadtfinan-
^zen ganz ungerechnet!) eine Summe, die in Preu-
Ken und anderen Eisenbahnstaaten fast wöchentlich
um hunderte Millionen infolge erneuter Angestell-
ten- und Arbeiterforderungen wächst. Zur Bestrei-

tung der lfd. Einnahme ist uns nun dieser Tage
ein umfangreiches Steuerbukett überreicht worden;
obwohl es schon starken Tabak enthält. errechnet
sich der Neuertrag dieser Steuern auf lumptge 1200
Millionen Mark. reicht also nicht entfernt zur
Deckung des Unterschusses eines Monats aus.'kia,
deckt nicht einmal die kurz aus dein Handgelenk.
ohne Zustimmung der zuständigen Volksvertretung
gemachten Ausgaben zwecks Senkung der Lebens-
mittelpreise in den nächsten drei Monaten. Selbst
die Abgabe eiyes Zehntels des gesamten festen
Einkommens des Volkes. die in der inzwischen zu-
rückgezogenen Kapitalrentensteuer vorgesehen war,
würde nur ein Ergebnis von 1300 Milli'onen Mark
gehabt haben. also auch weit unter dem Fehlbetrag
eines Monats zurückgeblieben sein. Anschaulich
wird der ungeheure laufende Bedarf des Reiches
dem Laien dann, wenn er sich vergegenwärtigt. dasi
der Eesamtbetrag aller Kapütalrenten. also die
Zinsen von Kriegs- und Staatsanleihen aller Art.
von Obligationen und Pfandbriefen ll. dergl. mit
insgesamt 13 000 Milliarden Mark noch nicht an-
nähernd ausreicht. den derzeitigen Unterschutz des
Reichs und der Eliedstaaten zu tilgen. Da hat
denn auch die demokratisch-sozialistische Negierung
schon längst ihre alte Forderung. Neuausgaben
durch direkte Steuern zu decken. zum alten EHen
werfen mllssen und ist zur Ausschreibung indirekter
Steuern übergegangen. die dem alten Negime „als
ungerechte Belastung des kleinen Mannes" immer
so stark angekreidet wurden.

Aber auch die indirekten Steuern dürftcn zur
Vestreitung der Staatsbedürfnisie kaum ausreichen.
selbst wenn man die so einfach zu melkende Umsatz-
steuer noch verdoppelt oder vervielfacht. Denn die
weitere Vertcuerung der Lebensbedürfnisie ist die
notwendige Folge und damit ein Nachlassen der
Steuerkraft oder aber ein Ausgleich durch erneute
Lohn- und Gehaltsforderungen. die wieder den
Staat als grösiten Betriebsunternehmer am schwer-
sten belasten. So bleibt letzten Endes nur die
allerschärfste steuerliche Erfassung des Einkommens
übrig* Wenn man das gesamte Einkommen des
deutschen Volkes. einerseits unter Berücksichtigung
der Eebietsabtrennungen. andererseits unter dem
Eesichtspunkte der Eeldentwertung. die sich nament-
lich in einer starken Erhöhung des Lohneinkommens
geltend macht, hoch annimmt. so kommt man auf
eine Schätzung von 60 Milliarden Mark. Zur Cr-
zielung eines finanziellen Gleichgewichts müsite
dies Emkommen mit mindestens 50 Prozent zur
Steuer abgegeben werden. und zwar. da die hoche^
Ernkommen jetzt erbeblich nachgelasien haben. o"ck>
in den geringeren Steuerstufen. Also auch der Ar-
'beiter wird von seinem erkämpften Lohnsatz annä-
hernd die Hälfte an den Staat abzuführen haben,
wobei die Ci'nziehungsmöglichkeit noch mit einem
starken Fragezeichen versehen werden musi. Dasi
dies wieder nur ein erneutes Ansetzen der Lohn-
schraube zur Folge hat, liegt auf der Hand, ebenso
wie die sonstigen Folgen. weitere Staatsbelastung
weitere Einschränkung der Existenzmöglichkeit des
Unternehnrertums und weitere Eeldentwertung.
hier nicht ausgefllhrt zu werden brauchen.

So erscheint eine Gesundung unserer Staats-
finanzen sowohl Hinsichtlich einer Schuldverzin-
sung und -Abtragung wie hünsichtlich der laufen-
den Bedürfnisse. mit den vorgeschlagenen Mitteln
und Mittelchen ausgeschlossen. Unsere ..Zahlungs-
fähigkeit" ist eben nur noch eine Fiktion, weil
ihre Unterlage. unser Geld in der jehigen Zerrüt-
tung unserer Währung in eine unheilbare Entwer-
tung verfallen ist. Die gesetzlichen Erundlagen un-
serer Währung. namentlich die Voraussetzung der
Deckung eines Drittels des Notenumlaufes durch
Eold, sind längst verlasien. In den kurzen Mo-
naten seit der Revolutkon ist die Notenausgabe von
14 auf 29 Milliarden Mark qestiegen. wozu noch
fast 12 Milliarden Akark Darlehnskasienscheine
kommen,' in der gleichen Zeit hat sich der Eoldvor-
rat von 2400 Millionen auf 1100 Millionen ge-
senkt und wird sich demnächst bei weiterem Lebens-
mittelkauf im Ausland noch stark vermindern.
Wenn man dagegen hält, dasi im Frieden der
durchschnittliche Notenumlauf sich auf 1Z4 Mil-
liarden beschränkte und zu 60 bis 70 Proz. durch
Eold gedeckt war. wenn man weiter bedenkt. das;
früher die restliche Deckung aus einwandfreien Han-
dels- und Erwerbswechleln bestand während jetzt
das Hauptaktivum der Reichsbank schwebende Ver-
bindlichkeiten des notleidenden Staates sind, fo

kann man sich eine Vorstellung von dcr inneren
Entwertung unseres Eeldes machen und zugleich
begreifen. datz ausländische Geldgeber unsere Zet-
telwirtschaft glattweg abweisen und den Eegenwert
in Eold oder in Arbeitsprodukten begehren. Auch
hieraus ergibt sich die Notwendigkeit. mit unserem
Assignatenunwesen grundsätzlich zu brechen, um so
mehr, als es durch Falschscheine noch unheilvoll be-
lastet ist, konnte man doch in den denkwürdigen
Märztagen iin Berlin im Stratzenhandel falsche 50-
Marscheine für 30 Mark käuflich erstehen.
Der entwerteten Mark wieder auf die Beine zu
helfen ist ein unnlltzes Unterfangen: auch im spa-
nischen Stierkampf wird die zu Tode getroffene
Mähre. nachdem ihr die heraushängenden Einge-
weide abgeschnitten sind, mit Srtoh wieder ausge-
stopft und nochmals wieder an die Arenawand ge-
stellt, aber doch nur. um im nächsten Zusammen-
prall endgültig zusam.menzubrechen. Also eine
neue Währung tut uns not. eine Währung der Ar-
bettsleistungen. die auch so stark gesunken sind. Nur
dann wird auch die Entwertung dev' bisherigen
Staatsverpflichtungen sich zu Eunsten der gläubi-
bigen Volksgläubiger lindern lassen.

Frankreich nach der Revolution hat vor der
gleichen Schicksalsfrage gestanden, wie jetzt Deutsch-
land. Es hat sich 1796 für einen uneiingeschränkten
Staatsbanker»tt entschieden, um dem Bankerott der
Privatwirtschaft zu entgehen. und es bat sich er-
staunlich rasch davon wieder erholt. Und das sei
auch unser Trost, wenn wir grötzere Teile unserer
Staatsanleiihen einbützen müsien!

Eines nur mutz besonders gesagt werden. um
übereilten Entschlietzungen ängstlicher Anle'ihebe-
sitzer vorzubeugen. Die Kriegsanleihen sind nicht
mehr gefährdet als das Eeld selbst: sie abzustotzen
und dafür etwa Eeldscheine zu „hamstern" hat we-
der Sinn noch Nutzen, denn Anleihen und Papier-
geld unterliegen dem gleichen. unabwendbaren Ee-
setz der Entwertung in gleichem-Umfang. wobei
die Anleihen noch den Vorzug haben, eine Art
verzinslichen Eeldes darzustellen und jetzt in ihrem
Kurse durch ein Konsortium unserer ersten Banken
gestützt werden sollen. Wer, wie es jetzt anschei-
nend in grötzercm Umfang geschkeht. Banknoten bei
sich aufspeichert, vermehrt den Notenumlauf und
trägt zur Entwertung der Noten seinerseits üei.
Die Tatsache. datz in der dritten Juniwoche wieder
die Nekordsumme von Milliarde Mark hat in
den Verkehr gebracht werden müssen. spricht eine
eindringliche Sprache und lätzt diese Mahnung
nicht ungerechtfertigt erscheinen.

Ein neuer VerLrag zwischen
Iapan und Mexiko

Die Annäherungsversuche zwischen Iapan und
Mexiko. vor allem in wirtschaftlicher Bezi.chung.
haben in der letzten Zeit Amerika sehr beunruhigt.
Aber die Japaner lasien sich dadurch in ihrem Vvr-
gehen offenbar nicht beirren. Im Gegenteil. sie
versuchen neue Verbindungen zwischen Iapan nud
Meriko anzuknüpfen. So schreibt „Iournal of
Commerce" von Liverpool vom 19. Zuni:

„Zwischen Iapan und Mexiko ist ein weitge-
hendes Abkommen getroffen worden. das sich nicht
nur auf Handel und Schiffahrt bezieht. sondern
auch eine gewisse politische Bedeutung hat.
soweit es die Lage Iapans und der Vereinigten
Staaten. sowie den Stillen Ozean angeht. Zwi
Ichen Iapan und Mexiko wird in den nächsten acht
Monaten ein regelmätziger Dampfschiff-
verkehr eröffnet. Zapanische Dampfschiffgesell-
schaften richten vier Dampfer für den Ueberseever-
kehr und vier Dampfer für den mexikanischen
Küstenhandel ein. Die Schiffe segeln unter mexi-
kanischer Flagge, mexikanischs Schiffstechniker wer-
den von Japanern herangebildet. Die Post w'rd
nach beiden Nichtungen umsonst befördert. Die
mexickanische Regierung. gewährt auf die Dauer
von fünf Iahren eine Unterstützung. Der japa
nischen Einwanderung und umgekehrt
stehen keine Hindernisse im Wege."

Dieser Punkt iLt für Washington so wichtig.
datz es das Abkommen kaum gleichgültig hinneh-
men wird.

Jum Klumpp-Skandal

wirid uizs aus dem Lesevkreise geLchvioben:

Der Mrtikel über den Karlsruhsr Schlotz-
attentäter wirft ern grelles Schlaglicht in daq
Dun»ol unserev Zeit. Ein ohentaliger Strafgdfan-
gener, der wegen Veruntreuung, UnteüschlaguNtz,
Uvkundenfälschung und Betrug gematzresolt und
m.it Gcifängnis Lostvast war, und in der Nacht sum
12. Novemlber 191« im Rausch der Reoolution unD
ides Alkohols den traurigen Mut fand, das Karls-^
ruher Schlotz und die wehrlose grotzhörsoslichsFa-
milie anzufallen, ist auf dem Büro der Karlsruher
Volkswohr im Schloh beschäsligt uind bezieht cine
Tagesvsrgütuilg von 20 M.'

Es geihört somit su den rrungens chafteni
der Nevolution", avbeitslose ehemalige
Strafge'fangene im Polizeifach zu.be-
schäftigen! Die gefährliche Unsinnigkeit dieiser
Tatsache bedarf keines weitereni Wortes. Mo
cvber, so frast man sich, b l e i b t de r Ma n n. dec
für die öff ent l i ch e Si ch e r h eit und für das
Vertvauenzu ihrzusorgen hat? Maruin
greift er nicht ein und stelli dicse Unmöglichkeit alb?
Sollte ihn wcnigstens nicht diese Evwägung zum
Einschveiten ve-ranlassen, datz mit Mahrscheinlichko.t
jcder Mjenlsch bei der nächsten Umwälzung. soüald er
vhrsn Erfolg fvürt, wioderum vor den Sitz der Ro-
gierung ziehsin und, wie es von damals heitzt, mit
denr Gewehr in dev Hand, schreien wird: „Herun-
ter, Minister, Du grötzter Lump von Baden!" Jin
„SchwLinsstall" der alten Zeit war es besier mit
der öffentlichrn Sicherheit bestellt!

Aber die Angelegeirheit hat noch eine rweite
Seite. Das Recht zur Revolution davf ja wohl
heute auch Verbrechern nicht bestritten wsitden.
Dies göhört zu den Errungenschasten der Rsvolu-
tion. Auch darüiber foll nicht geurtoilt worden,
datz sich dis Tat gegen- die mouarchische Spitze ldes
Lanldes richtete: denn auch die Fre'cheit der voli-
tüschen Usbevzeugung gehört zu tenen EvrunMn.
schwsten. Mar aiber isne Tat überhaupt rsvoliv-
rionär oder politisch? Mar sie nicht vielmehr —
und mag sie hunidertinal im Rahm^n volrtischer
Umwälzungsn gsschehen sein — eine refg animo.-
Usche Tat, sine Untat, ein monschsnuirwürdiges
Verbrecheni aus der roheften Gosinnuno
einer haltlasen und entsittltchten Horde? AZas in
der Nachtz zum 12. Nov. am Kürlsuuher Schlotz ge-
schah. war eine Untat, die einen wüsten
Flecken auf dsn. mit so viel Eigenliebe hochge»
haltenei« Schild dsr badischrn 'Rsoolution w'vrft:
eine Untat, die jeder anständigeMensch ioder Par-
teirichtung damals mit ieder Faser' ssines Herzsns
vermr-den wrsie.n wollte; eine Untat. zu deren Bs-
gohunig dex dadische RSvolutionskesiel seinen W-
schumn nach oben spritzen mutzte: eiiie Untat, die
noch heute jeder ungeschehen machen
m ö ch t e, die in ihrer Sinnlosigkeit. Erbärinlrch-
keit und Noheit die einmütigo Verurtsi-
lvng des Landss trägt. Die Menschen sehen die
Tat, die Strafe und dsn Lohn. Hier sehen sie
den Lohn, sie sehen den vom Eericht vcrschonten,
vom Volk vevurteilten Täter am Schauvlatz semsr
Tat in.Anrt und Würden schalten. Die unsittlichr
Tat dst belohnt und fritzt wciter, sie verseucht den
gesunden Eerst der Sittlichkeit. Wo, so fragt man
sich äbsrnuvls, bleibt der Mann, der für die öffenr-
liche Sittlichkeit zu sorgen hat? Marum grsrst cr
nicht sin? Die össeutlichs Sittlichkeit rst in Ee-
fahr, nicht jene grobe, die es nrit den Stratzendir-
nen zu tun hat, sondern ihve feinere und wertool-
lere Schwester, die die Ehrlichkeit und Reimhsit d s
öffentlichen sittlichen, Eesamtempfiudens bestimmt.
Warunr belätzt inan einsn Meirschen in einer öffen:.-

DaS Neue auZ Prinzip gegen das Alte herab.

H setzen, heißt nichts andeles, als die Nose mit der Z
V Lilie totschlagen wollen und Kirschen vom T
A Fcigenbaum forder». Hebbel

Oie blaue Zpur

NoMan von Juliug Negfs
Aus dsm Schwedischen übersetzt van E. v. Kraatz
(6. Fortsetzung)

Nachdem er eine Zeit lan,, über die scharf-
suinige Erklärung des Berichterstatters nachge-
dacht hatte, setzte er .hinzu:

..Man wird ,ie leichter aufpllren können. wsnn
iiran von der Voraussctzung ausgcht. das; der Dok-
te.r sie aeraoezu erwartet hat".

. Begler mutzte daran drnken. datz Paultne ge-
>aat hatte: ..Ich habs gesehen. datz fremdg Aken-
icyen durch den Earten hereingrlassen wurden,"
und erzählte es mit ercegten Wortrn.

..Daoon mus; auch der D'ioner wisien," sagte
ommisiar dcr ihn auf:nerkia-n angehört
hatte. „Rufen Sre ihn doch her!"

Blicks richteteu stch gleich auf
Maunce Wallron. als ex heremk.un. Dieser be-
rrachtete rhn mit gelasiener Miene. ivährend der
Kainnussar eme Frage nach dsr anderen stcllte.
-oar es dem D'eener bekannt gewrse.r. datz unbe-
rannte Perionen -den Doktor besuchten? Ia Wutzte
"aren? Nem. Hatte er sie gesehen?
srern. Hatte der Doktor disse Lsute öder irgend
^^ud^anders hsute abend erwartet? Gaiu ge-

orütiff Maurice Wallion plötzlich das

„."'lte er M scharfem Ton. . sa-
Leu Se die Wahrheit. Wer ist der andere Mann?
oer kleuie. der aus ds-n Fei'.swr sprang.
hochaewachseno Ate".sch, der zehn Aki-
king?""'^ ^ord zur Gartenpforte hinaus-

Der Diener wurde noch bleicher.

"Ich u-eic- >>- n'.hr," sLgt-r er.

»Sis könnsn gehsn," fagte der Kcmtmisirr
Larisch. ..Aber zur ersten Untersuchung werden
Sie vorgeladen"

St'ill und gsbsugten Hcvuptrs verlietz Anders-
son das Zimnver. Veyler smpfand ein lsises Mit-
leid. ..Er ist doch oin alter treuer Diener," mur-
melte er.

„Gevade deshalb mützte er mohr wisisn," er-
widerte der Kommisivr. »Ietzt mutz ich dbe junge
Dame stattdesien wieber mit Frasen belästvgen".

Mit däesen Worten.verschwand er in der Bi-
bliathsk. Wallion trat dicht an ssinen Kvllsgen
heran.

»Ich mus; dich und dotne Kusine elnzeln nach
sehr violon Dingsn fragen." fagte er- vasch. „Sag
>mir vor allsin. ab du irgend etwas über die blaiue
Schrtft an der Gartenpfsrts wettzt?"

Beyler fuihr einsn Schritt Mirück. Zu,n er-
stsn Male an diosom schictzalsschweren Abend ka-
'msn Pamlinens sondevbars Wo-rte ihm wtsdrr in
dsn Sinn.

»Dre blaue Schristl" riof er staunend aus.
„Aber es war ja sar keune Schriftl Es rdar ja
nur sine Zickzacklinte".

Maurice Walliou steckte die Hände in die
Taschen:

„Po.tztausendl" mar alles was-er sagts.

Er ging hinirus uud bslsuchlete die Autzen-
sette der Tür.

Beyler folgte ihm. Auf dsm weltzgestrichenen
Holz sah man nur noch die fast sairr verwtschtem
lleberreste einer nrit Blaust'rft gezoichneten. unve-
gelmätztgen ZiLzackltnis.

»Du hast recht," sagte der DetsktivveVorter ge-
dankeirvoll. „Es ist kei rs Schvt-ft. Es U nichts
weiter als eine Ztckzacklinie. — ei,r KincherWel.
— Und doch — und daich..."

7.

In dieisem Augsnblick ertönte in der Wblio-
thek sin Schrei der Ver,zwsiflung. Er lam äus
Paultnens Atunde und ging in heftiiaes SchUch-
zen über.

Wallion sühlte, ,vte sein Kolkege seüllven Arm
kvLmpfhaft Umspannte.

„Jch wc'itz nicht. was mit mir ist." flüsterte
Beyler. „aber ich fühle. datz irgsnd oin fürchtsr-
liches Geheimnis uns umaibt".

Der Detektiireparter antmortete nicht. sondevn
ginü rasch hinrin. Im Bwliothsk.iimmer satz

Pcruline Hesislman und wemte.Mit dc>m Kopf auf
don Armon. oerzmeifelt und fassuugslos. Indein
er stch ülber sie beugte. nach'nen Mallions grame
Augen etnen milderen V-lick an.

„Sechen Sie mir ins G^icht/' sagte er letse
uind eindvrnglich.

Das junge Mädchen hob dr.r Kopf uud bogeg-
nete soinem Blick. Sie erbebte. und ihr Schluch-
zen verstummte.

„Weshalb weinen Sie?"

Sie suchte nach Worten mid trocknete ihre Au-
gen Rach «einer Meilo erwiderte sie dumpf.

„Der Ko-mmisiar fragte nrich..."

Doch sie war autzerstande fortzu-fahron. Wallioin
bekam einen oigentümlichen Zug um den Ml-nd
und tvat auf den Boamten zu.

„Was chaben Sis das Fräulein ge-fraat?" sraüte
er.

»Ich fraate nur. ob sie ÄMibte. datz Doktor
Hesielman vor seinein Tode gidnz richtig bsi Ver-
sdand aewefen sei." erwiderte der ganz erhitzt uud
verwirrt amssohoiüde KomMtsj'ar. und -aks er be-
merkte. datz die beiden junaen Männer bei sei-
non Worten oinsn raschen Blick wechsolten. fuhr
ex fort:

„Es war oine ganz natürliche Frage. Erstens
list es selts-am, das; ein jchwod'lischer Gelehrtsr skru-
pellos zum Nevolver greift und vhn geladc>n in
Vereitschaft hält. und zweitens. datz or so. eigen-
tümlichen Besuch ompfängt. Dazu kommt noch.
datz or stch mo-natekang mit Symvtamen von Ver-
folaungswahn in soinen Z'rmmern äbso,n>dert. und
viertens dies hier!"

Er zokgte Wallion einige Papiers-ctzen. die er
in der Haud chiolt.

„Die chabe rch in se'ui-em Schreibttsch gefunden:
oin sinnlöses Gekritzel, — Zickzackliniisn. wie Kin-
der sie Mn Spatz zeichaen".

Maurice Wallion s-chvieg oine gauze Weile.
Cr üetvachtete dis Papiere ni.it zuK!m.mengszoge-
non Bväuen. Beylex blickte übcr seine Schnlter
und scch. das; ste über Krcuz init obensolchon Zick-
zackl-inien wie die an der Gartenvforte bedectt
waren. Als er stwas sagen wvllte. bvdeutete
Wiallion lhn durch eineii W'mk zu schweiüen.

„Und das hat Ste so erschüttert?" wandte der
Noporter sich an das sunae Mädchen.

Sie nickte.

„Dann kann ich nur criinshmeii. datz di-e Frage

des Kommissars Sie in Ihren eignon Besor-gnlisfen
bestärkt chat." suhr Wallio.'i mit Mvker Betommg
fort.

„Ia. das N es ja. was müh so verzweifelt
macht!" rief Pauline au's. Dis Frage traf nrich
wio cin Schlag> Steno, du wsitzt. wie sonderbar
Papa in der letzten Zoit war. Elaubst du. datz er
noch gairz — ganz und sar er soM war?"

Steno erwiderte ,>hne Zögorn: „Ich glaube.
idlatz er nervös üborreizt war. Paultne. -aber an sc> -
nom Verstand habe ich koine Sekunde gozweife'lt".

Pauline -blickte nachdenklich auf ihre Händs
herab.

„Mir fällt jetzt so vieles ein." inurmelte. sie.
„Manchmal vergiugeu Tage. ochue datz or seine
Zimgier zu anderen Zeiten -als n-ur -pi den Akahl-
zeiten verlietz Dann war es. als ob er „rich über-
haupt nicht säche. llnd das Licht im Laboratorium
brannte ganze Nächte hindarch Einmal als ich»
im Saloir am offensn FeiOer satz. s>ab ich ihii in
feiirsm Schlafziimnsr das F-'uster >auf»raä-sii. Er
-s,ab mich nicht. aber glorch daranf hörte ich »wi-
non grotzen. starksn Vater dort drinnen l-a-ut rvsi-
nen! Und dabei iprach er -mit iiw sclbst. als ob
er gan,z -autzer sich wäre". ->

„Hörten Sie. was cr saate?" warf MaDou
c>in. ^ ^

„Ia er schrie geradezu und sagte so n-ngefayr:
„Ich'hält es nicht mehr aus. es n-inrmt ja ketn
Ende. Das beste wäre. ich täte e.s sslbst!" Es
klang s-o ünheimlich. das; ich Her.zkloipfen bekäm .

»Mehr hörteu Sie nicht?' fvaate >der Küm-
misiar. lder eifrig schri-'b. .

„Nein. an dem Tage mcht. Aber nnchchcr kam
die Sache in der Halle..

Sie erschauerte.

(Forisetzung fokst).

Meldet Euch

zmn

^eiüelberger

Rsserve - Milir - NslaME
 
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