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^egen oen Kaiierprozeg

Pariser Blätter meLxn aus Walbingtoir, dad
Lansing tn dov Stacrtckommission für ausWär-
trae Anaelogonboiten erklürt hat, kein V'efür-
worter dcs Kaiservrosesses su fein, La
dc« Proreß seiner Ansicht nach mit emom Fr-ei-
svruch ende imd daÄurch dio Povukrvität
Kaifers wioder vermohven mützte.

Der Friedensausschutz Äer italie-
nischen Kamm'er mtdmcte fast Lie ganse Fiel-
tagc-sißung d>sr Frage des Kaiserprosessos. Dre
grobe Mvhrl/rit lehnte den Proscb als iuiristisch
völlrg unbegründetalb, Loch dürfto dies
nccht vcm d-er Ratifizierung des FrieLensvcrtrag s
abhalten.

Der Wied e.-aufbau Nordfrankreichs

Amtliche Vorbercitunaen

Berlin, 10. Aus. Vei dcn Vo.'prcchungen üder
die Wiederaufbaufrago ist in den beidecieittgen An-
sclMliunssii eine gemisse Annächerung erzielt
mordsn. Die dcartsche Komniission unter der Lci-
tuug von Geheinivat Schmitt vmn Auswärtigen
Amt reist heute n.ach Weimar. mn dcm Kadinett
Vortrag M h-alten. Wie bereits gomeldet. stnd sür
dic Vorbereitun« sämt.icher FEcn betrc-sfend die
EntstiLnng von Arbeitern Li-sm. cinc große Zallst
von Ünterkommissioneir eiivgeicüt. Die Be-
sprcck-ungen werden am 18. MgM in Versail-
les fortgesetst.

Ausruf zur Mcldung

Der -Zentr'a 1 rat der deuhären fctzialisti chen
Republik, gezeichnet Lohen, erlässt an alle Ar-
beiterräte der deutschen NepuLlik folaenden Auf-
ruf: Die Leistuugen Deutsch.ands für den Wieder-
acuifbau niüiien in dcr Z>auvtsacl>e in der Stellung
geeiigueter Arbeitskräfte Lestehen. Iede an-
dere Farm, beispie.sweise die übeuincißige Lieferung
von Rohmaterh.rlien, würde katastrophale Folgen
sür unser Laud haben. Es hande t sich al-so darum,
datz die zcchlreichen, in Deutschland voirl>andeiien
Avbeitsträfte, die teilweise ohne Besckiäftigung
sind, sich freiwillig für den WicdcvauOou zur
Dcvsumng strllen. Es ist sellbfdverftänd.ich. datz dre
Intere'isen der Arbeiter dcrlber näch jeder Rich-
tung gewahrt werden müssen. Unevfüllibars
Forderurrgen aLer, wie fie in letzter Zeit cmftauch-
ten, dürfen mcht gestellt werden. Es darf nicht
vergessen werden, datz wir bei allen den Wieder-
Msbau betreffeaden Dingen nicht frei, sondern
von der Ententa abhängig sind und datz
vor allem eine vovherige Deristäridiguna mit Frank-
reich erzielt werden mutz. Am besten würden
zwockentsiprechende Arbeitsbediimungen durch em
gemeinlämes Berhanüeln der doutschen .und fran-
zöstschen Eewerkschaften M erzielen sein. Aber auch
für die Arbeiterräte der deutschen Repivblir liegt
hier eine lohnenÄe Aufsabe. Dergeffen wir nicht,
datz es schnell W haadeln ailt. datz die neue Form
aber, die die PrivatunterneHmer vollkommen aus-
schälten soll, im Augeniblick noch gar nicht eristiert.
Der Wiederausbau Fvankreichs tst semeinlsames
doutsch^fvanzöstsches Jntereffe, sa noch mchr. ge-
meinsames europäisches. Der Zentra'l-
rat richtet Äccher an alle Arbeiterräte den dringen-
den Appell, im Sinne dieses Auifrufes tätig zu se'm
und mit beizutragen, datz ber doutschen Republik
ans'der Nichterfülluns gevaDe dioser oms-
schbaggebenden Fricdensbedingung koin unab-
fehbarea: Schaden erwächst.

Friedenssabotage

Die Unabhängigcn Sozial.demokraten und die
Kommunisten. die als erste für Ilnterzeichnung des
Versailler Friedens eintraten, und dadurch Eraf
Brockdorff seine Arbeit. beffere Bedingungen zu
erhalten. erschwerten. find jctzt wicder an der Ar-
beit, unbekümmert um Deutschlands Not. die loy-
ale Erfüllung der Vedingungen unmöglich zu
machen.

Der Berliner Vollzugsrat der Unabhängi-
gen vertritt bezüglich der Arbeitsvermittlung für
den Wiederaufbau dcr zerstörten EebieLe in
Frankreich und Belg'.en den Standpunkt, datz ihm
bei der Anwerbung und dem Abschlutz von Verträ-
gen mit der Arbeiterschaft ein Mitbestimmungs-
recht eingeräumt werden müffe. Diesbezügliche
Verhandlungen mit den Eewerkschaften seien noch
nicht abgeschlosscn. Er will vor allem die Aus-
schaltung der Privatbetriebe bei den Wiederaus-
bauarbeiten gestchert wiffen.

Die kommunistische Fraktion des Voll-
zugsrates stellt noch weitergehende For.de-
rungen auf, sie will eine Beteiligung der kom-
munistischen Arbeiter nur in dem Falle empfehlen,
wenn die Organisation auf der Erundlage des
Rätesystems durchgeführt wird.

Jm Eegensah zu diesen Auffassungen steht der
sozialdemokratische Vollzugsrat. Nach
mehreren Sitzungen ist er zu dem Beschlutz ge-
langt, einen Aufruf an die deutschen Arbeiter zu
erlaffen, um die benötigten Handwerker und unge-
lernten Arbeiter zur Meldung zu veranlassen.
Pleibe der Aufruf wirkungslos. dürften Zwangs-
niatzregeln nicht zu umgehen sein.

Dte ^erchsabgabenordnung

Truppen in der neutralen Zone

Dio Ehiocrao-Tr-rbune m-eldet: Dor Fimfcrrat
häbe auif Vor sch lag Fochs Dmitfchlcrnd er-
mächtigt, neue Truvponi iu Dle 00 Ktlo-
meter-Zcme iM'ch ds Nlheins su logen, L-a Lie dori
bcfinidlichen Truipven nicht cmsreichen. uim bci
Uinr-ichen oder Streiks dio Qrdnung wulrecht Lu or-
haltcn

Französische Denkmalsschänder

Aus dom -befetzten Gebiet kommt die Kunde,
datz dio Fvanzosen das Kaiser-Friedrich-
Denkmal und die 14 deutschen Kriegs-
denkmäler in Wörth durch Dymimitspren-
gun-gen dem Erdboden gleichgemacht ha-
ben. Zu diclser unwürdigen Tat wurden 100 Ge-
niofolidaten komniandiert.

Das Klsber-Denkma'l und nianch anderes fran-
zösrschos Erinnerimgszcichen steht heute nvch! Ihre
Kultur!

Der Prozetz gegen Cadorna

wegen der Niederlage bei Karfreit im Oktbr.
1917 jindet zur Zeit in Rom statt. Die Unter-
suchuilgskommiffion hat einen Dericht erstattet. nach
dem autzcr den beteiligten Generalen nicht weniger
als 1500 Personen als Zeugcn vernommen wur-
den. Cadorna schrieb alle Schuld auf die soziali-
stische Propaganda. die den Widerstand dcr Solda-
tcn zum Erlahmen gebracht hätte. Die Kommis-
sion gelangte jedoch zu dem Ergebnis. datz die Ur-
sache dcr Niederlage hauvtsächlich milttärischer Art
gewesen sei und zwar treffe dabei die Häimtschi-''
Ladorna selbst. sowie die Eener.ale Porro, Cavallo
und Cadociovixi.

Gegen Konstantinopel!

Der Temps meldet aus Kairo: Mustasa
Kemal Pascha hat sich von der TUrkei
unabhängig erklärt, da die Regierung in
Konstantinopel das Vaterland verraten habe.
Er fordert die Anhänger des Jslam und die
Frennde der Türkeit auf, sich ihm anznschlie-
tzen. Mnstafa verfügt über zwei revolutio-
näre Divisionen, zahlreiche Frelwillige strö-
men ihm zu. Die türkische Ncglerung hat Be-
vollmächtigte zu Verhandlungen ins Aufstän-
dischen-Gebiet geschickt, ebenso auch Gendar-
merietruppen.

i> Ztaliener in Schlesien. Nach einer Pariser
Mrlduns dcs „Eovvi-ere dellcr' Se-ra" wivd Ztalien
bei den crlbtvcrtän Ueibsvwcrchungstrurxpen füiv
Ob erfchlesi-on mit einem 3L"siment vertveten
sein, nicht aiber ber der Bosehimg von Damsig.

* Eeneral v. Falkmhayn. Mstr w'r orfcchven,
bevrcht d've Ms^Ümns, Genoral v. F a lke nhcry n
ba.be sich der Entente anstelle dcs Kaiseris Dur Dcr-
fügmi,g sostellt. crnf einer Vevwcchselung. Dcr Ee-
yrral Hcrt lüdislich der deutschcn' Regie-
rung seine Dercmtwortl'chkeit fü-r alle Bcfchle
der O. H. L. in dcr Zeit vom 4. Scvtenüber 1914
lbis 29. AuMist 1916 kundgetan, ncrchxnr dies Hin-
denburg und Bethmann geseirülb-'v dox Entemie
'seban ha-ben, dbwoihl dies formcvl nlcht notwenldvg
wcrr. da der Kcriser laiut Reichsverfastuns unvsv-
cmtwortlich war.

Der Entwurf der Reichsabgabenordnung ist dcr
Nationalversammlung zugegangen. Die
Neichsabgabenordnung soll zusammenfasten, was
die Reichssteuergesetze an gemeinsamen Vorschrtften
enthalten. Darüber hinaus sollen sie vor allem
die' Erundlagen schaffen, datz die Neichssteuer-
gesetze, rnsbesondere die neu vorgesehenen,
durchgeführt werden.

Der ungeheure Steuerbedarf des Reiches zwingt
auch dazu, die V'e r b r a u ch s ab g ab e n abzu-
bauen und selbst notwendige Lobensmit-
tel zu bcsteuern. Für die ZLl 1 e und Verbrauchs-
abgaben sieht die Reichsverfassung bereits eine
reichseigene Verwaltung vor, ebenso mutz für die
Neichsvermögensverwal'tung eine solche
geschaffen werden. Sie soll sich auf den bereits be-
stehendcn Organisationen der Gliedstaaten auf-
bauen. Dabei wird den obersten Landesbehörden
ein wesentlicher Einflutz auf die Finanzverwal-
tung. insbesondere auch auf die Befetzung der Aem-
tcr, eingeräumt werden. Der Entwurf sieht für
die reichseigene SteuerverwaNung folgende Elie-
deruniMror:

1. Reichsfinanzministerium;

2. Landesfinanzämter, deren Bezirke
tunlichft den Ländern oher grötzeren Verwaltungs-
bczirlen der Länder entfprechen follen;

3. Finanzämter und Hilfsstellen der Fi-
nanzämter.

Die oberste Leitung steht danach dem Reichsfi-
nanzministerium zu. Oberste Spruchbehörde in
Steuersachen ist der Neichsfinanzhof.

Auch die sonstigen Bestimmungen des Entwurfs
verfolgen das Ziel einer gleichmätzigen und rest-
loscn Ausschöpfung der dem Reiche erschlostenen
o.der noch zu erschlietzenden Steuerquellen.

In § 4 wird betont, datz bei der Ausüb-
ungderSteuergesetze ihre Zwccke und ihre
ibirtschaftliche Vedeutung berücksichtigt werden sol-
len. Der Satz: „Es ist niemandem verwehrt, sich
so einzurichten, datz er möglichft wenig Steuern zu
cntrichten braucht", ist grundsätzlich richtig. uber
mit einer Veschränkung, und als nnerlaubt mutz er
gelten. wenn jemand auf Kosten der Gesamtheit
eine Steuer dadurch zu jeinem persönlichen Vor-
teil umgehen will, datz er den wirtschaftlichen
Erfolg, dcn das Eesetz mit den Steuern
treffen will. durch Mitzbrauch von Formen
des bürgerlichen Rechtes in einer Weise erz'elt,
die formi-ll nicht unter die Steuer fällt.

^ 5 sucht den Kern zu treffen, indem der Satz
aufgestellt wird, datz die Stäuerpflicht durch
Mitzbrauch von Formen und Eestaltungsmöglich-
ke'ten des bürgerlichen Nechtes nicht umgangen
werden kann. Die mitzbräuchlich getroffenen Matz-
nc.hmcn sind für die Bcsteuerung nicht zu beach-
ten. lleberhaupt besteht der Wert der Vorschrif-'
ten vorzugsweise dariu, datz fie vor Umgehungs-
versuchen abschrecken werden.

Von den Pflichten. die dem Steuerpflich-
tigcn auferlegt werden sollen. st befonders bcmer-
kenswert. datz jcder. d-er cin Einkommen von mehr
als 10 000 Mark verstenert, scine E'n.nahmen fort-
laufend aufzcichnen soll. Die Verpflichtung öffent-
licher Behörden und Beamten. einschlietzlich der
Beamten der Reichsbank, der Staatsbanken und
der Schuldbuchverwaltungen zur Verschwiegenhcit
gilt nicht für ihrs Auskunftspflicht gegenüber den
Finanzämtern. Für die Post- und Telcgraphen-
behörden bleibt es bsi der Unverlctzlichkeit des
Eeheimnisses. Auch wer nicht als steuerpflichtig
beteillgt ist, hat dem Finanzamt llber die Tat-
sachcn Auskunft zu geben. d e für die Ausübung
dcr Steueranfstcht oder in einem Steuerermitt-
lungsverfahren für die Feststellung von Steueran-
svrüchen von Bedeutung stnd. Aehnlich wie im
Polizeirccht sind den Finanzämiern Befugniffe
verliehen, kraft deren sie ihre Anordnungen er^
zw'ngen konnen. Weiterhin regelt der Entwurf
einqehend das Rechtsmittel des Betreibungsver-
fahrcns.

Besonders tief einschnsidend sind übrigens die
Vestimmungen. die den Landesfinanzämtern und
Finanzömb rn zur Feststellung dcr Steuer-
pflicht d'e Einstcht in alle geschäftlichen Vor-
gänge gestatten. Die Vanken sind läut 8 189
verpslichtet, dem zuständigen Finanzamte inner-
balb einer angemessenen Frist ein Verzeichnis chrer
Kunden mitzuteilen und Veränderungen bekannt zu
geben. Diese Vorschrift gilt auch für Hintcrle-

gungssteUen. Postlchcckämter. ^.parkaiien
Schuldbuchverwaltungen. Das Notariatsk,,
heimnis wird in § 191 soweit ausgehoben. ai-
es zur Durchführung d-cr Besteuerung und der' den
Finanzämtern obliegenden Prüfungen und Aufftcht
dienliche Hilfe zu leisten imstande ist. Jnsbeson-
dere mutz die Einsicht in Bücher, Lfften und
kunden gewährt werden.

Aus dem Abfchnitt „Strafrecht" ist
vorzuheben, dah eine allgemeine Begrisssbesti,^
mung der Steuerhinterziehung gusoe-
stellt und auch fahrlässige Steuergefährdung unler
Strase gestellt wird. Wegen Steuerhinterzichuiw
kann ncben der Eeldstrase auch auf Eesängnisvon
mindestens drei Monaten erkannt. dann kann auch
der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ausac-
sprochen wcrden. Nach § 376 tritt an Stelle einer
Eeldstrase. die nicht b^-igetrieben werden kann
eine Frciheitsstrafe, die zwei Iahre nicht überstei!
gen darf. Verjährung tritt bei der Strafverfgl-
gung in 5 Iahren ein.

Die Begründung nimmt allein 42 Druckseiten
ein. Unter den Staaten. die iin Staaienausschu»
gegen die Vorlage gestimmt haben, befindet sick,
auch Baden.

Nationalversammlung

We.imar. 9 August.

Fortsetzung der ersten Beratung des
Elcktrizitätsges.'tzes.

Abg. Kahmann (Soz.): Wir bcgrühen das Ee-
seh und hossen, datz ähnliche Matznahmen auch auf
die Kohlen und die Wasserkräfte ausge-
dehnt werden. Le.der erfatzt das Gesetz nur An-
lagen, die grötzer als 50 000 Volt sind. Wir hossen
aber, dah das Reich von der durch den Paragraph
5 d.r Vorlage gebotenen Gelegenheit. auch klejnere
Eesellfchaften zu sozialisieren. Eebrauch machen
w rd. Wir Sozialdemotraten sazialisieren nicht aus
Liebhaberei. sondern aus Uebcrzcugm'.g.

Abg. Leicht (Ztr.): Es wird mehr oder weniger
bei allen Sozialisierungen der Fall sein. datz sie
einen fühlbaren Eingriff in die Struk.
tur un.d Freiheit des W i r t s ch a ftslr-
bens Ledeutet. Die Vorlage soll nicht etn Cig-
nal für weitere Sozialisierungen im Ealopp ge-
ben. sond.rn geht mit Necht vorsichtig und unter
Derücksichtigung der Finanzlage auf e.nem bereits
betreienen Wege vor.

Neichsschatzminister Mayer: Es ist zurzeit durch-
aus noch nicht zu übersehen, in welchem Ausmatz
der Entwurf zur Erwerbung privatkapitalistischer
Unternehmen gebraucht werden w'.rd. Es wird
reichlich so viel übrig bleiben, uin den Bedarf des
Neichs zum Bau von Stromanlagen in den näch-
stcn Iahren zu fichern.

Abg. Bicncr (Dnat. Vp.): Unsere Fraktion er-
blickt in dem Entwurf eine Matznahme oon unge-
heuerer Bedcutung für unser gesamtes Wirtschafts-
leben. Umso weniger angebracht wäre eine über-
stürzte Beratung. Zm Land wird jetzt schon eine
gewisse Flüchtigkeit in der Gesetzmacherei
der Nationalversammlung übel vermerkt. Völlig
vermiffen wir einen Finanzplan. Wir müs-
sen durchaus Klarheit darüber haben, welche Auf-
wendungen in den nächsten Jahren insgcsamt zu
erwarten sind. Hoffentlich wird die Regierung im
Ausschutz unsere Besorgnisse zerstreucn, so dah wir
die Vorlage schlietzlich zum allgemeinen Wohl in
die Tat umsetzen.

Abg. Koenen (U. Soz): Eine Verstaatlichunp
ist noch keine Sozialisicrung. Auch bei diesem Ent-
wurf wird der Begrisf Staatskapitalismus und
Sozialisierung miteinander verwechselt. Der ganze
Entwurf läuft auf eine indirekte Besteuerung hin-
naus. Wir wexden im Ausschutz dah n zu wirken^
suchen, datz als erste Etappe zur wirklichen Sozia-
lisierung wenigstens das Reichsmonopol gesichert
wird.

Abg. Weidtmann (D. Vp.): Der Eedanke dcs
Eniwurfes ist nichts neues. Bedauerlicherweise
soll er in einer Zeit furchtbarer Teuerung durch-
geführt werden. Seinem Erundgedanken stehen
wir durchaus sympathisch gcgenüber. Dennoch müs-
sen wir unsere Zustimmung von der Abänderung
verschiedener Bestimmungen abhäng'g machen.
Auf keinen Fall darf die freie Betätigung der
freien Kräfte des Einzelnen unmöglich gemacht
werden. Licht und Kraft soll jedem Deutschen zum
billigsten Preise zur Verfügung gestellt wersen.

Die Vorlage geht an einen Ausschutz von 2g
Mitgliedern.


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^rwden

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^Trsahrui

lttisnsevoche

^ veite


Auch du, ohne Klage,
gedenke der Tage,
die sroh verlebt.

Wer giites empfangen,
darf nicht verlangen,
daß nun sich der Traum
ins Unendliche webt.

D. Fr. Strauß


Oie blaue §pur

Roman von Iulius Regig
Aus dsm Schwedischen übersetzt oan E. v. Kraatz
Cop^riLbt 1917 Oretlileia öeLo. O.m.b.tt. L.eipLiL
(93. Fortsehung)

Mit einer verächtlichen BoweMng warf Wal-
lion das Buch cvuf das Vett.

„BeLnanl" brgann er heftig. »Was ist mit
Dir geschehen?"

»Ich war in^Berührung mit d'en Unbckannten",
paste der am-glülLick-e IaurMist mit Mvack-er
Stimme.

«Wie sahen ste aus?"

„chhaLe sie nich: gei'chen."

«Wie viele waren es?"

«Das weitz ich nicht."

..Verfuch doch Nachzudenken! Du sagft ja, die
Dame im Autoifchleier hättest Du gL.'ehen?"

«llnd auch don Herrn, der sie He-Lleitete?"

-Ia."

«Und Du scchst auch den Rütbart?"

„Ia, aber ich weitz nicht. ob er zu ihnen gehört."

„Lies dasl" riof der Detektiorevorter und hielt
ihm das otizbuch vor die Augen. „Sie 'danken
Dir fa für den Wink."

Veckiinan las, seine Augen funkelten wild, und
er sank stöhnend in die Kiffen zurück.-

„Der Konsul kommt, hast Du geschrieben. Mias
aeffchah dann?" fragte Wallion kalt.

»Dann? Non da ab weitz ich nichts mehr."

'O^cknnan begegnete dem Blick des Detektivren>^r-
rers unid wand sich unruhig hin und her.

»Ich fatz und sab acht auf die Bewegungen des
Konsuls, murmelte er. «Iemawd streckte hinter
mir die Hand au§ -und bat. oh er eine vo>n den
Zeitungen nehmen könnte, >d.aMuf -bsstnn' ich mich.

Ich tvcrnk meinen L^affee aus, schrisb ein paar
Worte in mein NotizLuch und wollte amfstehen. Da
wurde mir dunkel vor den Augen .. ."

«Du Unschuld!" knurrte Wallion zwischen den
Zähneu. «Weitzt Du denn nicht, mlt wem wir es
M tun haben? Schlangen, fag' ich Dir! Wenn
jemand eine Zeitung^ oder ein Zündholz, oder ein
Tai'chenmeff'er vo.n Dir verlstngt, — oräg ihn Dir
ins Echirn ein, sag ich Dir! Du bist nnmer «c«en
sie, und ste immer gsaen Dich. Tag und Nacht, bis
es vorbei ist!"

»Jetzt hab' ich das gelernt". murmelte Beckman
demütiö.

Wallion siwg unt den Händen in den Ta'chen
auf und ab. Seine E-edanken waren schon auf
einer andern Spur.

Die beiden anü>ern sahen schweiaend zu ihm
-auf, so wie man zu oinem .soduldigen und hoff-
immgsvollen Spieler aufblickt, der das Spiel noch
mit eineim Sck?achius retten kann.

Nach einigen Mimiten fing Walkion an, seine
Taschcn heftig zu durchftölbern. Beylers Gesicht
klärte sich auf, denn dies Anzeichen Vaniite er. Der
Deteltivrepovter fano eine Zigarette mit ovlde-
nom Mundstück und steckte sie ,an.

, „Junsens", sagie er, „l-atzt uns hevatschlagen!"

Er b.ies eine Rkuchwolke in die Luft.

„Wir haheii eino Niederlame erlitten", -fuhr er
fort. „Wir stnd von der Spur abgedrängt wor-
den. Man hat mit uns «opielt, hat uns hart an-
gefatzt. Nun silt es, die Urfache, den crusreichen-
de-n Erund zu berechnenl"

„CostaMela-Telegramm", sihlug Beyler vor.

Wallion nickte.

„Ia", sagts er, .xiber ist das etn hinreichender
Erund? Nein, Ipingeiis, das Telearmnm war
nlur ein Hebel. Dank' diesem Hobel hat sich die
Sachlage vxchrscheiu.ich ivgendwie oerändert."

Er rauchte siumm u-nd behaalich weiter.

„Mit einem Wort", schlotz er endlich, .chsute
aLend ist irgendeine Veräicherung mit der Heffel-
manschen Sache vor sich gssaugen."

„Aber was für eine? Was für eine?" risfen
die beiden andern.

Sie warteten se'pannt.

„Entweder —" beaann Walllon — «entweder
hvlben sie den anLern aufigcfpürt . . ."

«Den audern? Den Atann mit don Papie-
ren? llnd was dann?"

«Dann ist der andre verloren", sagte Wallion.

Veyler sprang auf.

«Und deshalb — meinst Du — hahen Sie uns
von der Spur abgcdräiiLt?"

„Entweder das . .

„Oder?"

«Ia. oder..."

Wallions schgrfgesthnittenes Gesicht hatte einen
merkwürdig-en geistesabwSsenden Ausdruck anse-
nommen.

«BeyArl" sagte er mit einem M!al. „Wir müs-
sen natwcndig sefort mich der Dilla 'rMis-faliren."

28.

Die Vill« lag totenfliill unL verlaffen da. Iede
Tür und jedes Fenster waren fovgfältig vevschloffen,
rmd weder im Garten, noch auf den obevhal.b vor-
überführende'i Wogen war ivsend ein menfchliches
Wo'en zu sehen.

Die beiden Männer eilten hasti« don Kieswes
hinamff, und Wallion schellte. Die Tür murde fcckt
unmittelbar darauf von dsm Hausmädcheu geoff-
net, die sie schweigend einlietz.

„Ist Fräulein Pau-line da?" fraote Beyffer ralsch
und le-ise.

Das Mädchsn deutete auf die Bibliothekstür.
Wallion hie.t seinen Kollogen ain Avin zurück.
Pcvulinens Stimme tönte durch die Tür heraus.

»Jch mutz ihn sprechen!" sa«te die weiche Stim-
me eindringlich. „Es ist von «rötzter Wichtisieit.
Wissen Sis nicht, wo, er zu finden ist? — Wann
kommt er imch der 'Redaktion? — Wber begreisen
Sie denn nicht, datz eS sich amr den Fall Heffelman
handelt?"

Sie sahen das junge Mädchen in ihrem ^chwar-
zen Trauerkleid unbe-wcglich wie ein Stoinbi.ü am
Telephon ffdehen. Jhre linke Hand spielte nervös
mit einem Taschentuch, und das hübsche Profil
louchlete weitz aogen die dunkeln E-ardinen.

»Ja, ja, bitten Sie ihn, mich gleich anzurufen!
— Ia, aber wenn er nun nicht kommt? -- Es wird
zu jM, es wird M spät! — Nein. gerade Herrn
Wallion mutz ich sprechen, noch heute a-beno. —
Ia, es ifft notwonidig. — Danke sehr!"

Ernst Hackel -j-

Iena, 9. Ang. Crnst H 8 ckel ist he«te
Nachr im Alter oon 85 Iahren gestorvcn.

Mit Ernst Häckel ist einer der bedsuteirdsten
deutschen Naturwiffenschaftler dahingeaangen. Er
wurde a-m 16. Fobruar 1834 iu Potsdam gckboren.
Sein Dater Carl Häckek war Oberregierunasrat
und Mitglied der Resierung in Potsdam; seine
Mutter, Charlotte Sethe, eine Tochter des durH
ffein« Beffiehunsen zu Heine bekcmnten rheinischeu
Iuristen und späteren Kassiationsgerichäspräfidenlen

ChristMb Sethe.

Ernst Häckt.1 fftLidierte seit 1852 Medizin uno
Naturwrffenschaifton in Miürhbarvg. Berlin u. Wien,
isbto als Arzt Lurze Zeit in Berlin. widm-ete siH
dann aher auf Anve«una seines Lehrers Iohinues
Mütter bald cvusschlietzlich den Naturwissenlchaften,
die ihn 1859 und 1860 zum Studimn der Mitleb
moerfaiuiva führten. 1861 halbilitierte er sich aly
Vetrelben seines FreunL-es Gesenbaur AS
Privatdozent der Zoo'.oiaie in Jena. wo, er
die autzerordentliche und 1865 die ovdentliche PA
fessur oer Zoologie erhielt. Er untcrnnbm E
reichr Neisen, die ihn nach den Ländern E Mitte^
moer und nach dein hohen Nordeu Mrten.
Herbst 1900 begab er stch auf eino Studienreise nvcv
Le,m ma7aiischen Archipel. üiber deren Erge-bnilie
cr in der „Deutschen RundffchM" (1901, Febr.) ,^
richtete, nachdem er 1883 seine Evfahrungen E
eii.-cn vieruioimtigLN Aufenthalt auff Leylon i«°
bis 1882 iy feinon ,/Inoischen Reisclbrieffen nie-
dergelegt hcitte. ^

Seine Naturfforffchertäti-gLeit brachte Häckel
(1863) in innige B^ietzanrgen zu D-arw i n. « »
dessen tempevcrmentvollster Iünger und Mitavveiu
cr angesehen werden kann. Bereits 1866 bebaunl
stch Häckei in ffeiner .^enerellen Mor p yo'
logie" rücKjaltslos zur Tarwinffchen Desccnoei^
Thoorie. Als erster fachiwiffenffchafftlich G«Vi!del
hat er die Darwinffche Lehre rn Deutfch.'and eius
führt, sie zu cinemi gefchlossenen Sysiem der ooa.
gie ausgebaut und in seinem lang-on ^reletzrie'
leben zu einem sswiffen Abschlutz gobracht. ^
brechend wirkte er in der Würdigung dcr unierii
Stufen des Lebcns (Moneren) -untcr Einbezioyuu
des Menschen. Seine wichiigste Lchre ist das vo
thm formulierto »Viogenetische Grun








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