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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 44.1933

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Rachlis, Michael: Der Dampfer "Conte di Savoia"
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https://doi.org/10.11588/diglit.10797#0091

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OZEAN-DAMPIER »CONTE DI SAVOIA« REEDEREI »ITALIA FLOTTE RIUNITE« GENUA

DER DAMPFER »CONTE DI SAVOIA

Conte di Savoia« ist das neueste italienische Luxus-
schiff der großen Ozeanklasse (48000 Tonnen),
das am 30. November 1932 seine erste Fahrt Genua —
New York antrat. — Die Ausstattung in dem Teil,
für den »Stuard«(— Studio d'Architettura e Deco-
razione, Architekt Gustavo Pulitzer Finali, Trieste)
verantwortlich zeichnet, ist modern. Sie weist unter
Verzicht auf Anleihen aus dem reichen und unbe-
wachten Vorrat der alten Stilarten eine Menge Ge-
staltungen und Lösungen auf, die jeden Freund der
lebendigen Architektur interessieren dürften. Nach
Pulitzer Finali sind im Rahmen der Schöpfung des
»Stuard« zu nennen: Georg Manner als erster Assi-
stent, sowie unter den italienischen Künstlern beson-
ders Rosso, Campigli, Severini, Maraini, Cernigoi, die
Malerin Elena Fondra und die Bildhauerin Lednicka.

»Was wünscht das Publikum?«

Bis vor kurzem noch gab es nichts Einfacheres,
als die Schiffseinrichtungen in historischen Stilarten
zu bauen, und die altbewährten Stilarten be-
währten sich immer aufs neue, solange die Reisen-
den keine Wahl hatten und irgendwie über das

Wasser kommen mußten. — »Das Publikum wünscht«
sagten diejenigen, die über den Charakter der Ein-
richtungen zu bestimmen hatten und die dank ihrer
Machtstellung auch automatisch für sich die Be-
gabung der Hellhörigkeit in bezug auf die Wünsche
der Reisenden in Anspruch nahmen. Sie wollten es
gewußt haben, daß das Publikum selig ist, in einem
weißen Louis XIV.-Raum mit Gold und roten Damast-
sesseln im Straßenanzug zu frühstücken und in einer
byzantinischen Kapelle Bridge zu spielen. Sie wollten
es gewußt haben — um von dem wohlsituiertesten
Teil des Publikums zu sprechen —, daß die Anhänger
alter Stilarten, statt sich darauf zu freuen, auf dem
Schiff für die kurze Zeit der Überfahrt eine ganz
andere Atmosphäre zu erleben, begeistert sind, imi-
tiert und banalisiert das vorzufinden, was sie gut und
echt zu Hause gelassen haben und daß die historische
Maskerade auch denjenigen behagt, die schon zu
Hause an eine moderne, ruhige und sachliche Um-
gebung gewöhnt sind. — So wurde die Frage »Was
wünscht das Publikum?« mühelos gelöst und dem
Architekten diktiert. Diese Zeiten sind vorüber.

Ich kann mir nicht denken, daß der Besuch einer
Börse darunter leidet, daß dem Publikum die Räume

1933. III. 1
 
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